Die bei und von der SPD begangenen Fehler müssen von der Parteiführung klar benannt werden! Anschließend ist eine politische Agenda fällig, die in einen Maßnahmenplan zur Beseitigung dieser Fehler mündet und ein aktuelles Programm aufstellt, das es sinnhaft macht, die SPD mit der Führung der deutschen politischen Landschaft inklusive der Regierung zu beauftragen. Die reine Unzufriedenheit mit der aktuellen Regierung ist nicht nachhaltig. Genug.
Welche Fehler sind es, die die soziale Kälte in Deutschland auslösten? Einige Beispiele: Bei Einführung des EURO wurde von Bundeskanzler Schröder kein Riegel gegen Preistreiberei gesetzt. So blieben in fast allen täglichen Ausgaben die Zahlenwerte erhalten, sogar bei den behördlichen Gebühren, nur die Einkommen wurden zahlenmäßig halbiert. Lohnstopp und quasi Rentenstopp für mehr als dreißig Jahre sollte die deutsche Wirtschaft fit für den Weltmarkt machen, ließ aber außer acht, daß der Lebensstandard sich wegen fortschreitender, nicht gestoppter Teuerung laufend reduzierte. Steuerentlastungen kamen ausschließlich Vermögenden zugute. Die Einführung von Studiengeld beseitigte die Errungenschaft gleicher Aufstiegschancen abrupt. Die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge floß vor allem in die Vorstandsgehälter der über vierhundert deutschen Krankenkassen, in die Pharmaindustrie und in die Gehaltsanhebung der Ärzte auf über 150.000 € p.a. Den Gipfel bildete dann der Arbeitsmarkt, auf dem neben dem Lohnstopp eine Umschichtung begann: heute sind nur noch 30 % der Arbeitnehmer in regulären, festen Arbeitsverhältnissen, der Rest ist auf Zeitarbeit, Leiharbeit, Aufstockertätigkeit, 1-€-Job angewiesen. Von unseren ca. 40 Mio. sozialversicherungspflichtfähigen Arbeitnehmern sind nur 12-15 Mio. in regulären Arbeitsverhältnissen! Wann endlich greift die SPD diesen Mißstand auf? In Verbündung mit den Gewerkschaften, von denen man auch seit über dreißig Jahren kaum noch etwas hört! – und last not least die HARTZ IV –Tragödie, durch die alle Arbeitnehmer im Falle der Arbeitslosigkeit gleichgeschaltet werden, ohne Rücksicht darauf, wie viele Jahre sie vorher in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben; dabei ging es nur darum, den Streit zwischen Bund und Ländern zu beseitigen: der Bund zahlte das Arbeitslosengeld, die Länder die Sozialfürsorgekosten. Hartz IV brachte Entlastung für Bund und Länder, empörende Ungerechtigkeit bei den Betroffenen Arbeitnehmern. – Ach ja, beinahe hätte ich die Erhöhung der Lebensarbeitszeit, die Müntefering unverändert toll findet, nicht aufgeführt; dabei ist sie einer der Kardinalfehler, Einer mit besonderer Gemeinheit, wird er doch erst nach mehr als zehn Jahren voll wirksam. Auch die versteckten Lohnreduzierungen sollten nicht vergessen werden, die durch Wegfall von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Arbeitszeiterhöhungen und Schaffung neuer Tarifgruppen entstanden. Eine Kleinigkeit sind dabei die nachträglichen Gehaltsüberweisungen zum Monatsende statt zum Monatsanfang oder in der Mitte des Monats: die Zinsverluste gehen zu Lasten der Arbeitnehmer.
Ein Parteitagsbeschluß muß her, der die Beseitigung dieser eklatanten Fehler zum Parteiprogrammbestandteil erklärt. Orientiert an der veränderten, globalisierten Welt sind neue, sinnvolle und machbare Ziele klar zu formulieren. Z.B. Verstaatlichung von Krankenkassen und Unternehmen der öffentlichen Versorgung – Hartz IV so korrigieren, daß die individuelle Vita berücksichtigt wird – Steuerentlastung für Vermögende reduzieren, um niedrige Einkommen zu entlasten – Zuwachs „normaler“ Einkommen, auch zur Ankurbelung der Binnenwirtschaft – De-Facto-Abschaffung der Wucherungen von Zeit- und Leiharbeit – Qualitative Verbesserung von Studium und Lehre durch Anhebung der Saläre der Lehrenden (die heute am standesgemäßen Minimum angesiedelt sind) und bessere Ausstattung der Hochschulen – Abschaffung des Studiengeldes –Rentenwachstum in Anpassung an Teuerung und Einkommen der aktiven Bevölkerung – usw.
Hat die SPD als Partei diese eigene Identifikation mit den neuen Zielsetzung durch eigene Beschlußfassung vollzogen, kann die politische Durchsetzung in Angriff genommen werden. Die Mehrheit ist dieser Volkspartei SPD dann sicher.
Glück auf, liebe SPD!