Das Besondere an diesem Richtfest sind zwei Daten: Der erste große Bauabschnitt wurde mit der Schließung des Dachs pünktlich beendet. Neben dem Zeitplan wurde auch der Kostenplan eingehalten! Das allerdings ist in der Baubranche durchaus ungewöhnlich, weshalb Frau Dillmann dies eindrücklich lobte und fortfuhr: „Nun beginnt mit dem Innenausbau die zweite wichtige Phase, in der das Haus seine neue Gestalt annimmt.“ Dies bezieht sich darauf, daß das Haus wirklich total entkernt wurde. Schon eigenartig, die nun großen Geschoßflächen ohne Wände zu sehen, in die bisher ein Haus im Haus eingebaut war und ein interessantes, aber wirklich enges Filmmuseum bildete. Verschwunden sind auch alle Einbauten und auch die Vorbauten, denn das Museum soll von außen seine denkmalgeschützte Fassade frei zeigen.
Und dennoch ist immer so etwas wie Wehmut dabei, wenn gerade Mal die Fassaden der einst großbürgerlichen Häuser bleiben dürfen und im Inneren alle Wände mitsamt dem einstigen Stuck an den Decken verschwunden sind. Durch die neu eingezogenen Decken, für die insgesamt 20 Stahlträger nötig waren, wurden die Ausstellungsflächen im 1., 2. und 3. Stock wesentlich vergrößert, so daß man von dreißig Prozent mehr Raum ausgeht, wenn die Wiedereröffnung im Sommer 2011 stattfindet.
Derzeit ist das Filmmuseum in den Händen seiner Erbauer. Und so war es richtig, daß der Polier des Rohbauunternehmens, Otto Heil, die rund zweihundert geladenen Gäste – übrigens bei späterem heißem Apfelwein, Rindswurst und Kartoffelsalat genau passend bewirtet – mit Reimen unterhielt und den Richtspruch ausbrachte. Er konnte viele seiner Kollegen begrüßen, denn zuvorderst ist ein Richtfest das Fest der Werktätigen am Bau. Aber auch alle anderen fühlten sich willkommen geheißen, denn die Ansprachen waren zwar nicht kurz, aber liebevoll kenntnisreich.
Das galt und gilt in erster Linie für den Vorsitzenden des Verwaltungsrates des Deutschen Filminstituts, dessen Funktion Hilmar Hoffmann ausübt, und der wie kein anderer das zusammenfassen konnte, was die über 25 Jahre des Filmmuseums nun ausmachen, daß sie eine so große finanzielle Unterstützung vom Land Hessen und dem Bund erhalten, die Mitglieder des Deutschen Filminstituts sind, und sozusagen sich für das eigene Haus engagieren. Daß allein das Land 2, 5 Millionen beisteuert wiederholte später der neue Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Ingmar Jung, der das Deutsche Filminstitut „mit seinen herausragenden Film- und Ausstellungsprojekten und seinen Festivals einen Leuchtturm des Filmlandes Hessen“ nannte.
Der Frankfurter Kulturdezernent, Felix Semmelroth, ging vor allem auf die Zukunft ein, „mit neuer Dauerausstellung, komplett modernisierter Kino und einem noch umfangreicheren filmpädagogischen Angebot.“ Und weil auch der Bund gehörig für das Deutsche Filmmuseum zahlt, soll der abwesende Ministerialdirektor Günther Hoffmann, Leiter der Abteilung Bauwesen, Bauwirtschaft und Bundesbaubauten des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aus Berlin zu Wort kommen.
Dessen Grußwort zum Richtfest lautete: „Um die Funktion als lebendiges Museum samt Kino, Ausstellungen und Veranstaltungen zukunftsweisend sicherstellen zu können, bedarf es einer zeigemäßen baulichen Erneuerung. Gravierende Flächendefizite, Sicherheitsmängel, erhöhte Brandschutzauflagen und eine effiziente energetische Sanierung sind dafür die Hauptgründe: Im Rahmen des Konjunkturprogramms II fördert der Bund bauliche und anlagentechnische Maßnahmen, die den Primärenergiebedarf und die CO2 Emission des Gebäudes verringern, sowie die Betriebs- und Bauunterhaltungskosten senken. Hiermit leistet der Bund einen wesentlichen Beitrag zum globalen Klimaschutz und zur Entlastung künftiger Haushalte.“
So also spricht der Fachmann. Die Frankfurter aber ließen es sich beim heißen Äppelwoi gemütlich sein und fachsimpelten um die Wette, welche Filme sie sich im Kino des Filmmuseums wünschen. Denn die benachbarte Ausstellung auf der Mathildenhöhe in Darmstadt, „Phänomen Expressionismus“, hat allen Besuchern so richtig Lust gemacht, die expressionistischen Filme aus der Anfangszeit des Kintopp einmal als Durchlauf zu sehen. Denn Kino, das ist nicht nur das allgegenwärtige Hollywood in deutschen Lichtspieltheatern, das war einmal eine urdeutsche Angelegenheit, deren Wurzeln verkümmern, wenn nicht Filmmuseen und Filmfestspiele die Kenntnis von Filmen, Regisseuren und Darstellern lebendig halten und so die gegenwärtigen Filmschaffenden bewegen, ruhig radikaler und umfassender an ihre Arbeit heranzugehen. Film ist eben das Massenmedium schlechthin, weshalb sich jede, auch jede künstlerische Anstrengung lohnt, Massen Qualität zu bieten. Demnächst wieder auch in Ihrem Kino: dem Deutschen Filmmuseum und deutschem Filminstitut.