Berlin, Deutschland (Weltexpress). Gerhard Sälter sollte wissen, worüber er schreibt, schließlich ist der 1962 geborene Historiker der Leiter der Abteilung Forschung und Dokumentation in der Stiftung Berliner Mauer. Aus seinen Veröffentlichungen über das Ministerium für Staatssicherheit und zur Berliner Mauer sowie zur Geschichte der Geheimdienste im Allgemeinen und des Bundesnachrichtendienstes im Besonderen dürfte einiges in das 64 Seiten umfassende Büchlein „Gedenkstätte Berliner Mauer“, das wirklich in jede Hosentasche passt, eingeflossen sein.
So gesehen ist das Heftchen in der von Martin Kaule herausgegebenen Reihe „Orte der Geschichte“ im Christoph-Links-Verlag ein Konzentrat, ein Surrogat und ein Erinnermich für alle, die keine oder kaum Erfahrungen sowie verschwommene Erkenntnisse über das Leben an beispielsweise der Bernauer Straße haben.
Dass Westberlin ein imperialistischer Stachel der herrschenden Klasse der Vereinigten Staaten von Amerika samt seiner Vasallen im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Frankreich im Fleisch der von der Roten Armee eroberten Mitte Deutschlands war, das wird so wenig thematisiert wie die Dialektik und Politische Ökonomie von Grenzen. Wer die Notwendigkeit der Mauer nur darin sieht, „Fluchtversuche zu verhindern“ (S. 28), der mag zwar Geschichte und Gegenwart beschreiben können, aber offensichtlich nicht begreifen. Der Mauerfall-Affirmativling spricht halt von einem „Grenzregime“ und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) als bestes Beispiel für Totalitarismus. Im Gegensatz dazu werden die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland wenigstens geschützt, aber in Wirklichkeit seit Jahren noch nicht einmal höchstens.
Nach dem Blättern in Büchlein wie diesem muss man sich nicht wundern, wenn Bildungsferne und Begriffsstutzige zwischen Kommunismus und Faschismus ein Gleichheitszeichen setzen.
Faschismus? Der gilt heute als besiegt. Die Bourgeoisie scheint nur im Kommunismus den Gegner des Kapitalismus zu sehen, weswegen jeder politische Kampfbegriff gegen die angeblich kommunistische Sowjetunion samt Satellitenstaat DDR, um nicht erneut Vasallenstaat schreiben zu müssen, willkommen scheint. Mauer schlecht gleich DDR schlecht oder Rot gleich Braun. Alles wird zu einer Sauce verrührt, in die Gegenstände und Begriffe kleingekocht werden.
Sälters bebildertes Büchlein sollte aus ideologiegeschichtlicher Sicht interessant sein, aus wissenschaftlicher Sicht ist das Unfug in Häppchen mit Sauce, damit Dummköpfe das besser schlucken.
Bibliographische Angaben
Gerhard Sälter, Gedenkstätte Berliner Mauer, Reihe: Orte der Geschichte, Martin Kaule ist der Herausgeber der Reihe Orte der Geschichte, 64 Seiten, Abbildungen s/w: 22
Abbildungen farbig: 11, zwei Karten, Ausstattung: Broschur, Format: 10,5 x 14,8 cm, Ch. Links Verlag, 1. Auflage, Berlin Juni 2018, ISBN: 978-3-86153-998-8, Preis: 5,20 EUR