Im Lager der Gastgeber herrschte Zufriedenheit, weil man nach Auswärts-Niederlagen von 2:3 in der Liga und 0:3 im Pokal bewiesen hat, die neuformierte Truppe von Meistermacher Stelian Moculescu ist besiegbar. Und jener selbst, diesmal bemerkenswert unaufgeregt am Spielfeldrand, freute sich, weil der doppelte Satzgewinn einen Zähler für die Tabelle und damit weiterhin die Spitze vor dem aktuellen Dreifach-Titelgewinner Berlin bescherte.
BR-Trainer Mark Lebedew zeigte sich erleichtert: „Der Sieg war wichtig, denn Siege entscheiden in den Play-offs die Meisterschaft.“ Der Australier erklärte den Achterbahn-Verlauf des Gipfeltreffens so: „Wenn auf diesem Niveau eine Mannschaft 100 Prozent da ist und die andere nur 95 oder 98, dann enden die Sätze so eindeutig.“
Seine Mannschaft startete beängstigend schwach – 19:25 – und „spielte dann im zweiten und dritten Satz fast perfekt“. Im vierten Durchgang verlief der Kampf bis zum 16:16 auf Augenhöhe und für die Volleys schien ein 3:1 machbar. Dann gab es zwei Angriffsfehler der Berliner und einen vom nicht überzeugenden Schiri nicht geahndeten „Handballwurf“ des Gegners zum 2:2-Satzausgleich.
Über die vermeintliche Benachteiligung regte sich in den Reihen der Hauptstädter vor allem der Niederländer Rob Bontje mächtig auf. Mit einem Aufschlagass brachte der silberblonde Mittelblocker im Tiebreak des Entscheidungssatzes zum 7:6 auf Siegkurs.
Weil er sich auch schon zuvor als Führungsspieler mächtig ins Zeug gelegt hatte, bekam er von Gästecoach Moculescu – das ist so üblich in der Volleyball-Bundesliga – den Zuschlag als wertvollster Akteur (MVP) des siegreichen Teams.
BR-Trainer Lebedew hatte bei den Gästen den französischen Libero Jenia Grebennikov als MVP auserkoren.
Punktbeste Spieler waren Robert Kromm (21), Paul Carroll (15) und Kapitän Scott Touzinsky (14) sowie bei den Gästen Max Günthör und Adrian Gontariu (je 18).
Der belgische Bundestrainer Vital Heynen – im Winterhalbjahr betreut er die polnische Spitzenmannschaft Bydgoszcz – war extra aus Polen angereist, um sich ein Bild zu verschaffen. Allerdings mochte er sich nicht festlegen, wer aktuell die bessere Mannschaft sei: „Beide haben gezeigt, dass sie sehr guten Volleyball spielen können. Aber beide haben ihr Niveau nicht durchgängig halten können. Und dann viel zu schnell drei, vier Punkte am Stück abgegeben. Das ist natürlich ein Manko.“
Als Verantwortlicher der deutschen Nationalmannschaft, im Vorjahr überraschend WM-Dritter, missfiel ihm auch, „dass so wenig deutsche Nationalspieler auf dem Feld waren. Spiele vor einer solchen Kulisse sind absolut lehrreich für jeden. So ist es schade, dass Deutsche so wenig Einsatzzeiten bekamen.“
Aus dem WM-Kader war es dann lediglich Mittelblocker Günthör, der sein Können demonstrieren durfte. Berlins Zuspieler Sebastian Kühner, zweiter Mann bei der WM hinter Lukas Kampa, durfte nur kurzzeitig für den US-Boy Kawika Shoji ran.
Allerdings sollten sich VfB-Spielmacher Simon Tischer und Berlins Außenangreifer Robert Kromm, beide vormals Stammspieler in der Auswahl, aber nicht bei der WM, nachhaltig für eine Rückkehr ins Nationaltrikot empfohlen haben!
Sollte sich Friedrichshafen nicht wie im Vorjahr noch einen Punktverlust in der Hauptrunde leisten, hätten die Männer vom Bodensee den einen Heimvorteil mehr in den Play-offs. Der scheint im Dauerduell der beiden Klubs, die seit mehr als 20 Jahren die Meisterschaft unter sich ausmachen, nicht unwichtig zu sein.
Bei den Partien in dieser Saison in der VfB-Arena wiesen die Hausherren in den maßgebenden Spielfaktoren Aufschlag und Block die klar besseren Werte auf. Diesmal, im eigenen Volleyball-Tempel in Prenzlauer Berg, hatten die BR Volleys mit 10:5 bzw. 15:11 jeweils die besseren Quoten. Die vertraute Umgebung und die emotionale Resonanz von den Rängen scheinen positiv einzuwirken.
Fazit: Bei dieser Konstellation und der Gleichwertigkeit der Kontrahenten dürfen die Volleyball-Freunde eine überaus spannende Finalserie in den Play-offs erwarten. Ausgang völlig offen.