Jetzt beginnt für das Gremium das Arbeiten, sprich verteiltes Lesen und gemeinsame Sitzungen, bis dann mit der ersten Auswahl auf die Lange Liste von zwanzig Büchern der erste Favoritenkreis feststeht. Aber das dauert noch länger und inzwischen kann die Liste der eingereichten Romane noch wachsen, weshalb wir das Prozedere noch einmal darstellen.
Die 135 deutschsprachigen Romane, was die Voraussetzung ist, also keine Übersetzungen, müssen im Zeitraum seit dem Oktober 2009 und dem September 2010 erschienen sein. Die bisherigen 135 Romane stammen aus 65 Verlagen aus Deutschland, aus 14 in Österreich und aus fünf aus der Schweiz. Jeder deutschsprachige Verlag auf der Welt kann bis zu zwei Romanen direkt im Wettbewerb zum Deutschen Buchpreis einreichen. Wir wußten bisher, daß die Jurymitglieder das Recht haben, von sich aus zusätzliche Titel für den Wettbewerb anzufordern. Wir wissen auch, daß dies schon geschah. So hatte zum Beispiel die Juryvorsitzende des ersten Deutschen Buchpreises, Verena Auffermann, aus dem Hanser Verlag von Arno Geiger „Es geht uns gut“ angefordert, ein Buch, das dann 2005 den ersten Deutschen Buchpreis gewann, auch sehr oft verkauft wurde, allerdings ein Schattendasein führte gegenüber dem ebenfalls nominierten und nun wirklich grandiosem Werk von Daniel Kehlmann „Die Vermessung der Welt“ aus dem Verlag Rowohlt. Kein Mensch konnte – noch stärker im Nachhinein – begreifen, weshalb dieser Ausnahmeroman damals unterlag.
Aber die Jury ist in ihren Entscheidungen frei und immer wieder einmal gibt es Pattsituationen, wo sich ein Dritter durchsetzt. Gerecht ist das nicht, aber andererseits zeigt der Roman von Kehlmann, daß Bücher auch ohne den Deutschen Buchpreis ihren Weg nehmen. Aber sinnvoller ist es, mit ihm erfolgreich zu werden, denn dafür wurde er geschaffen, wie Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Deutschen Börsenvereins des deutschen Buchhandels immer wieder betont. Der Preis soll durch die Konzentration auf Romane und die Öffentlichkeitswirkung einer Preisverleihung Druck und Motivation erzeugen, daß ausländische Verlage die bestplazierten deutschen Romane übersetzen lassen und veröffentlichen. Bisher nämlich wird deutsche Gegenwartsliteratur in der Welt immer noch mit Günter Grass, Heinrich Böll und Martin Walser alleine definiert.
Was uns neu war, ist eine Formulierung, die der Börsenverein in der Veröffentlichung der 135 Romane wählte. Dort heißt es neben der Bestimmung, daß Verlage je zwei Romane einreichen können: „Darüber hinaus haben Verlage die Möglichkeit, bis zu fünf weitere Titel zu empfehlen, die den Bewerbungskriterien entsprechen. Die Juroren können von dieser Liste, die 77 Romane umfaßt, zusätzliche Titel anfordern.“ Das ist uns neu, weil es das zusätzliche Anfordern von Romanen seitens der Jury-Mitglieder auf die Vorschläge der Verlage einengt, was uns unsinnig erscheint, denn eine Jury ist eine Jury und auch in der Anforderung von Büchern frei, sobald diese die Bedingungen – auf Deutsch, im Zeitrahmen – erfüllen. In der Regel wird dies allerdings keine Konflikte ergeben.
Interessant ist auch immer innerhalb des Zeitrahmens nachzufragen, wann die jeweiligen Romane erschienen sind. Für den Buchpreis 2010 gibt der Börsenverein folgende Zahlen weiter: Etwa die Hälfte der eingereichten Romane sind Frühjahrstitel (74), 53 Titel werden im Sommer und Herbst erscheinen und nur acht Romane stammen aus dem Herbstprogramm 2009. Das war auch die letzten Male so, daß das Herbstprogramm der vergangenen Jahre weniger Titel hatte. Die rund 20 Titel umfassende Lange Liste wird vom Börsenverein am 18. August 2010 bekannt gegeben. Daraus wählen die Juroren sechs Titel für die Kurze Liste, die am 8. September 2010 veröffentlicht wird. Erst am 4. Oktober, dem Abend der Preisverleihung am Vorabend der Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römer, erfahren die sechs Autoren, an wen von ihnen der Deutsche Buchpreis geht. Der Weltexpress wird den Verlauf des Deutschen Buchpreises in allen Stationen verfolgen und – wie immer – die sechs Letztnominierten in Einzelrezensionen vorstellen.
Info:
Der Jury für den Deutschen Buchpreis 2010 gehören neben Julia Encke an: Jobst-Ulrich Brand (Focus), Thomas Geiger (Literarisches Colloquium Berlin), Ulrich Greiner (Die ZEIT), Burkhard Müller (Süddeutsche Zeitung), Ulrike Sander (Osiandersche Buchhandlung, Tübingen) und Cornelia Zetzsche (Bayerischer Rundfunk).
Der Deutsche Buchpreis wird von der Stiftung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vergeben, er ist mit insgesamt 37.500 Euro dotiert. Partner des Deutschen Buchpreises sind Paschen & Companie, die 1822-Stiftung der Frankfurter Sparkasse, die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main. Die Deutsche Welle unterstützt den Deutschen Buchpreis bei der Medienarbeit im In- und Ausland.
Informationen zum Deutschen Buchpreis 2010 können abgerufen werden unter www.deutscher-buchpreis.de.