Oben erwähnte Beförderungen des Mannschaftsgeistes hält der belgische Bundestrainer der Volleyball-Nationalmannschaft prinzipiell für "Zeitverschwendung, wenn dies nicht mit einer Sache zu tun hat, bei der man sich wirklich gegenseitig behilflich sein muss." Beispielsweise in einem Camp fernab jeglicher Zivilisation.
Heynen soll seit Februar in einer Art Feuerwehreinsatz die deutschen Volleyballer zum weiten Mal nacheinander ins olympische Zwölfer-Elitefeld führen. Der erste Anlauf im Mai in Sofia scheiterte knapp. Zur Vorbereitung auf den zweiten und letzten Versuch vom 8. bis 10. Juni in der Berliner Schmeling-Halle hat er seine Schützlinge seit dem 30. Mai im Bundesleistungszentrum Kienbaum versammelt. Rund 35 km östlich vom Hauptstadtzentrum im Bundesland Brandenburg.
Heynen (42), 150 Länderspiele für Belgien und danach in diversen Funktionen als Coach erfolgreich, ist das erste Mal hier. Seine Eindrücke?- "Mitten im Wald gelegen". Man merke schon beim Frühstück – da sind derzeit Leichtathleten und Nachwuchs-Basketballer – "das dies hier ein Sportarten übergreifendes Top-Leistungszentrum ist." Vergleichbares gäbe es in Belgien nicht.
Die ersten Tage wurde mit dem verbliebenen 13-er Kader in zwei Gruppen trainiert. Abwechselnd Kraft/Athletik sowie individuelle Balltechnik, dann nachmittags Gruppen-Übungen.
Weil die Testspiele am Wochenende gegen Ägypten wegen der deren Absage ausfielen, hatten die Sportler Sonntag frei. Einige sind nach Berlin rein, andere haben gelesen, sich am Computer beschäftigt oder in Ausbildungs-/Studien-Lektüre vertieft. Ansonsten Fokussierung auf die vorolympische Herausforderung.
Montag wurde ein zusätzliches Dutzend aus dem 30-er-Spielerkreis erwartet, den Heynen seit Amtsantritt gesichtet hatte. Damit die A-Formation bis zum Turnierbeginn die nach Gegner-Videostudium gesammelten Erkenntnisse im Trainingsspielen umsetzen kann. Der mit dreijährigem Vertrag ausgestattete Bundestrainer beziffert die Olympiaquali-Aussichten mit "33 Prozent". Erklärung: "Auch ohne Indien unterschätzen zu wollen, sehe ich für Kuba, Tschechien und Deutschland etwa gleichrangige Chancen."
Eine vorsichtig-zurückhaltende Prognose. Ähnlich der von Mittelblocker Christian Dünnes, der dennoch eine "50:50-Möglichkeit" sieht.
Georg Grozer ist da optimistischer. "Sehr gute Chancen", urteilt der 27-Jährige "wegen der intensiven Vorbereitung und wie die Mannschaft zuletzt gespielt hat und wegen des Heimvorteils." Nach zwei deutschen Meistertiteln mit dem VfB Friedrichshafen hat er das zweite Jahr in Polen glanzvoll beendet: Mit Rszeszow holte er die Meisterschaft, wurde als wertvollster Spieler (MVP/"eine große Ehre und Auszeichnung") der Liga ausgezeichnet und landete im CEV-Pokal auf Platz zwei. Mit Zuspieler und Nationalmannschaftskollegen Lukas Kampa tritt er für das russische Spitzenteam Belgorod in der nächsten Saison an.
Grozer Junior, zwei Mal bereits Volleyballer des Jahres im DVV, rund 80 Länderspielberufungen und 29 für sein Geburtsland Ungarn, hatte 2008 knapp die Nominierung für das deutsche Aufgebot verpasst. Nun ist er besonders motiviert für eine olympische Premiere der Grozer-Volleyball-Dynastie, denn Vater Georg Senior war dies weder für Ungarn noch die deutschen Farben vergönnt. Trotz der stressigen Saison, ist der Diagonalangreifer überzeugt, "habe ich mit dem großen Ziel vor Augen, noch genügend Energien und Reserven, um das London-Ticket zu erkämpfen. Dazu bedarf es natürlich einer Topleistung der gesamten Mannschaft."
Den freien Sonntag hat der zweifache Familienvater dementsprechend genutzt. "Mit Krafttraining, weil ich zwei Tage Trainingsausfall hatte."