Berlin, Deutschland (Weltexpress). Höchstwahrscheinlich sind die Schweizer die wahren, nein lupenreinen Anarchisten. Wenn sie Jan Bachmann heißen. Der Schweizer Comicschaffende Jan Bachmann hat jedenfalls einen wunderbar ironisches und unheimlich waches Buch über den Anarchisten Erich Mühsam vorgelegt.
Mühsam stammt aus einer sehr gutbürgerlichen, jüdischen Lübecker Familie. Er will Schriftsteller werden, das lässt im Familienrat die Alarmglocken bimmeln. Die Brüder wissen nur einen Rat, ab mit dem wirren Buben in einen Schweizer Kurort.
Wir schreiben das Jahr 1910, Europa chillt noch vor sich hin und Erich Mühsam reift seeeeehr langsam zum bürgerlichen Anarchisten mit Hausschuhen und Trauschein heran. Er weiss, wie die Brüder und der Rest der Familie, will er niemals sein. Er träumt von freier Liebe, Poesie und einem Leben unter Gleichen. Doch um seines Erbes nicht verlustig zu gehen, willigt er in den Plan der Brüder ein, sich in den schweizerischen Höhen durchs Hirn pusten zu lassen. Natürlich immer schön sacht, eigentlich reicht bestimmt die frische Luft und die Kuhmilch, um ihn, abseits von Alkohol und den Versuchungen der Großstadt, ordentlich zu pampern. Trotzdem sucht Erich nach Möglichkeiten der Langeweile des Kuraufenthaltes zu entfliehen. Ob, und wie es ihm gelingt? Lesen und staunen sie selbst!
Erich Mühsams Tagebücher werden seit ein paar Jahren im Verbrecher Verlag zu Berlin herausgebracht. Nun hat Jan Bachmann eine wunderbar freie und respektlose Interpretation von Mühsams Schweizer Kuraufenthalt aufs Papier gezaubert. Kaufen!
Bibliographische Angaben
Jan Bachmann, Mühsam, Anarchist in Anführungsstrichen, 96 Seiten, farbig, Format: 22 x 30 cm, Klappenbroschur, Edition Moderne, Zürich 2018, ISBN: 3-03731-172-1, Preise: 19 EUR (D), 24 SFR