An der Wende zu den 1970er Jahre entstanden in Italien im Umfeld der radikalen Linken die Brigate Rosse – Wie die Geheimdienste der USA und ihre italienischen Komplizen darauf von Anfang an Einfluss nahmen

Das Emblem der Brigate Rosse (BR)

Berlin, BRD (Weltexpress). Vor 55 Jahren, am 8, September 1969, gab es im linksradikalen bzw. linksextremen Spektrum ein in der italienischen Geschichte zum Thema ein heute kaum beachtetes Ereignis, das tiefgreifend die weitere Entwicklung beeinflusste: Die Bildung des Collettivo Politico Metropolitano, das der Vorläufer der ein Jahr später gegründeten linksextremen Brigate Rosse (BR) war. Zu dem Thema erschien bereits 2000 bei PapyRossa mein Buch „Agenten, Terror Staatskomplott. Der Mord an Aldo Moro, Rote Brigaden und CIA“. In der Zeitschrift „Analyse & Kritik“ eines Rens Renner wurde mir damals u. a. von einem Ralf Mattes vorgeworfen, „Verschwörungstheorien“ zu verbreiten. Obwohl die haltlosen Unterstellungen nunmehr 25 Jahre zurückliegen, werden sie weiterhin in der Wikimedia Enzyklopädie, die von einer „Deutschland – Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens“ herausgegeben wird, verbreitet. Laut Wikimedia beteiligten sich auch weitere Autoren in „Analyse & Kritik“, deren Herausgeber Renner gelegentlich auch vom Berliner Auswärtigem Amt gesponsert wird, an diesen damit verfolgten Reinwaschungen der Manipulierungen der CIA bei der Unterwanderung der Roten Brigaden. [1] Ich nehme das zum Anlass, nicht schlechthin diese haltlosen Behauptungen zurückzuweisen, sondern, gestützt auf meine weiteren zahlreichen Publikationen zum Thema beweiskräftig den Werdegang der Brigate Rosse und ihre Manipulierung durch die Geheimdienste darzulegen. Die Fakten sprechen lassen, ist noch immer die beste Methode.

Zur Einführung in das Thema

Bei der Bildung des Collettivo Politico Metropolitano im September 1969 als Vorläufer der ein Jahr später gegründeten linksextremen Brigate Rosse (BR) sind die vielseitigen Aspekte, zu sehen, darunter die Differenzierung in eine »moderate«, unter den Gründern Renato Curcio und Alberto Franceschini verfolgte Linie, und des im Ergebnis der Manipulierung durch die CIA durchgesetzten terroristischen Tötungskurses, aber auch die Unterschätzung dieser Gefahr, als »eine Kinderkrankheit« betrachtet werden konnte, durch die Kommunistische Partei Italiens (IKP) und die fehlende, der Situation entsprechende Auseinandersetzung mit ihr. Was auch unter dem Gesichtspunkt zu sehen ist, dass in der IKP selbst die andere Erscheinung, die des rechten Opportunismus in Gestalt einer reformistischen, an der Sozialdemokratie orientierten Strömung, Fuß fasste und auf die nicht grundsätzlich abzulehnende Zusammenarbeit mit der großbürgerlichen Democrazia Cristiana (DC), die »Historischer Kompromiss« genannte Bündnispolitik, Einfluss nahm.
Der von den BR wie von einigen anderen linksextremen Gruppen später praktizierte individuelle Terror mit Mordanschlägen arbeitete als eine dem Marxismus fremde und den revolutionären Zielen der Arbeiterbewegung schädliche Taktik der von der CIA und der italienischen Reaktion verfolgten »Spannungsstrategie« zur Errichtung eines faschistischen Regimes »der starken Hand« in die Hände. Zum individuellen Terror hatte Lenin bereits nach dem Attentat seines ältesten Bruders Alexander Iljitsch Uljanow [2] am 1. März 1887 auf Zar Alexander III. Stellung genommen. Sein Bruder gehörte der kleinbürgerlich-demokratischen Gruppe der Narodniki (Volkstümler) an. Der Anschlag scheiterte und Alexander wurde mit weiteren Attentätern am 20. Mai 1887 mit 21 Jahren hingerichtet. Lenin würdigte den Mut seines Bruders, lehnte jedoch den Weg des terroristischen Kampfes ab. »Nein, wir werden einen solchen Weg nicht gehen«, beschloss er, »einen solchen Weg dürfen wir nicht gehen«. [3]

Die Gründergeneration unter Curcio-Franceschini 1969-1974/75

Ende der 60er Jahre entstand in Italien eine radikale Linke, die sich als Teil der in diesen Jahren in den USA, Lateinamerika, Westeuropa, Japan und in einigen Entwicklungsländern entstandenen so genannten Neuen Linken betrachtete. Auf die größtenteils aus jungen Menschen, überwiegend Intellektuellen und Studenten, bestehende Bewegung wirkten viele Faktoren ein: Die barbarische Aggression der USA gegen Vietnam, die Black Power in Nordamerika, der Guerillakampf im Süden des Kontinents, der vielerorts siegreiche Befreiungskampf in Asien, Afrika und Lateinamerika, auch die palästinensische Bewegung. Ein erster Höhepunkt der »Neuen Linken« war in Westeuropa die studentische Protestbewegung 1968, der 1969 der »heiße Herbst« der Arbeiterbewegung folgte. Die linksradikalen Gruppen orientierten sich an oft extrem unterschiedlichen Leitfiguren wie Ernesto Che Guevara und Daniel Cohn-Bendit, Ho Chi Minh und Mao Zedong, Malcolm X, Stokely Charmichael und Patrice Lumumba, Jean Paul Sartre und Frantz Fanon, Rudi Dutschke, Benno Ohnesorg und Ulrike Meinhof.
Die bekanntesten Organisationen des linksradikalen Spektrums in Italien waren Lotta Continua und Potere Operaio. Anhänger beider Gruppen, denen deren Kurs nicht radikal genug war, gründeten Mitte der 70er Jahre die Autonomia Operaia. Den extremen Flügel der radikalen Linken bildeten die Brigate Rosse, eine Prima Linea und die Nuclei Armati Proletari. [4] Lotta Continua und Potere Operaio praktizierten Gewalt und bewaffnete Auseinandersetzungen, verfielen jedoch nicht dem Extremismus der drei letztgenannten Gruppen. Das ist im Zusammenhang damit zu sehen, daß vor allem diese Gruppen und hier in erster Linie die Brigate Rosse Objekt der Infiltration durch Polizei und Geheimdienste waren.

Triebkraft soziale Misere

In Italien, das im Mezzogiorno, der bereits in den Elendsvierteln am südlichen Stadtrand von Rom begann, Merkmale eines Entwicklungslandes aufwies, wirkte die soziale Lage als Triebkraft des Linksradikalismus unvergleichlich stärker als in westlichen Ländern nördlich der Alpen. Hier fanden radikale Forderungen unter den von den Krisenauswirkungen besonders betroffenen Bevölkerungsschichten – Arbeitslosen, Akademikern, perspektivlosen Jugendlichen, Studenten – zunehmend Anklang. Unter ihnen befanden sich Angehörige der städtischen Mittelschichten, Vertreter der Intelligenz, die einen hochgradigen Proletarisierungsprozeß erlebten. In den 70er Jahren gab es zwei Millionen Arbeitslose, darunter 350.000 mit Hochschulabschluß, und drei Millionen Kurzarbeiter. 50 Prozent der Hochschulabsolventen gingen einer Arbeit nach, die weit unter ihrer Qualifikation lag. Akademiker arbeiteten als Verkäufer, Sekretäre, Taxifahrer, Busschaffner, ja selbst als Straßenkehrer. Trotzdem nahmen Zehntausende Jugendliche weiterhin ein Studium auf. Die Universitäten wurden so zu »Parkplätzen« für Arbeitslose und gleichzeitig zu Zentren linksradikaler Umtriebe. Anhänger fanden die radikalen Studenten vor allem unter den Jugendlichen in den Armenvierteln der Großstädte. »In Rom ist ein großer Teil des ärmsten Proletariats der Vorstadtghettos in der Autonomia Operaia (Arbeiterunabhängigkeit) gelandet«, schrieb das Mailänder »Panorama« in seiner Nr. 571/1977.
Als ein weiterer Motor des Linksradikalismus waren die historischen Wurzeln des Anarchismus zu sehen. Hatte doch einer der bekanntesten Führer aus der Entstehungszeit des Anarchismus, Michail Alexandrowitsch Bakunin, von 1864 bis 1867 dort gewirkt, im Auftrag von Karl Marx die erste italienische Sektion der IAA gegründet und Grundlagen für den Beginn der revolutionären Arbeiterbewegung gelegt.

Das Attentat auf der Piazza Fontana

Die radikale italienische Linke entstand im Widerstand gegen die faschistischen Umtriebe, die verfassungsmäßige Ordnung zu stürzen und eine am Erbe Mussolinis orientierte Diktatur zu errichten. Ein bestimmender Faktor, der den italienischen Linksradikalismus und in den 70er Jahren den von den meisten dieser Gruppen geführten bewaffneten Kampf gegen den Repressionsapparat des herrschenden Regimes stimulierte, war das Blutbad auf der Piazza Fontana in der Mailänder Landwirtschaftsbank am 12. Dezember 1969. An diesem Tag explodierte um 16.37 Uhr eine mehrere Kilogramm schwere Bombe. 14 Menschen waren sofort tot, zwei weitere starben im Krankenhaus, etwa 100 wurden verletzt. Die Attentäter waren zwei bekannte neofaschistische Terroristen, Franco Fredda und Giovanni Ventura. Organisator des Anschlags war der Chef der faschistischen Terrorbanden des MSI [5] Pino Rauti, Jahrgang 1926, ein Altfaschist aus Mussolinis Sàlo-Republik [6], der als Freiwilliger in den Schwarzhemden, einer italienischen SS, an der Seite der Hitlerwehrmacht gekämpft hatte. Als angebliche Täter wurden jedoch jahrelang Anarchisten und andere außerparlamentarische Linke verfolgt. Es war der erste Akt der Spanungsstrategie der CIA, der dem im Dezember 1970 unter dem MSI-Vorsitzenden Valerio Borghese [7] mit Hilfe von Nato-Militärs versuchten Putsch zur Errichtung eines Regimes der »Starken Hand« zur Ausschaltung der Linken den Weg ebnen sollte.

Gramsci ein Bezugspunkt

Schließlich ergaben sich Unterschiede gegenüber anderen westeuropäischen Ländern daraus, daß die »Neue Linke« in Italien stärker aus der Arbeiterbewegung und ihren Parteien hervorging und außerdem über eine bestimmte Massenbasis verfügte, vor allem unter den Arbeitern der Turiner Werke von FIAT, des größten Privatkonzerns des Landes. Für die kämpferischen Traditionen der Industrie- und Arbeitermetropole, auf die sich die BR unter der Führung von Curcio und Franceschini beriefen, standen unter anderem folgende Ereignisse: Im August 1917 der Arbeiteraufstand gegen den imperialistischen Krieg, zu dessen Organisatoren Gramsci gehörte, der dann 1920, Monate vor der Gründung der IKP am 21. Januar 1921, im FIAT-Werk die erste kommunistische Zelle bildete. Von Turin, wo die Arbeiter im April 1945 die Werke des Kriegsproduzenten Agnelli besetzten und die Konzernleitung davonjagten, ging der bewaffneten Aufstand aus, mit dem die italienische Resistenza einen großen Beitrag zum Sieg über den Faschismus leistete. Bei FIAT fanden in der Nachkriegsgeschichte die entschiedensten Arbeiterkämpfe statt, gegen die die Agnellis rücksichtslos ihre privaten Knüppelgarden einsetzten.

7.000 bis 11.000 im bewaffneten Kampf

Während die RAF in der Bundesrepublik sich zum großen Teil aus Intellektuellen zusammensetzte und nicht viel mehr als 1000 aktive Anhänger zählte, haben in Italien, wie Primo Moroni in »Die Beute« Nr. 2/1994 schrieb, »zwischen 7000 und 11000 den bewaffneten Kampf praktiziert«. Die zum linksradikalen Spektrum zählende Democrazia Proletaria, die sich nach der Einstellung des bewaffneten Widerstandes 1976 an den Parlamentswahlen beteiligte, erreichte 1,5 Prozent Stimmen, was etwa einer halben Million Wähler entsprach.
Zu den Brigadisten, die aus den Reihen der Arbeiterparteien kamen, gehörte Alberto Franceschini, mit Curcio Gründer der BR und bis zu seiner Verhaftung 1975 die Nummer zwei der Organisation. Er war Sohn eines Kommunisten und bis zu seinem Austritt aus der IKP 1969 selbst leitender Funktionär ihres Jugendverbandes. Roberto Ognibene, ebenfalls zur Gründergeneration der BR gehörend, war Sohn eines sozialistischen Stadtrates in der Emilia Romagna. Wie Franceschini gab es nicht wenige Linksradikale, die Söhne, Töchter oder Enkel von Kommunisten und Sozialisten waren, darunter auch von Partisanen der Resistenza. Die Zeitschrift, die die BR längere Zeit herausgaben, trug den Namen »Nuova Resistenza«. Viele italienische Linksradikale glaubten, mit dem bewaffneten Widerstand gegen das herrschende Regime und seinen brutal gegen sie vorgehenden Repressionsapparat im Geist der Resistenza zu handeln, in der Tradition des Volkshelden Garibaldi zu stehen, wie überhaupt vom Recht der Unterdrückten auf bewaffneten Widerstand gegen eine Ausbeuterherrschaft Gebrauch zu machen.

Gegner des Compromesso storico

Ein radikale Tendenzen begünstigender Faktor war schließlich die Politik des Compromesso storico, mit dem sich die IKP das Ziel stellte, in einer von der Democrazia Cristiana (DC) geführten bürgerlichen Regierung mitzuarbeiten. Obwohl offiziell erst nach dem faschistischen Putsch in Chile verkündet, begann sie in ihrer Orientierung bereits Mitte der 60er Jahre und führte 1968/69 auf Betreiben der in der IKP Fuß fassenden sozialdemokratischen Strömung zum Ausschluß von über 10.000 Mitgliedern der innerparteilichen Opposition bzw. zum Verlassen der Partei von Opponenten. Sichtbar wurde diese Haltung vor allem nach den Anschlägen am 12. Dezember 1969 in Mailand. Die IKP ging auf Distanz und ließ es an einer klaren Solidarität mit den unschuldig eingesperrten und angeklagten Anarchisten und außerparlamentarischen Linken fehlen.

Zwei Linien in den Brigate Rosse

In bürgerlichen Darstellungen über die BR herrscht durchgängig deren Charakterisierung ausschließlich als terroristische Organisation vor. Abgesehen davon, daß kaum die sozialen Wurzeln und politischen Ursachen (neofaschistische Gefahr und mit dieser liierte staatliche Repression) aufgezeigt werden, fehlt eine Differenzierung der politischen Linie der BR unter der Führung von Curcio und Franceschini bis 1974/75 und dem unter Mario Moretti und Corrado Simioni einsetzenden Tötungskurs. Unter Curcio und Franceschini orientieren sich die BR in ihrer Anfangsphase auf die Arbeiterbewegung und postulierten sich als eine deren Interessen wahrnehmende radikale Organisation. Die blutige Etappe der BR, die »bleiernen Jahre«, begannen unter Moretti/Simioni und in diesem Zusammenhang mit der verstärkten Infiltration durch V-Leute und Einflußagenten der Polizei und Geheimdienste. Hinzuzufügen ist, daß jedoch auch linke Darstellungen, darunter marxistische, von einer in dieser Hinsicht eingeengten Sicht nicht frei sind.
Die programmatischen Grundsätze der BR entsprangen in der Gründungsphase dem ungestümen Aufbegehren einer jungen Generation, die sich dem beginnenden reformistischen und auf Klassenzusammenarbeit mit der Bourgeoisie ausgerichteten Weg der IKP entgegenstellten.

Der Einfluß Mao Zedongs

Es gelang ihnen insgesamt jedoch nicht, ein dem Reifegrad und den Kampfbedingungen der italienischen Arbeiterbewegung entsprechendes revolutionäres Programm auszuarbeiten und zu praktizieren. Das war nicht unwesentlich auf den damaligen Einfluß der von Mao Zedong geprägten Ideologie der KP Chinas zurückzuführen und später vor allem auf den pseudorevolutionär getarnten Einfluß von Geheimdienstagenten. Es gab aber zu Beginn einige marxistische Ansätze in den programmatischen Dokumenten der BR, die von Antonio Gramsci ausgingen, aber auch Ideen des Mitbegründers der IKP, Amadeo Bordiga, der zum Linkssektierertum neigte, beeinflußten die Gründergeneration. [8]

»Offen gesagt«

Renato Curcio und Mauro Rostagno, beide Studenten der Soziologischen Fakultät von Trentino, verfassten im Herbst 1968 die Schrift »Fuori dei Denti« (Offen gesagt), in der die Autoren sich grundsätzlich zur Studentenbewegung und zur Strategie der Neuen Linken in Italien äußerten. Sie wiesen darin die Losung »Fascisti, Borghesi, ancora pochi Mesi« (Faschisten, Bourgeois, Ihr habt nur noch wenige Monate) zurück und wandten sich gegen »Abenteurertum« in jeglicher Form. »Das ist kein revolutionärer, sondern ein vorrevolutionärer Moment. Daher muß gesagt werden, daß es Abenteurertum entspricht, die Massen glauben zu machen, daß die Machtübernahme eine leichte und schnelle Angelegenheit sei. Es muß im Gegenteil betont werden: Es wird ein schwieriger und langwieriger Prozeß sein.« [9]

Das Collettivo Politico Metropolitano

Auf dieser Grundlage entstand am 8. September 1969 in Mailand das Collettivo Politico Metropolitano (Politisches Großstadtkollektiv), das in seiner Entschließung darauf orientierte, »die vielen sozialen Einpunkt-Kämpfe in einen homogenen sozialen Kampf zu transformieren«. Auf einem Kongreß in Chiavari bei Genua im Dezember 1969 ging Curcio von Gramscis Begriff des »Stellungskrieges« als einer langen Periode von Klassenkämpfen aus, in denen die Revolution nicht auf der Tagesordnung steht, und erklärte: Es gehe daher »nicht so sehr darum, sofort zu siegen und alles zu erobern, sondern in einem lang andauernden Kampf zu wachsen und die mächtigen Hindernisse, die die Bewegung auf ihrem Weg antrifft, dazu zu benutzen, den Sprung von einer spontanen Massenbewegung zu einer organisierten, revolutionären Bewegung zu schaffen.« [10] Es gelang den Gruppen des Großstadtkollektivs, bei FIAT, Pirelli, Sit Siemens und in weiteren Betrieben Zellen zu bilden und den radikalsten Teil der Arbeiter anzuführen. Franceschini schätzte ein: »Bei Pirelli kannten sie (die ArbeiterInnen) uns alle, Namen für Namen. >Heimlich< bewegten wir uns dort nur in dem Sinne, daß wir in der Clandestinität der Massen lebten, deren proletarisches Gesetz des Schweigens all‘ unsere illegalen Handlungen nach außen zu verbergen wußte.« [11] Auch Versammlungen, die die BR in Arbeitervierteln von Mailand, Turin, Genua und anderen Städten organisierten, fanden beträchtlichen Zulauf. Ihr Aktionsradius blieb jedoch fast ausschließlich auf den industrialisierten Norden beschränkt. Erst Mitte der 70er Jahre begaben sie sich nach Rom, wo unter Moretti dort dann eine Kolonne aufgebaut wurde.

Strategische Fehleinschätzungen

Strategische und taktische Fehleinschätzungen der Gründergeneration der BR lagen unter anderem in einer nicht vorhandenen Differenzierung der Staatsmacht, darunter liberaler Kräfte, wie sie Moro repräsentierte, oder in der Definition des Neofaschismus. Das Paktieren mit neofaschistischen Kräften, die Nutzung ihres Potentials oder die Anwendung extremer Methoden durch den bürgerlichen Repressionsapparat wurden gleichgesetzt mit Faschismus. Das zeigte sich im Fall des entführten Genueser Richters Mario Sossi, den die BR in Plakat-Aktionen als Faschisten anprangerten, oder wenn die Nutzung der neofaschistischen CISNAL-Gewerkschaft durch FIAT-Manager zur Unterdrückung des Widerstandes der Arbeiter als »FIAT-Faschismus« charakterisiert wurde. Übersehen wurde dabei zum Beispiel, daß sich die Agnellis auf Grund der Konkurrenzsituation zur amerikanischen Industrie der Weltgendarmenrolle der USA und ihrer Vorherrschaft in Italien in bestimmtem Maße widersetzten. Ab Mitte der 70er Jahre favorisierte Gianni Agnelli Moros Politik des Historischen Kompromisses mit der IKP, weil er darauf setzte, daß die Kommunisten sich in der Regierungsverantwortung verschleißen würden.

Die Brigadegründung

Die Konstituierung als Brigate Rosse erfolgte im August 1970 auf einer Beratung in Pecorile in der Emilia Romagna. Mit der Bezeichnung Brigate wollte man, wie Curcio erklärte, an der Struktur der Partisanen anknüpfen. Die Farbe »rot« entnahm man dagegen nicht aus den Fahnen der Arbeiterbewegung, sondern von der RAF. Mara Cagol, Curcios Frau, begründete das damit, daß »die Befreiung von Andreas Baader durch die Genossen der Roten Armee Fraktion, die erste Stadtguerillaaktion in Europa« gewesen sei. »Armee« hielt man auf sich bezogen für »etwas übertrieben«, aber »Brigate Rosse« fand man in Ordnung. Ihren fünfzackigen Stern im Kreis bildeten die Roten Brigaden laut Curcio dem »schiefen Stern der Tupamaros« nach. [12] Nach dieser Namensgebung organisierten sich die BR in Mailand, Turin, Genua sowie weiteren Städten und später in Rom in Kolonnen.

»Bewaffnete Propaganda«

Unter Führung von Curcio und Franceschini praktizierten die BR die sogenannte »bewaffnete Propaganda«, Aktionen zur Einschüchterung der Konzernmanager und gleichzeitig zur Unterstützung der sozialen Kämpfe der Arbeiter, vor allem ihrer Tarifkämpfe. Brandsätze wurden geworfen und Fahrzeuge in Brand gesetzt, das Wirken der neofaschistischen, im Dienst der Unternehmer stehenden Gewerkschaft CISNAL und ihrer Unternehmerspitzel entlarvt und diese oft auch verprügelt. Es wurden die Auflösung der privaten Werkspolizei gefordert, Sabotage im Produktionsprozeß organisiert, die Aufhebung des mörderischen Akkordtempos verlangt und viele ähnliche Aktionen durchgeführt. Später gingen die BR dazu über, Personen, darunter auch solche aus dem Repressionsapparat der Justiz, zu entführen, die sie in der Phase unter Curcio und Franceschini nach einiger Zeit wieder freiließen. An dem Zuspruch, den die BR, wenn auch in begrenzter Weise, zu dieser Zeit unter Arbeitern fanden, zeigte sich, daß sie in Lücken stießen, die durch die Aufgabe kämpferischer Positionen durch die IKP in den Betrieben entstanden. Ihre Aktionen übten auch einen gewissen Druck auf die IKP und die von ihr dominierte Gewerkschaft CGIL aus, diesen Feldern in der sozialen Auseinandersetzung wieder stärker Rechnung zu tragen.
In den Versuchen, in den Betrieben Fuß zu fassen, widerspiegelt sich die bereits erwähnte Anknüpfung Curcios an Gramsci, konkret seiner Auffassung zur Rolle der Fabrikräte als Machtorgane der Arbeiterklasse in den mit dem Turiner Aufstand 1917 beginnenden revolutionären Kämpfen. Curcio und andere Brigadisten wollten den Arbeitern in der Auseinandersetzung mit den Padroni Machtpositionen in den Betrieben verschaffen. Allerdings schlugen sich Curcios Gedanken in keinen weiteren politischen Leitsätzen oder programmatischen Papieren nieder. Das mußte sich zwangsläufig vor allem daraus ergeben, daß zwischen dem von Curcio 1969 postulierten Anknüpfen an Gramsci und dem im Herbst 1970 eingeschlagenen Kurs der »bewaffneten Propaganda« ein tiefer Widerspruch klaffte. Diese Vorgehensweise entsprang auch bereits in der frühen Phase letzten Endes den Methoden des individuellen Terrors oder kam ihnen nahe. Sie öffnete dem Abenteurertum, gegen das sich die BR-Gründer doch ausgesprochen hatten, Tür und Tor und machte die Roten Brigaden für die bereits gegen sie konzipierte Infiltration und Manipulierung durch die Geheimdienste anfällig.

Zu den Aktionen

Die erste Aktion der »bewaffneten Propaganda« war am 17. September 1970 das Anzünden des Pkw des Siemensmanagers Giuseppe Leoni in Mailand, nachdem anschließend eine Liste mit Namen der »Spitzel der Padroni«, die von »der proletarischen Rache getroffen werden müßten«, verteilt wurde. Weitere Aktionen in Robin-Hood-Manier waren Brandanschläge auf die Autos des Sicherheitschefs (27. November) und des Personalchefs (8. Dezember) von Pirelli in Mailand und am 25. Januar 1971 auf acht Lkws des Reifenkonzerns. Am 3. März entführten Brigadisten den verhaßten Spitzenmanager Idalgo Macchiarini, Direktor für Arbeitsorganisation, darunter auch für die Geschwindigkeit der Fließbänder. Sie hielten ihn 20 Minuten lang fest und fotografierten ihn mit einem Schild auf der Brust, auf dem stand: »Zuschlagen und abhauen! Nichts wird ungestraft bleiben! Einen treffen, um Hundert zu erziehen!« Auf einem Flugblatt klagten die BR Macchiarini der Kollaboration mit den Neofaschisten an. Die Entführung löst unter den Pirelliarbeitern wahre Begeisterungsstürme aus, wurde gleichzeitig aber von einem Rechtsruck in der DC und einer Repressionswelle begleitet. 1972 wurde der DC-Bewerber Giovanni Leone nur dank der Stimmen der neofaschistischen MSI-Partei zum Staatspräsidenten gewählt. Im Januar 1973 wurden Protestdemonstrationen gegen den MSI-Parteitag in Rom von der Polizei blutig niedergeschlagen.
Die BR antworteten darauf am 12. Februar 1973 morgens in Turin mit der Entführung des Provinzsekretärs der CISNAL-Gewerkschaft Bruno Labate. Vier Stunden befand er sich in ihrer Hand, ehe sie ihn mittags vor den Augen der FIAT-Belegschaft an einem Lichtmast vor dem Werktor des Betriebes anketteten. Kein Arbeiter rührte eine Hand, ihn zu befreien. Erst die von der Konzernleitung herbeigerufenen Carabinieri holten den Neofaschisten von seinem Pranger. Auf einem Schild, das ihm um den Hals gehängt worden war, stand: »Das ist Bruno Labate, Provinzsekretär der CISNAL, einer faschistischen Pseudo-Gewerkschaft, die die Unternehmer in den Fabriken am Leben erhalten, um die Arbeiter zu spalten, um die Streikbrecher zu organisieren, um Aggressionen und Provokationen gezielt einzusetzen, um alle möglichen Arten von Spitzeln in die Abteilungen einzuschleusen.« Nachdem am 28. Juni 1973 der Manager von Alfa Romeo Michele Micuzzi entführt, aber nach wenigen Stunden wieder freigelassen worden war, wurde am 10. Dezember der Personalchef von FIAT, Ettore Amerio, der eng mit der CISNAL zusammenarbeitete, als Geisel genommen.
Die neue Qualität dieser Aktion bestand darin, daß Amerio eine Woche lang festgehalten und für seine Freilassung erstmals Bedingungen gestellt wurden. Die BR verlangten die Rücknahme von angekündigten Maßnahmen zur Kurzarbeit bzw. von Entlassungen, Aussagen Amerios über Umstrukturierungsmaßnahmen und das Spitzelsystem der CISNAL sowie eine wahrheitsgemäße und vollständige Berichterstattung in der FIAT-Zeitung »La Stampa« sowie im »Corriere della Sera«, an dem Agnelli Anteile besaß. Den Forderungen wurde im Wesentlichen entsprochen. Besonders die Rücknahme der Entlassungen erhöhte das Prestige der BR unter den FIAT-Arbeitern. [13]

Individueller Terror schwächte die Arbeiterbewegung

Dieser zeitweilige Widerhall konnte freilich nicht darüber hinwegtäuschen, daß diese Aktionen weder der von den BR beanspruchten Rolle einer »kommunistischen Avantgarde« entsprachen, noch der bei der Gründung des Großstadtkollektivs im September 1969 proklamierten Aufgabe, »die vielen sozialen Einpunktkämpfe in einen homogenen sozialen Kampf zu transformieren«. Die Aktionen blieben im Gegenteil, um bei der Wortwahl zu bleiben, »Einpunktkämpfe«, bei denen zudem die Arbeiter ausgeschlossen, zu passiven Zuschauern degradiert wurden. Um soziale Forderungen durchzusetzen, mußten die Massen aber in die Kämpfe einbezogen werden, damit sie in den gemeinsamen Aktionen Bewußtsein entwickelten und auf einen revolutionären Anlauf vorbereitet werden konnten, dessen Zeitpunkt nicht vorhersehbar war.
Seit den schweren Niederlagen der Anarchistenaufstände in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts gehörte es zu den wichtigsten Lehren der italienischen Arbeiterbewegung, daß individueller Terror keine Massenkämpfe ersetzen kann. Der später unter Moretti/Simioni forcierte individuelle Terror in Form zahlreicher Morde schwächte die Arbeiterbewegung, indem er sie der verstärkt einsetzenden Repression des Staatsapparates, dem damit die willkommenen Begründungen für das Vorgehen gegen Links geliefert wurden, aussetzte und ihre politisch-ideologische Entwicklung hemmte. Schließlich war der Haß von Brigadisten wie Moretti und anderen gegenüber der IKP, deren über zwei Millionen Mitglieder ja mehrheitlich aus der Arbeiterklasse kamen, nicht zu rechtfertigen – auch nicht mit den zunehmenden reformistischen Tendenzen, die in Gestalt des Historischen Kompromisses zu einer Klassenzusammenarbeit auch mit rechten Kräften in der DC führten. Eine erschreckende Konsequenz dieses Hasses war es, daß die BR im Januar 1979 ein IKP-Mitglied, den Arbeiter Guido Rossa von den Italsider-Stahlwerken, ermordeten, weil er einen ihm bekannten Brigadisten bei der Polizei angezeigt hatte. Den Schaden, den die BR unter Moretti in der Arbeiterbewegung und der Linken anrichteten, faßte Rossana Rossanda im Interview mit Moretti in dem Satz zusammen: »Krieg in Deinen Kopf, daß Ihr auf die Bewegung und nicht auf den Staat geschossen habt«. [14]

Die Brigate Rosse unter dem Einfluss der CIA (1974/75 bis in die 80er Jahre)

Beginnen wir mit einem Witz, der schon kurz nach der Entführung Aldo Moros in Italien die Runde machte. [15] Am Morgen des 16. März kommt der Saaldiener im Montecitorio (dem Sitz der italienischen Abgeordnetenkammer) aufgeregt auf Giulio Andreotti zu: »Herr Ministerpräsident, soeben ist Aldo Moro entführt worden!« Andreotti: »Wieso? Ist es schon 9 Uhr?« [16] In zwei Sätzen brachte der Volksmund treffsicher die historische Wahrheit auf den Punkt, stellte den italienischen Hauptverantwortlichen an der Entführung und späteren Ermordung des christdemokratischen Parteiführers an den Pranger. Er richtete sich gegen die These, nach der die Brigate Rosse von der Politik und Justiz als die alleinigen Täter der Entführung und Ermordung Aldo Moros hingestellt wurden. In diesem Zusammenhang wirkt es seltsam, daß der Standpunkt von der Alleintäterschaft von einer Anzahl Brigadisten mit dem zweiten BR-Chef Mario Moretti an der Spitze bzw. ihren Sympathisanten vertreten wurde. Andere Führungsbrigadisten wie die BR-Gründer Curcio und Franceschini distanzierten sich davon und verdächtigten Moretti gar, mit den Geheimdiensten kollaboriert zu haben. [17]
Nicht wenige Brigadisten meinten ihr Bekenntnis zur Alleintäterschaft sicher ehrlich. Es mag für die »Unbeugsamen« (wie sich diejenigen, die sich nicht lossagten bzw. nicht als Kronzeugen auftraten, nannten) vor den Gerichten und in den Gefängnissen auch ein moralischer Halt gewesen sein, für sich einen der größten politischen Terrorakte in der Geschichte des Anarchismus und des Linksradikalismus in Anspruch nehmen zu können. Gleichzeitig wurde der Vorwurf zurückgewiesen, als »Werkzeug des Imperialismus« mißbraucht worden zu sein. Soviel, um die Tatsachen sprechen zu lassen, wie es 1974/75 zur Etappe des blutigen Terrors kam und wie die CIA und ihre italienischen Komplizen das bewerkstelligten.

Manipuliert von Anfang an

Die CIA beobachtete bereits im Stadium seiner Entstehung intensiv das linksradikale Spektrum und begann, es für ihre Zwecke zu nutzen, das heißt, es zu unterwandern und zu manövrieren, seine Aktionen anzuheizen. Die »Stunde Null« der Spannungsstrategie schlug bereits im Mai 1965 auf einer Tagung des Heeresinstituts für Strategische Studien in Rom, auf der im Rahmen der sogenannten »unorthodoxen Kriegführung« beschlossen wurde, neofaschistische Terrorakte künftig unter einem »linken« Aushängeschild zu organisieren. Der Geheimdienstausschuß des Repräsentantenhauses der USA erhob das zur offiziellen Linie und orientierte dann 1968 alle Geheimdienstorgane darauf, bei ihren Aktionen stärker ultralinke Kräfte zu nutzen.
Die CIA betrat jedoch kein ausgesprochenes Neuland. Wie die Publizisten Roberto Faenza und Marco Fini schrieben, gründete der USA-Geheimdienst schon nach 1945 »links« getarnte rechte Organisationen, um eine linke Regierung aus Kommunisten und Sozialisten zu verhindern. Die Autoren veröffentlichten den Wortlaut eines Berichts des OSS-Chefs [18] in Italien, James Angleton, der darin über eine »Unabhängige Kommunistische Partei« informierte, als deren Vorsitzender ein gewisser Paolo Orlando fungierte. »Gibt sich zwar als kommunistische Organisation aus, wird aber von den Rechten finanziert und hat die Aufgabe, mit kommunistischer Propaganda (…) zu vergiften. Arbeitet mit dem römischen >Daily american< zusammen.« Für solche Mitarbeiter bekam der »Daily american« damals jährlich 37.500 Dollar. Später übernahm die CIA den Unterhalt der Zeitung. [19]

Das Field Manual 30-31

Während der Vorbereitung des Putsches, mit dem der Geheimdienstgeneral Giovanni De Lorenzo eine von Aldo Moro 1963 mit den Sozialisten gebildete Regierung stürzen wollte, sollte die faschistische Avanguardia Nazionale von Valerio Borghese Sprengstoffanschläge gegen die Gebäude der Confindustria, der Rundfunk- und Fernsehgesellschaft RAI und den Sitz der Democrazia Cristiana durchführen und die Spuren gegen die IKP lenken. Unter anderem sollten dazu Sprengstoffreste in Sektionen der Partei verborgen werden. [20]
Im Frühjahr 1970 gab der Geheimdienstausschuss der USA ein Feldhandbuch (Field Manual) 30-31 heraus, in dem sich ein ganzes Kapitel mit der Einschleusung von Agenten in linksradikale Organisationen befaßte. Die Undercoveragenten sollten den »linken Terrorismus« anheizen und zur gegebenen Zeit Operationen – von der Provozierung von Unruhen bis zu politischen Morden – auslösen, um so Vorwände zu liefern, ein Regime der »starken Hand« zu errichten.

»Le Monde«: zehn Prozent Linksradikale Geheimdienst-Agenten

Der Carabinieri-General Nicolo Bozzi sagt dazu später aus, daß unzählige Offiziere und Unteroffiziere sich zur Infiltration an den Universitäten in Rom, Turin, Mailand, Genua, Trento, Padua, Neapel und Pisa einschrieben und wie Studenten unter den Kommilitonen lebten. Sie besuchten die Vorlesungen, legten die Examen ab und nicht wenige machten dann ihren Doktor. Alle Kosten wie Miete, Studiengebühren usw. hätten sie bezahlt bekommen. [21] Die Pariser »Le Monde« schrieb 1972, daß mindestens zehn Prozent aller Mitglieder linksradikaler Vereinigungen Agenten der Polizei und der Geheimdienste seien. [22] Das FM 30-31 bildete auch die Operationsgrundlage für die Gladio-Truppe, die in Zusammenarbeit mit den italienischen Geheimdiensten und der Putschistenloge P2 die Spannungsstrategie umsetzte. Die in einer VIII. Division in 36 Legionen zusammengefaßten etwa 12.000 Gladiatoren wurden mit der SACEUR-Direktive der NATO bereits im Juni 1968 direkt der CIA unterstellt.

Die faschistische Putschloge Propaganda Due (P2)

Bei der P2 handelte es sich um die von der CIA Ende der 60er Jahre gebildete, als Freimaurerloge Propaganda Due getarnte faschistische Putschloge, die bei der Inszenierung des Komplotts zur Ermordung Aldo Moros als Führungszentrale fungierte. Offiziell stand der Altfaschist aus Mussolinis Zeiten, Licio Gelli, an der Spitze. Als wahrer Chef wurde jedoch der rechte DC-Politiker und mehrmalige Ministerpräsident Giulio Andreotti gesehen. Nachdem offen neofaschistisch ausgewiesene Putschversuche wie die unter De Lorenzo, Borghese und Miceli [23] gescheitert waren, wollte die CIA mittels eines »Colpo bianco«, eines kalten Staatsstreiches, einen als »demokratische Umgestaltung« getarnten Umsturz herbeiführen. An die Stelle bis dahin neofaschistisch-militärischer Führungszentralen trat die Freimaurerloge P2, die ihre Leute in einem gefährlichen Umfang in allen Bereichen der Gesellschaft unterbrachte.
Auch unter der Regie der P2 blieb, wie insbesondere im Fall Moro sichtbar wurde, der Sicherheitsapparat ein herausragendes Instrument, das sie über den hohen Anteil an Militärs und Geheimdienstlern unter ihren Mitgliedern zum großen Teil kontrollierte und beeinflußte. Unter ihren weit über 2500 Mitgliedern befanden sich, wie Sergio Flamigni 1996 publik machte, 47 Großindustrielle, 119 Bankiers und Leute der Hochfinanz, 43 Generäle, darunter die gesamte Führungsspitze der Geheimdienste der letzten 30 Jahre, der komplette Generalstab des Heeres, etwa 400 hohe Offiziere, drei Minister der amtierenden Regierung, drei Staatssekretäre, 18 hohe Justizvertreter, 22 Spitzenjournalisten, darunter ein Chefredakteur der staatlichen Rundfunk- und Fernsehgesellschaft RAI und der einer der größten Tageszeitungen, des Mailänder »Corriere della Sera«, 38 Parlamentarier aus den Regierungsparteien, weitere aus der neofaschistischen Partei Movimento Sociale Italiano (MSI). [24]

»Mani Rosse sulle Forze Armate« (Rote Hände über den Streitkräften)

Ein führender Stratege der Organisierung des »linksradikalen Terrors« war über zwei Jahrzehnte bis zu seiner Verhaftung 1974 der Topagent der CIA und des SID Guido Giannettini, ein enger Vertrauter Pino Rautis, der die Verbindungen zwischen den Geheimdiensten, der NATO und den italienischen Neofaschisten unterhielt. 1961 hielt er in Annapolis bei Washington an der Schule der US-Marines Vorlesungen über »Techniken und Möglichkeiten eines Staatsstreiches in Europa«. 1964 gründete Giannettini einen Apparato mondiale segreto di Azione revoluzionario (Weltweiter Geheimapparat für revolutionäre Aktionen), der neofaschistische Terroristen instruierte, pseudorevolutionäre Gruppen zu bilden und »links« getarnte Anschläge zu organisieren. Zusammen mit Pino Rauti verfasste er eine Broschüre über »kommunistische Untergrundarbeit« in der Armee, die dem Offizierskorps vor Augen führen sollte, daß die Armee angesichts des »roten Terrors« zur Sicherung der Ordnung eingreifen müsse. In dem Machwerk, das den Titel erhielt »Mani Rosse sulle Forze Armate« (Rote Hände über den Streitkräften), hieß es, die Armee sei »kommunistisch unterwandert« und die »rote Machtergreifung« stünde unmittelbar bevor.

Nazifaschist auf Lehrgang der Bundeswehr

Als Journalist und Reserve-Offizier der Panzertruppe nahm Giannettini an Tagungen der NATO teil und ging in ihren Stützpunkten ein und aus. Im Vorfeld des geplanten Borghese-Putsches von 1970 nahm er zusammen mit Rauti im Herbst 1969 an einem Lehrgang für psychologische Kriegführung an der Bundeswehrschule der Panzertruppen in Euskirchen teil und besuchte anschließend das für einen Grenzabschnitt zur DDR zuständige Bundesgrenzschutzkommando Lübeck. Nachdem sie auf der Panzerschule den damals noch streng geheimen neuen Panzertyp der Bundeswehr »Leopard« besichtigt hatten, konnten sie auch noch die Produktionsstätten des neuen Kampfwagens in Münster besuchen. Mit ihren frisch erworbenen Kenntnissen über psychologische Kriegführung begaben sich Rauti und Giannettini von der Bundesrepublik direkt nach Reggio Calabria, wo anschließend die von den Neofaschisten entfesselten Bürgerkriegsauseinandersetzungen eskalierten. Der »Vorwärts« zitiert den Staragenten am 31. Oktober 1974 mit den Worten: »Ich bin Nazifaschist. Männer wie ich arbeiten, um in Italien zu einem Militärputsch zu kommen.«

Eine brisante Enthüllung

Am 14. Juni 1976 enthüllte der Chefredakteur der Wochenzeitschrift »Tempo«, Livio Januzzi, auf einer Pressekonferenz in Rom, dass auf dem NATO-Stützpunkt Cap Marrargiu auf Sardinien Undercoveragenten für Einsätze in den BR ausgebildet würden. [25] Ein Schwerpunkt sei, wie Kommandounternehmen zur Entführung und Ermordung von Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Justiz durchzuführen sind. Bei einer dieser Operationen war laut Januzzi zwei Wochen vorher der Genueser Oberstaatsanwalt Francesco Coco (siehe weitere Ausführungen) mit seinen zwei Begleitern ermordet worden. Die »Gefängnisse« der BR für entführte Personen würden vom SID vorbereitet, dessen Chef, General Miceli, habe den Plan, Operationen der Brigate Rosse geheimdienstlich zu steuern, bestätigt. Nach der Aufdeckung der geheimen NATO-Truppe Gladio und der Untersuchung ihrer verfassungswidrigen Tätigkeit durch eine Parlamentskommission wurden Januzzis Ausführungen später durch zahlreiche Aussagen, auch von Geheimdienstlern, bestätigt. [26]
Gestützt auf die Arbeit der Kommission und eigene Recherchen belegten A. und G. Cipriano unter anderem, daß in den 70er Jahren auf Marrargiu Tausende von Gladiatoren ausgebildet wurden, von denen viele als Undercoveragenten in linksextreme Gruppen eingeschleust wurden, in denen sie zu Terrorakten anstachelten. Der verantwortliche Gladio-Kommandeur auf Cap Marrargiu war ein Colonello Camillo Guglielmi, der sich zum Zeitpunkt der Entführung Moros am 18. März 1978 in der Via Fani befand. Dorthin hatte ihn SISMI-General Pietro Musemeci, ein P2-Mitglied, der durch einen eingeschleusten Agenten den Zeitpunkt des Überfalls kannte, beordert, um zu verfolgen, ob der Anschlag auch klappt. [27]

Bereits bei Gründung der BR dabei

Bereits in ihrer Gründungsphase standen die BR unter Beobachtung der Geheimdienste. Die Moro-Kommission des Parlaments stieß auf einen gewissen Corrado Simioni, der alle Merkmale eines zur Einflußnahme eingeschleusten Agenten aufwies. Von Beruf Lehrer war er bis 1965 Mitglied der Sozialistischen Partei (ISP) und persönlich eng mit deren Vorsitzenden Bettino Craxi befreundet, den die P2 später als einen »neuen Duce« an die Macht bringen wollte, indem sie ihm Millionen Dollar an Bestechungsgeldern zukommen ließ. Er war neben dem Medienmonopolisten Berlusconi (dessen Partei Forza Italia FI sie ebenfalls finanzierte), Mitglied im Dreierdirektorium der P2. Flamigni belegte, dass Simioni bereits in der ISP und bei Craxi persönlich Spitzeldienste geleistet hatte. Denn als er 1965 aus der Partei ausgeschlossen wurde, kam er sofort beim amerikanischen Kulturinstitut United States Information Service und danach bis Anfang 1968 in München bei „Radio Free Europe“, bekanntermaßen ein CIA-Sender, unter. Bei Ausbruch der Studentenunruhen tauchte er in Italien auf und versuchte zunächst zu Lotta Continua und anderen linksradikalen Gruppen Kontakt aufzunehmen, wurde aber wegen seiner abenteuerlichen Pläne abgewiesen. Lotta Continua beschäftigte sich mit dem Vorleben Simionis näher und enttarnte ihn schon Anfang der 70er Jahre als CIA-Agenten.

Drei NATO-Generäle ermorden

Ganz auf der Linie des Field Manuell 30-31 näherte Simioni sich bereits im Vorfeld der Brigate-Gründung Curcio an. Er wandte sich sofort gegen dessen »moderate« Linie der »bewaffneten Propaganda« in den Fabriken und legte einen bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Plan für eine Serie von Terroranschlägen vor. Er schlug vor, drei NATO-Generäle zu ermorden, was exakt das Terrain für den im Dezember 1970 geplanten Borghese-Putsch und das Eingreifen der NATO bereitet hätte. In einem anderen Fall wollte er, wie Curcio schreibt, »einen Koffer voller Sprengstoff am Eingang des US-Konsulats in Mailand abstellen.« [28]
Im August 1970 kam es auf der BR-Gründungstagung in Pecorile zur Auseinandersetzung über Simionis Konzeption, der gleichzeitig, unterstützt von seinen Anhängern Duccio Berio, Vanni Mulinaris, Prospero Gallinari und Mario Moretti, die er mit in die Organisation gebracht hatte, die Führung der BR beanspruchte. Als Simioni scheiterte, verließ er mit seinen Anhängern die BR und gründete eine »besonders geheime Gruppe«, die sich Superclan nannte. Moretti verblieb in den BR, nahm aber insgeheim an der Arbeit des Superclans teil.

Pariser CIA-Zentrale Sammelpunkt der Linksradikalen

In Paris beteiligt sich Simioni am Aufbau eines Sprach-Instituts Hyperion, das der Gründer und langjährige Chef des vatikanischen Geheimdienstes Pro Deo, Pater Felix Andrew Morlion, der gleichzeitig im Dienst der CIA stand, ins Leben gerufen hatte. Mit Sprachen befaßte man sich in der Schule, die in einem der besten Häuser am Quai de la Tournelle untergebracht war, weniger, denn das Hyperion war von der CIA als ein Treffpunkt der Linksradikalen aus ganz Westeuropa aufgebaut worden. Unter anderem wurden hier Waffenlieferungen für linksradikale Gruppen, darunter für die Brigate Rosse, organisiert. Simioni und die BR-Mitglieder Duccio Berio und Vanni Mulinaris wurden an dem Institut »als Professoren« angestellt. Moretti ging dort ein und aus.
Seltsamerweise hinderte die politische Ausrichtung des Hyperion einflußreiche Unternehmer nicht, ihm beträchtliche finanzielle Mittel zukommen zu lassen, die aber vielleicht eher von Langley aus gesteuert wurden. Denn am Quai de la Tournelle war, wie die römische »La Repubblica« am 29. Januar 1983 berichtete, »das wichtigste Büro der CIA-Vertretung in Europa« untergebracht. Wichtig vor allem unter dem Gesichtspunkt, daß hier direkt oder verdeckt Einfluß auf die Steuerung und Unterwanderung des Linksradikalismus in Westeuropa, besonders auf sein breites Spektrum in Italien, darunter auf die Brigate Rosse, genommen wurde. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, schreibt Giorgio Galli, daß »der Polizei gut bekannte Gruppen von Extremisten in Paris diese Schule mit wohlwollender Duldung der französischen Geheimdienste gründen konnten.«

CIA-Waffen für BR und RAF

Der Untersuchungsrichter Carlo Mastelloni stieß 1990 darauf, daß die CIA und der SISMI über das Hyperion-Institut Waffenlieferungen inszenierten, die angeblich von der PLO kamen und an die BR, die RAF und die baskische ETA gingen. Im SISMI hatte General Santovito, Mitglied der P2, der später Chef des Dienstes wurde, eine Arbeitsgruppe gebildet, die der Leiter des Nahostbüros des SISMI, Oberst Giovannone, ebenfalls P2-Mitglied, leitete. Giovannones Stellvertreter, Oberstleutnant Silvio Di Napoli, der die Sendungen im Nahen Osten auf den Weg brachte, sagte vor der Moro-Kommission aus, daß er die CIA persönlich über die laufenden Aktionen informiert habe. Der Offizier kam danach auf mysteriöse Weise ums Leben.
Auf die Verbindungen des Hyperion-Instituts zu den BR war auch der Paduaer Untersuchungsrichter Pietro Calogero im Frühjahr 1979 gestoßen. Als er eine Durchsuchung anstrengte, warnte der zur P2 gehörende SISDE-General Giulio Grassini seine Kollegen in Paris vor der zu erwartenden Aktion. Das Institut wurde daraufhin geräumt. [29] Die Enthüllungen über die Verbindungen zwischen dem Hyperion-Institut und den Geheimdiensten bestätigte vor der Parlamentskommission zur Untersuchung des Terrorismus der römische Staatsanwalt Rosario Priore [30], der ferner erklärte, die Sprachschule habe auch ein Schloß in der Normandie besessen, in dem »Ausbildungskurse« veranstaltet wurden. [31]

Agenten-Karrieren

Den Höhepunkt ihrer Aktionen erreichten die BR unter der Führung Curcios und Franceschinis mit der Entführung des Genueser Gerichtsvorsitzenden Mario Sossi am 18. April 1974. Zu dieser Zeit waren bereits mehrere Polizei- und Geheimdienstagenten in die BR-Leitung eingeschleust worden. Einer von ihnen war ein in langjähriger Agentenarbeit erfahrener Silvano Girotto, der im September 1974 die Verhaftung Curcios und Franceschinis bewerkstelligte. Die Zeitschrift »Giorni« enthüllte 1977 in ihrer Nr. 32/33 die Karriere dieses Topagenten, der sich als Sohn eines Carabiniere-Offiziers in Algerien als Fremdenlegionär verdingte, danach als Franziskanermönch getarnt in Südamerika für die CIA arbeitete, die ihn in die Guerillabewegung einschleuste. Unter anderem denunzierte er den bolivianischen Guerillaführer Jaime Paz Zamora, der daraufhin 1972 in La Paz festgenommen wurde. Nach dem Militärputsch in Chile leistete er der Pinochet-Junta Spitzeldienste. Seine Reiseroute zurück nach Italien führte über die Schweiz, wo in der CIA-Station in Bern Frederico D’Amato vom Spionagebüro des Innenministeriums in Rom für die Einschleusung von Agenten in die BR zuständig war. In Italien angekommen, wurde Girotto ein begehrter Interviewpartner großbürgerlicher Zeitungen, in denen er als »Fratello Mitra« (Bruder Maschinenpistole) vorgestellt wurde, mit seinen Guerillaerfahrungen prahlen und seine Bewunderung für die Brigate Rosse propagieren durfte. Zu den Zeitungen, die so die Einschleusung Girottos in die BR vorbereiteten, gehörten der P2-geführte »Corriere della Sera« und die theoretische Zeitschrift der neofaschistischen MSI-Partei »Il Borghese«. Trotz dieser sich selbst entlarvenden Lancierungskampagne habe man in der BR-Führung »keine Anhaltspunkte, ihn zu verdächtigen«, gesehen, da er »in allen Szenen der Linken die Runde« machte und »mit großer Wertschätzung aufgenommen« worden sei, so Moretti. [32]
Es sei dahingestellt, ob Moretti, der hier auf dümmste Weise die Aufnahme Girottis in die BR verteidigte, als Agent der Geheimdienste handelte. An der Überprüfung Girottis war angeblich ein ganzes »Kollektiv« von Brigadisten beteiligt. Welches politische Niveau muß hier geherrscht haben, welche Abgehobenheit und Isolierung von der Realität des Klassenkampfes, daß man auf eine derartig primitive »Anmache« der neofaschistischen und rechten Medien hereinfallen und die nicht im geringsten überprüften »Erzählungen« des Agenten für bare Münze nehmen konnte, bloß weil sie den pseudorevolutionären Vorstellungen vom »klandestin inmitten des Volkes leben« entsprachen? [33] Ganz konkret zeigt sich hier nochmals, welch verhältnismäßig leichtes Spiel es Polizei, Geheimdienste und Neofaschisten angesichts deren übersteigerten Revolutionarismus hatten, in die BR einzudringen, sie zu instrumentalisieren, ihre Aktionen anzuheizen und den »bewaffneten Kampf« ins Extrem zu steigern.
Als zweiter Agent, der sich bereits zu dieser Zeit in den BR befand, ist ein Francesco Marra, genannt Rocco, bekannt geworden. Es handelte sich um einen Fallschirmjäger, der auf Sardinien eine Spezialausbildung in der Handhabung mit Sprengstoff und des »Schießens in die Beine« (eine später unter Moretti gegenüber Personen des Repressionsapparates praktizierte Methode) erhalten hatte. Sergio Flamigni bezeichnete das als »eine Ausbildung, die für Gladio-Angehörige, bevor sie in die BR eingeschleust wurden, typisch war«. [34]
Rocco war 1971 zunächst Mitglied der IKP geworden, um sich dann den BR anzunähern. Um ihr Vertrauen zu gewinnen, hatte er in Mailand in dem von den Neofaschisten beherrschten Viertel Quarto Oggiaro das Auto des dortigen MSI-Chefs in Brand gesteckt und ein Flugblatt mit der Bezeichnung »Francesco Marra, Avanguardia Comunista di Quarto Oggiaro« hinterlassen. Marra gehört dem von Franceschini geleiteten Kommando an, das Sossi entführte. Der Chef des Geheimdienstes Servicio Informazione Difesa (SID), General Vittorio Miceli, wurde persönlich durch den Agenten von Anfang an darüber informiert, wo der Genueser Richter versteckt gehalten wurde und was die BR planten.
Über seine Agenten versuchte der SID im Fall Sossi, erstmals deren Vorgehen zu beeinflussen. Die BR forderten im Austausch gegen Sossi die Freilassung von acht Häftlingen der linksextremen Gruppe XXII. Oktober, die der Richter zu langjährigen Haftstrafen, den Leiter sogar zu lebenslänglich, verurteilt hatte. Die Justizbehörden gingen auf die Forderungen ein, aber die Freilassung der Häftlinge scheiterte (unter anderem daran, daß die BR kein Aufnahmeland fanden. Kuba lehnte, auf Betreiben der IKP, nach einer anfänglichen Zusage ab). Nach dem Scheitern des Austausches forderten Marra und Moretti, den Richter umzubringen. Curcio und Franceschini lehnten das ab. Franceschini verstand es, Sossi zur Zusammenarbeit zu bewegen. Der Richter schrieb einen Brief an die Staatsanwaltschaft, die Suche nach dem Entführungskommando einzustellen (was auch geschah) und zu verhandeln. Zu Sossi ist zu sagen, dass er nicht nur unerbittlich gegen Linksradikale vorging, sondern auch gegen illegal arbeitende Waffenhändler ermittelte, die ihre Geschäfte in Abstimmung mit dem SID über den Hafen von Genua abwickelten.
SID-Chef Miceli plante in dieser Situation, sowohl die moderaten Brigadisten des Entführungskommandos mit Franceschini an der Spitze als auch den unbequemen Richter zu beseitigen. Wie die Zeitschrift »Tempo« am 20. Juni 1976 enthüllte, sollte das Versteck durch ein Spezialkommando gestürmt werden und dabei Sossi und die Brigadisten »alle ums Leben kommen«. Der Terrorismus der Spannungsstrategie sollte, so Flamigni, »durch >blutrünstige< Brigate Rosse« neuen Auftrieb erhalten. [35] Micelis Plan konnte nicht mehr ausgeführt werden, weil Sossi nach fünf Wochen Geiselhaft freigelassen wurde. Wie Franceschini in seinem 1990 erschienenen Buch »Das Herz des Staates treffen« schrieb, wirkte Sossi noch an seiner Freilassung mit. Er schlug vor, sich zu verkleiden (lange Koteletten, Spitzbart und neue Frisur) und erhielt einen falschen Ausweis mit neuem Bild, den die BR anfertigten.
Er regte auch an, ihn in Mailand auszusetzen, da im Falle eines Prozesses wegen seiner Entführung dann das dortige Gericht zuständig wäre, an dem die Bedingungen günstiger als in Turin seien. Sossi mußte später erfahren, daß seine Kollegen sich über solche formalrechtlichen Grundsätze ohne viel Skrupel hinwegsetzten und den Prozeß in Turin führten. Franceschini schrieb, Ausgangspunkt der Entscheidung, Sossi freizulassen, sei die Überzeugung gewesen, »daß seine Freilassung den Staat in noch größere Schwierigkeiten bringen würde: sie würde seine Widersprüche auf die Spitze treiben«. [36] In gewisser Weise traf das auch zu. Sossi war in Zukunft nicht mehr jener bedingungslose Erfüllungsgehilfe beim Vorgehen »gegen links«, der er vorher war.
Darauf dürften die erwähnten Enthüllungen des »Tempo«-Chefredakteurs Januzzi über die Ausbildung von Agenten durch die NATO zur Einschleusung in die BR beigetragen haben. Jedenfalls schrieb Sossi nach der Entführung Moros über seine eigene Gefangenschaft bei den BR ein Buch. Darin sprach er vom »künstlichen Charakter unserer revolutionären Guerilla« und hielt fest: »Ich habe nicht den geringsten Zweifel, daß die Strategen dieser Operationen Geheimdienstagenten fremder Staaten sind«. [37]
In der Brigadeführung hatte der Ausgang der Sossi-Aktion zur Folge, daß der für rücksichtslose Tötungsaktionen eintretende Moretti aus der Leitung ausgeschlossen wurde. Für die Organisatoren der Spannungsstrategie war das letzter Anlaß, die »moderaten« Brigadechefs Curcio und Franceschini auszuschalten, um den Weg freizumachen für einen ihrer Linie entsprechenden Mann. Der Agent Girotto begann, die Falle zur Ausschaltung der beiden Gründer der BR zu stellen.

Die Ausschaltung der »moderaten« BR-Gründer

Mit dem Mißlingen der Übernahme der Führung durch Simioni waren zunächst die Pläne der Spannungsstrategen gescheitert, direkten Einfluß auf die BR zu nehmen und deren Aktionen zu verschärfen. Nachdem Moretti bei der bereits geschilderten Sossi-Entführung im April 1974 sich mit seiner von dem Agenten Marra unterstützten Forderung, den Richter zu töten, nicht durchsetzen konnte, als Konsequenz dessen auch noch aus der strategischen Brigadeleitung ausgeschlossen wurde, gingen die Geheimdienste nunmehr daran, die moderaten BR-Führer der Gründergeneration, Curcio, seine Frau Mara Cagol und Franceschini, auszuschalten.
Am 8. September 1974 gerieten Curcio und Franceschini in eine Falle des Agenten Girotto und wurden von den Carabinieri verhaftet. Ein BR-Kommando unter Mara Cagol befreite Curcio im Januar 1975 aus der Haftanstalt in Casale Monferrato. Im Juni darauf wurde Mara Cagol selbst nach einer Entführung gestellt. Als sie floh, wurde sie, ohne daß dazu ein Anlaß bestand, durch gezielte Schüsse getötet. Im Januar 1976 wurde Curcio erneut verhaftet und dabei durch einen Schulterschuß verwundet. Curcio vermutete, daß die Carabinieri versuchten, »mich umzubringen«. Ein Geheimdienstoberst, der sicher auf Kollaboration setzte, verhindert das. [38]
Zwei Monate später wurde ein weiterer Gründer der BR, das Leitungsmitglied Giorgio Semeria, verhaftet. Er beschuldigte Moretti, ihn an die Polizei verraten zu haben. Curcio selbst erklärte: »Ich bin überzeugt, daß Moretti ein Spion ist, der meine Verhaftung organisiert hat.« Der Untersuchungsrichter Giancarlo Caselli deutete gegenüber dem verhafteten Franceschini ebenfalls an, daß Moretti mit den Behörden zusammenarbeitete. »Überlegen Sie einmal, warum man gerade Sie zusammen mit Curcio verhaftet hat«, sagte Caselli und zeigte Franceschini ein Foto, auf dem der Agent Girotto mit dem in Freiheit belassenen Moretti zu sehen war. [39] Mit der Bemerkung, daß Curcios zweite Verhaftung »genauso wie seine erste und die Franceschinis 1974 zustande kam«, bestätigte 1990 der Geheimdienstgeneral Romeo die Rolle, die eingeschleuste Agenten dabei spielten. [40]

Strategischer Kurswechsel

Moretti bestritt, Agentendienste geleistet, Kontakte zu den Geheimdiensten gehabt oder nach seiner Verhaftung mit den Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet zu haben. Als Pentito ist er, offiziell, nicht aufgetreten. Unbestreitbar ist jedoch, daß mit der Ausschaltung Curcios und seiner Anhänger und damit der Leitung der BR nicht nur ein Führungswechsel, sondern gleichzeitig ein strategischer Kurswechsel erfolgte, der den Vorstellungen der Spannungsstrategen und ihrer im Feldhandbuch 30-31 konzipierten Linie des Anheizens der Terrorakte entsprach. Aufschlußreich war, daß General Miceli, zu dieser Zeit Chef des SID, 1974 zu Beginn der Piazza Fontana-Prozesse diesen Kurswechsel regelrecht ankündigte: »Von nun an werdet ihr nichts mehr vom rechten Terrorismus hören, sondern nur noch von dem anderen«. [41]
Mit der Ausschaltung der Gründerführung ging eine Rechnung auf, die der Einflußagent Corrado Simioni bereits 1970, als er mit seiner Tötungslinie scheiterte, beim Verlassen der BR gemacht hatte: Curcio schreibt, Simioni habe vorausgesagt, daß die BR »schnell identifiziert würden«, und angekündigt, er und sein Anhang würden eine »extrem klandestine Struktur aufbauen, die in einem zweiten Moment als bewaffnete Gruppe in Aktion treten sollte. Und zwar zu einem Zeitpunkt, von dem sie glaubten, daß wir, desorganisiert, wie wir nach der chaotischen Übergangssituation waren, alle auf einmal festgenommen worden wären.« [42] In einer nach der Ermordung Moros 1979 vorgelegten Studie »Über den Terrorismus und den Staat« bestätigte der Politologe Gianfranco Sanguinetti, daß »durch bestimmte Verhaftungen im richtigen Augenblick oder durch die Ermordung der ursprünglichen Führer, die im allgemeinen bei einem bewaffneten Zusammenstoß mit den >Ordnungskräften< passiert, die von einer solchen Operation durch die eingeschleusten Elemente benachrichtigt werden, (…) die Geheimdienste ganz nach ihrem Belieben über ein voll wirksames, aus naiven oder fanatischen Militanten gebildetes Organ verfügen, das nur geführt werden will.« [43] Das mag bezüglich der Brigate Rosse etwas verabsolutiert scheinen, trifft aber im Kern der Sache zu. Wenn von »naiven oder fanatischen Militanten« die Rede ist, dann dürfte unter diesem Aspekt vor allem Moretti, wenn man ausschließt, dass er ein angeworbener Agent war, zu analysieren sein.

CIA-Agent Simioni leitete verdeckt die BR

Und was Simioni betrifft, trat er, kaum daß Curcio zum zweiten Mal verhaftet worden war, wie angekündigt »in Aktion«. Die römische Zeitschrift »Europeo« befasste sich mit der Rolle Simionis und führte an, dass auch die Moro-Kommission des Parlaments zu dem Schluß kam, daß es sich bei ihm um einen Agenten handelte. Sie stellte fest, daß gegen diesen trotz des schwerwiegenden Verdachts der Beteiligung an dem Komplott gegen den DC-Vorsitzenden nie ermittelt wurde. SISMI-Chef und P2-Mann Santovito, dessen Beteiligung an der Verschleppung der Fahndung nach den Entführern zur Sprache kam, habe bei der Befragung die Anschuldigungen nicht im geringsten entkräften können und musste einräumen, daß der SISMI unter seiner Leitung »nichts, rein gar nichts« zur Aufklärung der Entführung und Ermordung Moros beigetragen hat.
Simioni selbst blieb nach der Ausschaltung Curcios und Franceschinis im Hintergrund, aber seine Leute aus dem Superclan kehrten in die BR zurück. Angesichts des nach dem schweren Schlag gegen die Brigadeführung eingetretenen Schocks war es für sie relativ leicht, Moretti an die Spitze zu bringen. Clan-Mitglied Graziano Sassatelli gestand gegenüber »Panorama« (25. Mai 1986), dass »den Kopf der Brigate Rosse« nun »die Superclanspitze« bildete, die von Moretti und einem eingeweihten Kreis auch »la Ditta« (die Firma) genannt wurde. Sergio Flamigni bemerkte in dieser Zeit »eine sonderbare Übereinstimmung mit einer Anzahl Verschwörer des sogenannten >Borgheseputsches< und anschließend desselben der >Windrose< [44], die ebenfalls den Decknamen >La Ditta< benutzten, hinter dem sich eindeutig eine umstürzlerische Organisation verbarg.« Die Angaben Sassatellis zur Funktion des Superclans bestätigte 1993 vor dem Untersuchungsrichter Pierluigi Dell’Osso der Brigadist Silvano Larini, der aussagte, daß Corrado Simioni »der tatsächliche Chef der Brigate Rosse« war. [45]
Moretti führte in die BR eine geheime Struktur ein, in der die Mitglieder der verschiedenen Kolonnen kaum noch etwas voneinander wussten und selbst Teilnehmer an Operationen sich nicht mehr kannten. Das konnte mit der Notwendigkeit konspirativer Arbeit begründet werden, ermöglichte aber (wie im Fall Moro später bekannt wurde), Agenten in solche Operationen einzuschleusen, ohne daß die Brigadisten das bemerkten. Vor allem brachte Moretti, zweifelsohne unter dem Gesichtspunkt, die geplante Operation Moro allein in der Hand zu haben, die römische Kolonne unter seine Kontrolle. Er war ihr einziger Vertreter im Exekutivkomitee der BR, dem die strategische Leitung, die über die bewaffneten Aktionen entschied, unterstand. Als Stellvertreter Morettis fungierte aus der Ditta Prospero Gallinari, der dann auch neben diesem angeblich als einziger Zugang zum »Volksgefängnis« Moros hatte. Sergio Flamigni analysierte, daß sich während der Vorbereitung und Durchführung der Operation Moro, die sofort nach der Übernahme der Führung durch Moretti begann, »die effektive Führungsgewalt in den Händen der beiden aus dem Superclan kommenden Brigadisten Moretti und Gallinari befand und von den beiden Moretti der Chef war«. Selbst »die Chefs der einzelnen Kolonnen waren nichts weiter als Ausführende und die römische Kolonne, welche die Hauptlast der Operation Moro trug, hatte keine Entscheidungsbefugnis in der Frage der Entführung, sondern übte lediglich eine untergeordnete Funktion aus.« [46]

Beginn der blutigen Phase

Unter der Regie des Superclans begann die abenteuerliche, blutige Phase der BR, vor der Curcio gewarnt hatte. Am 8. Juni 1976 startete die erste Tötungsaktion. Auf offener Straße wurden der Genueser Oberstaatsanwalt Francesco Coco und sein Fahrer sowie ein weiterer Sicherheitsbeamter erschossen. Der Ermordung Cocos folgten allein acht weitere Richter. Andere Opfer waren Wirtschaftsmanager, Politiker, Journalisten. Sprunghaft stiegen auch die blutigen Aktionen anderer ultralinker Gruppen an, denen 1977, die Opfer der BR eingeschlossen, 42 Tote und 377 Verletzte angelastet wurden.
Als am 16. März 1978, dem Tag der Entführung Moros, eine Regierung mit kommunistischer Unterstützung ihr Amt antrat, stiegen die Terrorakte weiter an. Nach den Berichten der italienischen Medien [47] ereigneten sich bis Ende des Jahres über 2.300 Terrorakte, bei denen mehr als 30 Menschen ums Leben kamen und über 400 zum größten Teil schwer verletzt wurden. 871mal fanden bewaffnete Überfälle auf Personen statt, und 45mal wurden Personen entführt. Darunter befanden sich 19 Industrielle und Manager, zwei Bankiers, sieben DC-Politiker, ebenso viele Kommunisten und Vertreter anderer linker Organisationen, zwei Mitglieder rechter Gruppen, fünf Journalisten, drei Universitätsprofessoren, sechs Angehörige der Justiz, sieben Gefängniswärter und vier Ärzte. Zwei Drittel der Überfälle wurden unter dem Zeichen der Brigate Rosse begangen. 333 Anschläge galten Parteibüros und Gewerkschaftssitzen, 111mal wurden Kasernen und 33mal Polizeistationen angegriffen. Der Terror diente dazu, Angst und Schrecken zu verbreiten, die öffentliche Sicherheit zu zerrütten, die parlamentarische Ordnung und ihre Exekutive als unfähig auszuweisen und so dem Ruf nach einer Regierung der »starken Hand«, die »Ordnung schafft«, Nachdruck zu verleihen. Der Gladio-Offizier Roberto Cavallaro, der für den SID-Chef Miceli arbeitete, sagt gegenüber »Panorama« (4. November 1990), daß ein »guter Teil dieser Anschläge (…) auf direkte Weisungen oder Einflußnahme der Geheimdienste« zurückging.
Fragwürdig waren auch die Motive, nach denen die BR unter Moretti die Opfer ihrer Tötungsaktionen auswählten. Daß Coco nicht nur gegen Linksradikale ermittelte, wurde bereits erwähnt. Er untersuchte aber auch den brisanten Fall der Ermordung des Journalisten Mauro De Mauro. Der Staatsanwalt war dabei auf die Rolle der CIA und der Mafia beim Anschlag auf den Erdölindustriellen Mattei gestoßen. Möglicherweise hatte er bereits entsprechende Schritte eingeleitet. Fünf Monate nach Coco, am 16. November 1978, wurde der stellvertretende Chefredakteur der Turiner »Stampa«, Carlo Casalegno, Opfer eines Feuerüberfalls, an dessen Folgen er am 29. des Monats verstarb. Auf einem Flugblatt begründeten die BR, daß er ein »verachtenswerter Staatsdiener« war. Oberflächlich betrachtet, paßte das ins grobe Raster. Ein Journalist der FIAT-Zeitung, die gegen die Linken zu Felde zieht, wird »bestraft«. Das Problem lag bei Casalegno indessen tiefer. Auch er hatte nicht gegen den »linken Terror« schlechthin geschrieben, sondern über dessen Hintermänner und Drahtzieher. In einem Artikel hat er vom »gezielten Linksterror« geschrieben und von den dahinter stehenden »Inspiratoren und Koordinatoren«.

Wer Simioni auf der Spur war, wurde umgebracht

War Casalegno Simionis Superclan auf der Spur und wurde deshalb umgebracht? Diese Frage tauchte gut drei Jahre später erneut auf, als am 17. Mai 1980 der Journalist der »Repubblica« Guido Passalaqua erschossen wurde. Er kannte sich im Geheimdienstmilieu aus und hatte in seiner Zeitung die Aussagen des Kollaborateurs Peci (siehe weitere Ausführungen) analysiert. Dabei war er offensichtlich auf den über den BR stehenden Superclan Simionis gestoßen. Am 12. April schrieb er in der »Repubblica«: »Es gibt jemanden weiter oben, eine, zwei, drei Personen, die über die >Kampagnen des Terrorismus< entscheiden. Jemand, der weitaus mehr zu sagen hat als die strategische Leitung der Roten Brigaden. Jemand, der kein Gesicht hat, dessen Name deshalb von Patricio Peci nicht genannt werden kann, weil er ihn nicht kennt. Dieser jemand ist die wahre politische Leitung der Roten Brigaden. Eine mit Sicherheit undurchdringliche Leitung, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die einzige Verbindung zu den Aktivisten durch Moretti hergestellt wird.« Mit diesem Wissen teilte er das Schicksal des zehn Monate vorher erschossenen Herausgebers des »Osservatore Politico« Mino Pecorelli (auch dazu weitere Ausführungen). [48]

Wechsel der Zielperson – von Andreotti zu Moro

Aufschlussreich ist der Wechsel der Zielperson des Anschlags im Frühjahr 1978. Unter Curcio plante die BR-Leitung, eine herausragende Persönlichkeit der regierenden DC zu entführen, um einen entscheidenden Schlag gegen »das Herz des Staates«, wie Franceschini es nannte, zu führen. Zielperson für Curcio, Franceschini und Mara Cagol war Giulio Andreotti. Franceschini charakterisierte ihn prägnant als »Schlüsselfigur des neogaullistischen Planes« einer »reaktionären Wende« und verwies auf die engen Verbindungen zwischen ihm und dem damaligen Chef des Montedison-Konzerns und Präsidenten des Industriellenverbandes Confindustria, Eugenio Cefis, einen der führenden Finanziers der Neofaschisten. Mit der »Achse Cefis-Andreotti«, so Franceschini weiter, wäre »der große Politiker« getroffen worden, »die Aufdeckung eines Komplotts zwischen Wirtschaft und Politik« gelungen. Im Frühjahr 1974 war Franceschini bereits nach Rom übergesiedelt, »um die Entführung Giulio Andreottis vorzubereiten«. [49]
Nachdem Moretti die Führung übernommen hatte, wechselte mit dem Beginn der Tötungsaktionen nicht nur der Brigade-Kurs, sondern auch die Zielperson des »entscheidenden Anschlags«. Sie hieß nun Aldo Moro. Zunächst sei man »aus purem Zufall auf ihn« gekommen, versuchte Moretti diesen strategischen Wechsel in seiner simplen Weise zu erklären. Man habe Andreotti und Moro als »Zwillinge« gesehen. Damit offenbarte er, daß die Führungsbrigadisten der »zweiten Generation« nicht in der Lage gewesen seien, innerhalb der politisch herrschenden Klasse zu differenzieren. Unterschiede, »wenn es sie gab«, seien »zu jener Zeit nicht leicht zu erfassen« gewesen, behauptete Moretti im Gegensatz zu Franceschini, räumte aber ein, »vielleicht haben wir uns in der Einschätzung geirrt, das kann ich nicht völlig bestreiten.« [50]
Im Ergebnis dieses »nicht völlig bestrittenen Irrtums« wurde an Stelle des bedingungslosen Gefolgsmannes der Amerikaner und Exponenten des rechten Flügels der Democrazia Cristiana, als der Andreotti jedem einigermaßen politisch engagierten Linken bekannt war, der linksliberale bürgerliche Reformer und Gegner der rücksichtslosen Einmischung der USA in Italien, Aldo Moro, laut Kissinger der »Allende Italiens« und »gefährlicher als Castro«, Objekt des Anschlags »auf das Herz des Staates«. Bei der Analyse dieses Wechsels und des folgenden Anschlags gegen Moro stößt man zwangsläufig wieder auf den Einfluß des Agenten Corrado Simioni und seines Superclans. »Zu offensichtlich nutzte die Ausschaltung Moros seinen Gegnern, den rechten Christdemokraten um Andreotti und seinen amerikanischen und NATO-Verbündeten, als daß eine Beteiligung der Geheimdienste, vor allem der direkt an die CIA gebundenen geheimen Gladiostruktur, nicht überzeugend wäre«, schrieb Regine Igel. [51]

Franceschini: Wir haben uns »verschaukeln lassen«

In »La Repubblica« schätzte Franceschini am 31. Dezember 1990 ein, daß in den BR »andere Kräfte mitmischten« und erklärte: »Für mich gibt es heute keine Zweifel mehr: die Brigate Rosse wurden instrumentalisiert, nur ein Teil >unserer Aktionen< waren wirklich >unsere<.« Sie hätten sich »damals verschaukeln lassen«, meinte er und geht davon aus, daß »ein geheimes Leitungszentrum« zur Steuerung des Linksradikalismus existierte, das er unter anderem mit dem Hyperion identifizierte. Moretti charakterisierte er als einen Brigadechef, der sich aufführte, als wenn »die Organisation ihm gehöre, ihm allein«, und er verwies auf »seine Irrtümer, seine Doppelzüngigkeit, seinen schäbigen Ehrgeiz«. [52]
Agenten, Agenten
Neben Silvano Girotto und Francesco Marra gab es eine Reihe weiterer Agenten in den BR, die offen enttarnt bzw. bei den Ermittlungen von nicht in die Spannungsstrategie einbezogenen Richtern überführt wurden. Dazu gehörte ein Marco Pisetta, der sich in der Studentenbewegung der Universität von Pisa »der erste Revolutionär Italiens« nannte und seit Anfang der 70er Jahre in den BR aktiv wurde. Bereits 1972 führte der Agent in einem Bericht an den Geheimdienst namentlich alle Chefs der BR, darunter auch Mario Moretti, auf und beschrieb ihre Kolonnenstruktur. In einem Gespräch mit der Zeitung »Il Sabato«, das am 15. Dezember 1990 erschien, sagte Alberto Franceschini zu den Folgen der Arbeit des Agenten: »In diesem Jahr gab es viele Verhaftungen und wenn man gewollt hätte, wäre es schon 1972 möglich gewesen, die BR zu zerschlagen. Aber das geschah nicht.« Als Pisetta in den Brigaden enttarnt wurde, tauchte er mit Hilfe der Polizei unter und reiste später in die Bundesrepublik aus. Pisetta denunzierte viele linke Studenten, Professoren und Arbeiter, bezichtigte sie krimineller Aktivitäten und trat vor Gericht gegen angeklagte Brigadisten auf.
Der SID-Oberst Antonio Cornacchia verfügte während der Moro-Entführung über einen Agenten in den BR namens Paolo Santini, der jedoch für die Ermittlungen nicht aktiviert wurde. Als er Ende 1978 zufällig verhaftet wurde, sorgte Cornacchia unverzüglich für seine Freilassung. [53] Giorgio Galli berichtete über einen in die BR eingeschleusten Spitzenagenten Giovanni Senzani, einen studierten Kriminologen und früheren Berater im Justizministerium. Senzani war wegen Mafia-Kontakten mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

Ex-CIA-Agent Philip Agee enthüllte

Leute, die »wegen früherer strafrechtlicher Verfolgung oder krimineller Verwicklungen« erpreßbar sind, eignen sich besonders zur Einschleusung als Agenten, zitierte der »Espresso« am 30. Januar 1976 den langjährigen CIA-Operations-Mitarbeiter Philip Agee. »Sie dienten zur Informationsbeschaffung, aber auch für alle provokatorischen Operationen und die Organisation von spektakulären Gewaltaktionen wie zum Beispiel die des Anschlags auf den Italicus-Expreß und auf der Piazza Fontana«, so Agee, der mit der CIA gebrochen hatte. Senzani erfüllte alle diese Voraussetzungen. Seit 1970 in den BR aktiv, zählte er schon bald zu den engsten Vertrauten Morettis und nahm an der Planung der Operation Moro teil. Er gehörte zu denen, die fanatisch die Tötungsaktionen vorantrieben, und war persönlich an der Ermordung mehrerer Richter beteiligt. Aus Berichten der Zeitschrift »Panorama« (26. Januar 1981 und 4. November 1990) ging hervor, daß Senzani viermal in Verhaftungsaktionen geriet, darunter einmal kurz nach der Entführung Moros, und jedes Mal unmittelbar danach als einziger wieder freigelassen wurde. Als Moretti im April 1981 verhaftet wurde, trat Senzani seine Nachfolge als BR-Chef an. [54]
Die Parlamentskommission zum Fall Moro befaßte sich mit dem CIA-Agenten Ronald Stark, der Kontakte zu der ultralinken Azione Rivoluzionaria unterhielt. »Nebenbei« befaßte er sich mit Drogenhandel, was ihn 1975 ins Gefängnis brachte. Er wurde in Pisa in dasselbe Gefängnis eingeliefert, in dem auch Renato Curcio und andere Mitglieder des »historischen Kerns« der BR einsaßen. Stark gab sich als Vertrauensmann der Palästinenser aus, unterbreitet den Brigadisten Fluchtpläne und bot seine Hilfe bei der Beschaffung von Waffen und Ausbildung in PLO-Lagern sowie in Libyen an. Der Agent soll umfangreiche Informationen über die BR und ihre Aktivitäten beschafft haben und beim Abfassen von Dokumenten beteiligt gewesen sein. Curcio bezeichnet das zu »90 Prozent als Märchen«. [55] Aber schon zehn Prozent dürften keine schlechte Ausbeute gewesen sein. Dafür sprach auch, daß Stark regelmäßig von amerikanischen Konsularbeamten besucht wurde, die offensichtlich seine Informationen entgegennahmen. Stark wurde 1979 freigelassen und reiste in die USA aus. Als nach der Ermordung Moros gegen ihn ermittelt und seine Auslieferung beantragt wurde, teilte Washington nach wiederholten Anfragen 1984 mit, der Beschuldigte sei verstorben. [56]

Geringe Strafen für Pentiti

Franceschini äußerte sich zur umstrittenen Rolle der Pentiti (Kronzeugen), denen für die Zusammenarbeit mit der Justiz, das heißt für Informationen und anschließende Aussagen über alle Vorgänge in den Organisationen und dann Aussagen dazu in den Prozessen, Strafminderung, oft sogar Straffreiheit gewährt wurde. Insgesamt gab es in den Verfahren gegen die radikale Linke 35 Kronzeugen. Es gab Fälle, daß »reuige« schwere Straftäter straffrei ausgingen, während Angeklagte, gegen die sie aussagten, wegen vergleichsweise geringerer Delikte lange Haftstrafen erhielten. Der Brigadist Antonio Savasta, Leiter der Kolonne in Venetien, gestand mehrere Morde, wurde aber nach knapp zwei Jahren auf Grund seiner Zusammenarbeit mit den Carabinieri aus der Haft entlassen. [57]
Nicht wenige Pentiti wurden verdächtigt, daß sie sich bereits als Brigadisten für die Zusicherung von Straferlaß oder auch Straffreiheit zur Mitarbeit bzw. auch für regelrechte Agentendienste anwerben ließen. Ein solch außerordentlich wertvoller Informant war für die Geheimdienste der bereits erwähnte Patricio Peci, Chef der Turiner Kolonne, einer Spitzengruppe der BR, der als Mitglied der strategischen Leitung weitreichende Kenntnisse über Struktur und Operationen der BR insgesamt hatte. Unter anderem war er eingehend über die Vorbereitung und Durchführung der Entführung und Ermordung Moros informiert und wußte, daß Moretti die Operation leitete. Während Moretti die Agentenrolle Pecis abstritt und in ihm lediglich einen Pentito, wenn auch einen »Superpentito«, sah, der erst nach seiner Verhaftung im Februar 1980 mit der Justiz zusammengearbeitet habe, meinten Franceschini und andere Brigadisten dagegen, daß es sich um einen schon seit längerer Zeit aktiven »Infiltranten« handelte.
Das bestätigte auch Roberto Peci, der Bruder Patricios. Die Carabinieri hätten seinem Bruder »eine gewisse Summe« und »ein neues Leben im Ausland« versprochen. Daraufhin habe er seine Genossen verraten. Roberto Peci wurde trotz seiner Distanzierung angeblich aus Rache an dem Verrat seines Bruders von den BR erschossen. [58] Sergio Flamigni schätzte aus seiner Arbeit in der Moro-Kommission ebenfalls ein, daß Patricio Peci bereits während seiner Brigadezeit angeworben wurde. Peci habe zu den Brigadisten gehört, die von Moretti nach der Übernahme der Führung in die BR aufgenommen wurden. Nach seiner Verhaftung habe Peci gestanden, acht politische Morde begangen zu haben, sei aber nur zu zehn Jahren Haft verurteilt worden und durfte das Gefängnis bereits 1983 verlassen. [59]

50 Brigadisten den Geheimdiensten denunziert

Die nach seiner Verhaftung in den Medien großaufgemachten Aussagen Pecis, die 70 Seiten umfassten und die Namen von 50 Brigadisten und anderen Linksradikalen enthielten, waren demnach den Geheimdiensten seit langem bekannt. Dass jetzt energisch zugeschlagen wurde, ergab sich daraus, dass die BR ihre Rolle bei der Liquidierung Moros und der Verschiebung der Regierungsachse nach rechts ausgespielt hatten, und zum anderen, um das Versagen der Ermittlungsbehörden vergessen zu machen und das ramponierte Ansehen der Sicherheitsbehörden wiederherzustellen. Die meisten der von Peci denunzierten Brigadisten wurden jetzt verhaftet. Vier der verratenen Mitglieder der Genueser Kolonne wurden nachts in ihrem Stützpunkt überfallen und im Schlaf erschossen. Ohne Zweifel wollte man unliebsame Mitwisser ausschalten. Der Anwalt Eduardo Arnaldi, den Peci der Komplizenschaft mit den BR beschuldigte, erschoß sich bei der Festnahme. [60]

Hunderte unschuldige Opfer der Spannungsstrategie

Der so angeheizte Terror der Spannungsstrategie führte zu einer von Monat zu Monat, von Jahr zu Jahr zunehmenden Zahl von Attentaten, die das ganze Land erfassten und oft mit Massenmord endeten. Von 150 Anschlägen 1969 stieg ihre Zahl 1978 auf fast 2400 an. In dieser Zeit kamen Hunderte unschuldige Menschen ums Leben, wurden Tausende verletzt. Zwischen 1969 und 1984 forderte der von den Spannungsstrategen mit aktiver Teilnahme der Neofaschisten entfesselte Terror allein in der »roten Emilia«, wo Kommunisten und Sozialisten die Landesregierung bildeten und die meisten Städte und Gemeinden beherrschten, 140 Tote und ein vielfaches an Verletzten. 85 Tote und über 200 Verletzte gab es bei nur einem einzigen Attentat, jenem auf dem Hauptbahnhof in Bologna im August 1980.

Schwarzer Terror unter pseudorevolutionärem Etikett

Gemäß den CIA-Instruktionen wurden jedoch nicht nur in großer Zahl V-Leute und neofaschistische Agenten in linksradikale Gruppen eingeschleust, um diese zu gewaltsamen Aktionen anzustacheln, sondern schwarzer Terror auch pseudorevolutionär getarnt, durch Agenten selbst »linksextreme« Gruppen gebildet oder bestehende neofaschistische Terrorbanden auch einfach auf »linksradikale« Namen umgetauft. Nachdem im März 1973 ein neofaschistisches Attentat auf den D-Zug Genua-Rom gescheitert war, wurde bekannt, daß zuvor in dem Zug Neofaschisten vor den Reisenden demonstrativ mit Zeitungen und Flugblättern von Lotta Continua und Potere Operaio aufgetreten waren, um entsprechende Spuren zu hinterlassen.
Am 17. Mai 1973 explodiert in der Via Fatebenefratelli (Macht es gut, Brüder) in Mailand vor der Questura eine Zeitzünderbombe, die vier Menschen tötete und 47 schwer verletzte. Im Polizeipräsidium wurde zu dieser Zeit Innenminister Mario Rumor erwartet. Er entging dem Anschlag nur, weil er verspätet eintraf.

Geheimdienstagent tarnte sich als Anarchist

Am Tatort wurde der Neofaschist Gianfranco Bertoli verhaftet, der bereitwillig aussagte, er sei Anarchist und habe den Tod seines Freundes, des Anarchisten Pinelli [61] rächen wollen. Als »Beweis« zeigte er ein auf seinem Arm eintätowiertes A, das Symbol der Anarchisten. In langwierigen Ermittlungen fand der Untersuchungsrichter Giovanni Tamburino heraus, daß Bertoli bereits unter General De Lorenzo und später unter Miceli als Geheimdienstagent tätig war. Er war auch an dem Anschlag auf der Piazza Fontana beteiligt. Nach der Aufdeckung von Gladio 1991 wurde bekannt, dass er auch der geheimen NATO-Armee angehörte und die bei dem Anschlag in Mailand benutzte Bombe aus Gladio-Beständen beschaffte. Bertoli wurde wegen des Attentats zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. [62]
Allein die Aufzählung der Beweise für die Organisation des links getarnten faschistischen Terrors würde Bände füllen. Am 20. April 1975 berichtete die IKP-Zeitung »Unita«, daß »linke Unruhen« in Mailand, die zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei führten, von Neofaschisten organisiert wurden, die vorher ins linksradikale Lager gewechselt waren. Die Mailänder Zeitschrift »Giorni« berichtete in ihrer Nr. 16/1977, daß die CIA unter Studenten italienischer Universitäten Agenten anheuerte und sie dann an die John Hopkins-University in Kalifornien einlud, wo sie entsprechend ausgebildet wurden. Nach Italien zurückgekehrt, schleuste man sie in ultralinke Gruppen ein, in denen sie terroristische Aktionen organisierten oder auch selbst leiteten. Die Zeitschrift enthüllte, daß in die Autonomia Operaia eingedrungene Agenten kurz vorher in der »roten Hochburg« Bologna, wo ein kommunistischer Bürgermeister regierte, die bis dahin größten Ausschreitungen gegen die Bildungsmisere, für soziale und demokratische Reformen angeheizt hatten. »Giorni« zitierte Zeugen, daß vor Beginn der Ausschreitungen aus Rom, Bari und Palermo Züge mit Neofaschisten nach Bologna kamen.
An den »extremistischen Umtrieben« seien auch Agenten des BND beteiligt gewesen. »Wenn heute in Italien gemordet (…) und versucht wird, die Demokratie zu Grabe zu tragen, dann auch dank der Hilfe des BND aus der Bundesrepublik Deutschland«, hieß es in dem »Giorni«-Bericht. Angesichts der Bürgerkriegspsychose, die der kommunistisch-sozialistischen Stadtverwaltung angelastet wurde, frohlockte das neofaschistische »Secolo d’Italia« am 26. und 29. März: »Vielleicht haben wir den Abgrund erreicht. Das käme sehr gelegen, denn in der Angst müßten sich die Italiener endlich entschließen, mit der Kraft der Rechten zu kämpfen.« Das Blatt forderte, »einen starken Staat als einzige Alternative gegen den Kommunismus« zu errichten.

Neofaschisten unter pseudorevolutionären Namen

Ähnlich wie in Bologna mischten sich einige Zeit später in Rom bei Überfällen auf Gewerkschaftsveranstaltungen Mitglieder der neofaschistischen Universitätsfront FUAN unter die Autonomisten und heizten die Ausschreitungen an. Der römische »Messaggero« berichtete am 8. April 1978 über Diebstähle, Sprengstoffanschläge und Verwüstungen an Schulen, die von Neofaschisten begangen wurden, die am Tatort Flugblätter mit dem Zeichen der Brigate Rosse zurückließen. Immer öfter tarnten sich neofaschistische Terrorgruppen mit pseudorevolutionären Namen. So nannte sich in Bari eine neofaschistische Organisation »nationale sozialistische Ordnung«, in Catania eine Gruppe »nationale Befreiungsfront« und in Rom tauchte eine den ultralinken »bewaffneten proletarischen Zellen« zum Verwechseln ähnliche neofaschistische Gruppe auf, die sich als »bewaffnete revolutionäre Zellen« bezeichnete.
Zum Zusammenwirken mit dem BND führte Flamigni eine Koordinierungstagung an, die am 19. Januar 1973 in Köln, am Sitz des Verfassungsschutzes, stattfand. Das Thema der Beratung lautete: »Die Infiltration in terroristische Gruppen der BR und der RAF und in außerparlamentarische linksextremistische Gruppen«. Der Leiter der italienischen Abordnung vom Ufficio per gli Affari riservati (Büro für vertrauliche Angelegenheiten) des Innenministeriums, Francesco D’Agostino, referierte über »Erfahrungen bei der Sammlung von Informationen über terroristische Gruppen«. Zur italienischen Abordnung gehörten Oberst Manlio Augello und Hauptmann Giorgio Angeli vom SID. Wie Flamigni in diesem Zusammenhang enthüllte, wurde bei den parlamentarischen Untersuchungen auch bekannt, daß ein in die RAF eingeschleuster deutscher Agent als Kontaktmann zu den BR fungierte. Auf der Kölner Tagung wurde festgelegt, die Informationen, die solche Agenten sammeln, auszutauschen. [63] Der Gladio-General Gerardo Serravalle, der nach der Aufdeckung der geheimen NATO-Struktur mit der Justiz zusammenarbeitete, sagte aus, dass zu den bevorzugten Objekten der Infiltration und verdeckter Operationen der Geheimdienste die Brigate Rosse gehörten. [64]

Höhepunkt: der pseudorevolutionär getarnte Mord an Aldo Moro

Als Aldo Moro und IKP-Generalsekretär Berlinguer ihren Historischen Kompromiss verwirklichen wollten, wurde das in Washington geplante Komplott gegen den DC-Vorsitzenden eingeleitet, als dessen Handlanger sich die Brigate Rosse hergaben. Ein Blick auf die dramatischen 55 Tage von der Entführung am 16. März bis zum Mord am 9. Mai 1978 verdeutlicht auch hier, dass die Akteure dieses Komplotts der Spannungsstrategie die CIA, die NATO-Truppe Gladio mit italienischen Geheimdienst- und Armee-Kreisen, den MSI-Faschisten und Komplizen wie US-Außenminister Kissinger und Ministerpräsident Giulio Andreotti waren. Die von Geheimdienst-Agenten unterwanderten und manipulierten linksextremen Brigate Rosse wurden dazu als Werkzeuge benutzt. Das Entführungs-Kommando der BR in der Via Fani in Rom wurde von wenigstens einem hochqualifizierten Militärspezialisten flankiert, der das Begleit-Kommando Moros liquidierte.

P2 verhinderte Befreiung Moros

Ministerpräsident Andreotti lehnte von den Entführern geforderte Verhandlungen – bis dahin immer geführte und auch danach wieder gängige Praxis – ab und lieferte seinen Partei-Vorsitzenden dem sicheren Tod aus. Wie Flamigni nachwies, bildete die Ablehnung von Verhandlungen die Begründung, dass die Brigadisten Moretti und Galinari Moro umbringen sollten. Im Plan der Organisatoren »war von Anfang an vorgesehen, dass Moro sterben müsse«. [65] Um in der Regierungsmehrheit verbleiben zu können, schloss die IKP sich dieser Linie zunächst an und überließ ihren Bündnispartner seinem Schicksal.
Um der Alleintäterschaft der BR einen glaubhaften Anschein zu vermitteln, bremste die P2 nach der Entführung Moros mit ihren 57 Mitgliedern in den Sicherheitsstäben die Fahndung, die das »Gefängnis« der BR aufspüren und den DC-Vorsitzenden befreien sollte. Wie die bereits erwähnten Experten Antonio und Gianni Cipriani aufdeckten, beobachtete der Chef des Militär-Geheimdienstes SISMI, P2-Mitglied Oberst Camillo Guglielmi, auf dem NATO-Stützpunkt Capo Marrargiu auf Sardinien Leiter der Ausbildung verdeckter Agenten in den BR, in der Via Fani die Entführung. Im Polizeipräsidium verzögerte der diensthabende Kommissar die Fahndung. Der Direktor des römischen Fernsprechamtes unterbrach für eine Stunde die Telefonverbindungen, was das unentdeckte Entkommen der Entführer ermöglichte. SISMI-Chef Giuseppe Santovito unterschlug einen Hinweis auf vier an der Entführung beteiligte Brigadisten.
Verfassungstreue Mitarbeiter versuchten, die Öffentlichkeit zu informieren. Ein Offizier spielte »La Repubblica« eine Nachricht zu, welche die Zeitung zwei Tage nach der Entführung veröffentlichte. Sie besagte, dass die Entführung Moros und die Ermordung des Begleitkommandos »eine militärische Aktion« war, ein »Glanzstück an Perfektion«, die nur »von Militärs mit ausgetüftelter Spezialausbildung oder von Zivilisten, die in für Kommandounternehmen spezialisierten Militärstützpunkten einem langen Training unterzogen wurden, durchgeführt werden konnte«. Der Kommandeur der Gladio-Division, General Gerardo Serravalle, bestätigte nach der Aufdeckung der NATO-Truppe 1991 in seinem Buch »Gladio« die Angaben.
Hier sind die Ausführungen Morettis zur Liquidierung der Begleiter Moros einzublenden. Nachdem er die Alleintäterschaft des von ihm angeführten BR-Kommandos beansprucht hatte, führte er diesen Anspruch dann geradezu ad absurdum. Im »Interview« von Rossana Rossanda gefragt, wo die Brigadisten »mit solcher Präzision zu schießen« gelernt hätten, antwortete er: »Übertreiben wir es nicht mit der Präzision. Mit unseren hochgelobten Fähigkeiten und der militärischen Präzision war es nicht so weit her.« Schießübungen hätte es »nur gelegentlich« gegeben und immer nur »im Rahmen der Kampfaktionen«. Für »die Entführung von Moro machten wir noch nicht einmal das, denn die Genossen, die mit der Durchführung der Aktion beauftragt waren, kamen aus unterschiedlichen Kolonnen, aus verschiedenen Gegenden Italiens«, erklärte er und fügte hinzu: »Wir haben sehr wenig geübt, in zehn Jahren habe ich nur ein paar Mal mit der Maschinenpistole geschossen. Ich kenne bei den BR keine herausragenden Schützen.« Man erfährt noch, dass die MPi des Brigadisten Morruci als auch die von Bonisoli während des Überfalls Ladehemmung hatte. Eine der beiden Waffen sei eine Zerbino gewesen, die noch aus Mussolinis Sàlo-Republik stammte. Morruci wechselte nach der Ladehemmung »das verklemmte Magazin seiner Maschinenpistole, schoß eine zweite Salve«, so Moretti weiter. [66]
Dieses Interview-Buch erschien 1996. Moretti war zu sechsmal Lebenslang verurteilt worden. [67] Milde hatte es ihm gegenüber, der ein gefügiger Vollstrecker der Spannungsstrategie der CIA gewesen war, nicht gegeben. Die Zusammenhänge dürften ihm in bestimmter Weise klar geworden sein. Er schwieg darüber. Aber einige seiner Ausführungen in dem Interview, auf diese Meinung bin ich bei meinen Recherchen wiederholt gestoßen [68], sollten wohl die offiziell bezogene Haltung der Alleintäterschaft zumindest in Frage stellen.

Mit Gladio-Munition erschossen

Am Tatort gefundene 39 Patronenhülsen waren mit Speziallack überzogen, mit dem die Munition für Gladio-Einheiten präpariert wurde. Sie verschwanden spurlos aus dem Innenministerium. Ein Hinweis auf einen BR-Stützpunkt in der Via Gradoli wurde ebenfalls ignoriert. Dort hielt sich tatsächlich Mario Moretti auf. Die Wohnung hatte ein Mitarbeiter des zivilen Geheimdienstes SISDE angemietet. Erst nachdem Moretti den Stützpunkt geräumt hatte, wurde er ausgehoben. Staatsanwalt Luciano Infelisi ließ Fotos von der Entführung, die der Besitzer einer Kfz-Werkstatt in der Via Fani geistesgegenwärtig gemacht hatte und auf denen alle beteiligten Brigadisten unmaskiert zu sehen waren, verschwinden.
MSI-Führer Almirante bezichtigte die DC des Paktierens mit den Kommunisten. Sie sei unfähig, »Sicherheit und Ordnung« zu garantieren und liefere das Land »der kommunistischen Gewalt« aus. In Washington rief er, wie das MSI-Blatt »Secolo d’Italia« am 30. April berichtete, zum »globalen Kampf gegen den Kommunismus« auf und propagierte »die Errichtung eines Regimes, das wie unter Hitler und Mussolini den Klassenkampf beseitigt«.
Moro wurde zumindest zeitweise auf einem Gladio-Stützpunkt bei Rom untergebracht. In seinen Hosenaufschlägen wurde Sand gefunden, der von den Tolfa-Hügeln nördlich von Rom stammte, wo sich ein Stützpunkt der NATO-Truppe befand. In BR-Dokumenten war der Palazzo Orsini des Adelssprosses Onorato Caetani vermerkt. Die Caetanis gehörten dem Orden der Cavalieri di Malta an, von dem wiederum 27 Ordensbrüder P2-Mitglieder waren. In der Via Caetani, in welcher der Wagen mit der Leiche Moros abgestellt wurde, befand sich die Residenz des Botschafters des Ordens, Prinz Johannes Schwarzenberg. Er und seine Frau kamen nach dem Mord an Moro bei einem Autounfall ums Leben. Der Diplomat habe vorgehabt, sich zu den Ereignissen zu äußern.

Mit Pro Deo war der Vatikan immer dabei

Komplize des pseudorevolutionär getarnten Terrors der BR war kein Geringerer als der Geheimdienst des Vatikans Pro Deo. Als der Beginn der Operation Moro sich näherte, wurde Anfang 1978 in Rom eine Zweigstelle des Hyperion-Instituts eingerichtet. Sie wurde in der Via Nicotera Nr. 26 in einem Gebäude untergebracht, in dem sich mehrere verdeckte Büros des Geheimdienstes SISMI befanden. Den römischen Stützpunkt leitete ein gewisser Innocente Salvoni, eine illustre Person aus dem CIA-Milieu am Quai de la Tournelle in Paris. Er war mit Françoise Tuscher verheiratet, die Sekretärin am Hyperion-Institut und eine Nichte des zum Pro Deo gehörenden Abbé Pierre, einem der Vorsteher des Hyperion, war. Der katholische Weltgeistliche führte den bürgerlichen Namen Henri Maria Joseph Grouès, war Ritter der Ehrenlegion und als Vertreter der Zentrumspartei von 1945-51 Abgeordneter der französischen Nationalversammlung und Mitglied ihres Verteidigungsausschusses gewesen. Der Abbé befand sich am 16. März ebenfalls in Rom. Salvoni war auf einigen der Fotos zu erkennen, die in der Via Fani von den Entführern Moros gemacht wurden. Abbé Pierre sorgt dafür, daß Salvonis Ablichtung beseitigt wurde. Der Chef der römischen Ermittlungen, Staatsanwalt Infelisi, ließ alle Fotos vom Tatort verschwinden. [69]
Der illustre Abbé Pierre alias Grouès kam Jahre später in den Verdacht, an »vorderster Front« die Fäden im Mordfall Moro gezogen zu haben. Das Vorstandsmitglied der DC Flamini Piccoli sagte vor der Parlamentskommission aus, daß es eine »unvorstellbare Person« auf »elitärem Niveau« gab, die Moretti und Gallinari »in den Fragen des Gefängnisses und des >Prozesses< gegen Moro zur Seite gestanden« habe. [70] »La Repubblica« schrieb am 14. März 1993, der Untersuchungsrichter Mastelloni teilte diese Meinung und sah diese »mysteriöse Person« an das Hyperion-Institut gebunden. Auch wenn nähere Angaben nicht gemacht wurden, war es ein deutlicher Hinweis auf den mit dem vatikanischen Geheimdienst Pro Deo liierten Abbé Pierre.

Der Prozess gegen Moretti und die wichtigsten BR-Chefs

Am 24. Januar 1983 wurde vor dem Corte d’assise (Schwurgericht) in Rom der dritte Prozeß gegen die Brigate Rosse abgeschlossen. Angeklagt waren die zweite Generation, deren wichtigste Chefs inzwischen verhaftet worden waren, darunter zuletzt am 4. April 1981 auch Moretti. Gegenstand der Anklage waren die Delikte zwischen 1977 und 1980. Darunter 17 Morde, eingeschlossen der an Moro und seinem fünfköpfigem Begleitkommando, elf Mordversuche, vier Körperverletzungen, vier Entführungen, vier Anschläge auf Sachwerte sowie vier Raubüberfälle. Vor Gericht standen insgesamt 63 Brigadisten. 23 von ihnen waren der Entführung, Bewachung und Ermordung Moros angeklagt, von denen 18 lebenslängliche Haftstrafen erhielten. Insgesamt ergingen 59 Urteile, davon 32 Mal lebenslänglich.
In dem Verfahren kam nahezu alles zur Sprache, was die BR als alleinige Täter überführen sollte, wurde alles vertuscht, was die Hintermänner des Komplotts betraf. Der den Prozeß autoritär beherrschende Gerichtsvorsitzende, Severino Santiapichi, ignorierte die Ergebnisse der parlamentarischen Untersuchungskommissionen zum Fall Moro sowie zur Geheimloge P2, die deutlich die Verantwortung höchster Regierungskreise sowie der Geheimdienste und der Polizei bis hin zum damals amtierenden Ministerpräsidenten Andreotti für den Tod des Parteiführers aufgezeigt hatten, und stellte diesen im Gegenteil gerichtsoffizielle Persilscheine aus. Die simple Frage, die man jedem Kriminalanwärter auf der Polizeischule beibringt, wer hatte ein Mordmotiv, »wie viele wollten Aldo Moros Tod«, wurde während des ganzen Prozesses mißachtet, stellt der bekannte Strafrechtler Stefano Rodotâ in einer Prozeßanalyse fest, die von »La Repubblica« veröffentlicht wurde.
Zu den haarsträubendsten Sentenzen, von denen die Urteilsbegründung strotzte, gehörte die folgende: »Es gibt nicht einen Beweis, nicht ein einziges Indiz, nicht eine einzige Seite im gesamten Prozeß, die zu der Hypothese berechtigen würde, beim Fall Moro handele es sich um eine Verschwörung des >Palazzo<. [71] Das Regiebuch der Untaten im Fall Moro wurde von den BR angeordnet, und nichts kann andere Mutmaßungen rechtfertigen.« Die Vorsitzende der P2-Kommission des Parlaments, die Christdemokratin Tina Anselmi, hatte dagegen unzweideutig eingeschätzt, daß »das völlige Versagen unseres Sicherheitsapparates während der Affäre Moro mit der P2-Mitgliedschaft der fünf Mitglieder des Komitees, das für die Fahndung verantwortlich war – darunter die beiden Chefs der Geheimdienste -, in einem Zusammenhang steht.« [72]
Einen »alarmierenden Zusammenhang mit ausländischer Komplizenschaft« sah Santiapichi nur in Verbindung zu auswärtigen bewaffneten Gruppen – zur RAF, zur ETA, zur IRA und zur PLO. Tabu war ebenfalls die enge Zusammenarbeit, die italienische Dienste mit ihren bundesdeutschen Kollegen bei der Einschleusung von Agenten in linksextreme Gruppen wie die BR und die RAF gepflegt hatten, wie am Beispiel der Kölner Tagung des SID und des BND 1973 dargelegt wurde. [73]
Lediglich bezüglich der italienischen Geheimdienste kam das Schwurgericht angesichts der erdrückenden Beweise nicht umhin, Kritik, wenn auch völlig anonym, anzudeuten. »Sie waren zerstückelt, psychologisch blockiert, desorganisiert, gar mit Angelegenheiten beschäftigt, die außerhalb ihrer institutionellen Aufgaben liegen«, hieß es. Kein Wort fiel auch dabei zu Andreotti, der diese Desorganisation, diese Zerstückelung und psychologische Blockierung bewusst herbeigeführt hatte.

Wo wurde Moro versteckt gehalten?

Zu den skandalösesten Fakten des Prozessverlaufs gehörte, dass kein Wort darüber fiel, wo Moro während der 55 Tage der Geiselhaft versteckt gehalten wurde. Die sonst gesprächigen Brigadisten, von denen einige als Pentiti auftraten, schwiegen sich dazu beharrlich aus. Im Gegensatz zu den erwähnten Fahndungsergebnissen wurde behauptet, dazu sei nichts zu Tage gebracht worden. Luigi Pintor [74] bezeichnete das »Geheimnis um Moros Aufenthalt« im »Manifèsto« als »die Metapher eines nichtexistenten Gefängnisses« und hielt fest: »Man erkläre mir nur eins: Wie kann man eine Untersuchung ernst nehmen, eine Verhandlung, ein Urteil, wenn im Laufe von fünf Jahren trotz Verhaftungen, Anklagen, Verhören, Gegenüberstellungen und Geständnissen und am Ende von 59 Schuldsprüchen und 32mal lebenslänglich nicht herausgefunden worden ist, wo der Abgeordnete Moro 55 Tage lang eingesperrt war?«
Zu dieser Vertuschung gehörte, dass jegliche Ermittlungsergebnisse, die Verbindungen von Brigadisten mit den Geheimdiensten belegten, mit keinem Wort zur Sprache kamen. Zu den nicht wenigen sichergestellten Beweisen gehörte das Notizbuch des nach Moretti führenden Brigadisten Valerio Morruci, in dem zwei brisante Telefonnummern standen. Die des Leiters für Innere Sicherheit des SISMI, General Giovanni Romeo, und die von Kommissar Antonio Esposito, Mitglied der P2 und am Tag der Entführung Moros diensthabender Offizier im römischen Polizeipräsidium. Die Nummern standen in keinem öffentlichen Telefonbuch.

Zum Schweigen gebracht

Unter den Angeklagten befanden sich Brigadisten, die Moro im »Volksgefängnis« bewacht hatten. Damit stellte sich ein weiteres Mal die Frage, warum diese, die sich im Klaren darüber sein mussten, daß sie sich in irgendeiner Weise mit den Geheimdiensten eingelassen hatten oder ihnen zumindest in die Falle gegangen waren, dazu beharrlich schwiegen. Dieser Frage wurde in allen seriösen italienischen Quellen nachgegangen. Antonio und Gianni Cipriano nennen als Grund, daß die Brigadisten um »ihr Leben fürchteten«. [75] Was die Autoren feststellten [76], ist durchaus ernst zu nehmen. Mitwisser, die nicht schweigen wollten, Ermittler, die den Drahtziehern der Spannungsstrategie zu nahe kamen, Journalisten, die Verschwörungen enthüllten, verschwanden zu Dutzenden, kamen bei Unfällen ums Leben, wurden einfach erschossen. Dass sie (die Brigadisten) alle schweigen, »kann nur eins bedeuten, dass mit dem Gefängnis der gesamte Hintergrund des Falles Moro aufkommen würde«, erklärte der sozialistische Senator und Mitglied der Moro-Kommission Luigi Covatta. [77] In diese Sicht der Dinge passte schließlich, was der SISMI-General Giovanni Romeo vor der Parlamentskommission aussagte. Wenn etwas bekannt würde, »müssten sie es teuer bezahlen«.

Wende nach rechts

Im Ergebnis des von der CIA inszenierten Mordkomplotts gegen Aldo Moro, dem die Brigate Rosse als willige Werkzeuge gedient hatten, kam es zu einer reaktionären Wende, deren Auswirkungen mit der tiefgehenden Krise der Linken bis in die Gegenwart reichen. Der von den BR bekämpfte Historische Kompromiss der IKP scheiterte. Im Januar 1979 verließ die Partei die von der DC angeführte Regierungskoalition. Es gab keinerlei soziale oder ökonomische Reformen. Statt einer Zurückdrängung der faschistischen und rechten Gefahr (eines der Hauptargumente bei Gründung der BR), kam es zu einer Verschiebung der Regierungsachse nach rechts, erhielten in der DC rechte und mit den Faschisten paktierende Kräfte den bestimmenden Einfluss auf die Politik. Der politische Einfluss der IKP ging spürbar zurück. In den folgenden Jahren verlor sie etwa ein Drittel ihrer 2,2 Millionen Mitglieder. Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Juni 1979 war ihre Stimmenzahl zum ersten Mal seit Kriegsende rückläufig. Sie verlor gegenüber 1976 mit einem Schlag fast vier Prozent ihrer Wähler, bis 1987 rund acht. Das war auch ein Ergebnis der antikommunistischen Hetze, in der die Partei als Urheberin des Terrors der BR diffamiert wurde. Die IKP sprach sich, wenn auch sehr zurückhaltend, wieder für eine linke Regierungsalternative aus.
Es setzte eine Welle der Repression, die sich mit aller Wucht vor allem gegen linke und als linksradikal apostrophierte Intellektuelle richtete. Der Jagd auf sie fielen ganze Universitätsfakultäten zum Opfer. In Padua befand sich darunter fast der gesamte Lehrkörper für politische Wissenschaften. Der angesehene Professor Antonio Negri wurde angeklagt, Chef der RB zu sein und die Entführung Moros organisiert zu haben. Tausende Linksradikale, viele von ihnen, ohne sich eines Vergehens strafbar gemacht zu haben, wurden in die Gefängnisse geworfen, zirka 100.000 Personen von den polizeilichen Ermittlungen erfasst, rund 40.000 angeklagt, etwa 15.000 verurteilt.

Nachbetrachtungen

Über welch hohe Protektion Simioni verfügte, verdeutlichte ein skandalöser Vorgang ohnegleichen im November 1992. Der Top-Agent wurde in Rom im Vatikan vom polnischen Papst Karel Wojtyla alias Johannes Paul II. in Privataudienz empfangen, begleitet von Abbé Pierre. Moro hatte in seinen Abschiedsbriefen bekanntlich auch Wojtylas Vorgänger Paul VI. persönlich als mit für seinen Tod verantwortlich bezeichnet. Wojtyla war selbstredend auch ein erbitterter Gegner des mit den Kommunisten zusammenarbeitenden DC-Vorsitzenden und das nicht erst, seitdem er im August 1978 den Papstthron bestiegen hatte. In seinem fanatischen Antikommunismus scheute er sich nicht, die Fäden der Zusammenarbeit mit der CIA und ihren italienischen Gehilfen persönlich in die Hand zu nehmen. Die Vatikan-Experten Carl Bernstein und Marco Politi enthüllten, dass sein »Verbindungsoffizier« zur CIA kein geringerer als der berüchtigte Experte der Spannungsstrategie, General Vernon Walters, war. [78]

Neuer Einsatz bei der Solidarnosc Leszek Walesas

Die späte Ehrung des eigentlichen BR-Chefs Simioni hing mit einem neuen Einsatz zusammen, den der Agent inzwischen absolviert hatte. Er war, wie einem Bericht des »Corriere della Sera« vom 14. März 1993 zu entnehmen war, nach der »Operation Moro« als Verbindungsmann des Vatikans (wahrscheinlich, wie aus der Begleitung zur Papstaudienz durch Abbé Pierre geschlußfolgert werden konnte, im Auftrag des päpstlichen Geheimdienstes Pro Deo) bei der Solidarnosc Leszek Walesas eingesetzt worden. Über die Papstaudienz für Simioni wurde der Mantel des Schweigens gehängt. Sie wurde in Rom erst durch einen Bericht des »Espresso« fünf Monate später, am 28. März 1993, bekannt. Laut dem P2-Bankier und Finanz-Manager des Vatikans Roberto Calvi (auch Bankier Gottes genannt) ließ der Vatikan unter Wojtyla der Solidarnosc mehr als eine Mrd. US-Dollar zukommen. Über 100 Millionen Dollar habe Wojtyla selbst berappt. [79]

Auch Berlusconi ein Ergebnis

Wie die Publizisten Giovanni Ruggeri und Mario Guarino in ihrem Buch »Silvio Berlusconi – Inchiesta sul signor Tv« (Mailand 1994) beweiskräftig nachwiesen, wurde der von der P2 mit dem Mord an Moro geplante kalte Staatsstreich im April 1994 mit der Bildung einer faschistisch-rassistischen Regierung unter dem Mitglied ihres Dreierdirektoriums Silvio Berlusconi realisiert.

USA kannten Moros »Gefängnis«

Am 23. Oktober 2007 veröffentlichte die kommunistische »Liberazione« [80] eine Erklärung von Giovanni Galloni, zur Zeit der Entführung Moros Vizesekretär der DC, dass »die Vereinigten Staaten wussten, wo Aldo Moro gefangen gehalten wurde«. Er bestätigte, dass fünf in die BR eingeschleuste Agenten »die Kulisse der Geheimdienstoperation« gebildet hatten.

Anmerkungen:

[1] Nebenbei sei angemerkt, dass ich in “Analyse & Kritik“ als früherer Journalist der DDR von westdeutschen Berufskollegen diffamiert wurde, wenn es hieß, Feldbauer betreibe „eine Fortsetzung seines alten DDR-Journalismus“. Es genügt auf meine Publikationen zu verweisen, in denen ich frühere Einschätzungen „auf den Prüfstand“ gestellt habe, die das eindeutig widerlegen, darunter „Umbruchsjahre in Italien. Als Auslandskorrespondent in Rom 1973 bis 1979“, Papyrossa-Verlag, Köln 2019.
[2] Uljanow, bürgerlicher Name Lenins.
[3] Siehe W. I. Lenin. Biographie. Berlin/DDR 1982, S. 29, auch Unser Bruder Wolodja. Berlin/DDR 1956, S. 20 ff.
[4]  Agenten, Terror, Staatskomplott, S.142f.
[5] Movimento Sociale Italiano. Unter diesem Namen wurde am 26. Dezember 1946 die verbotene faschistische Partei Mussolinis wieder gegründet. Nebenbei bemerkt, bekennt sich die im Oktober 2022 an die Regierung gekommene Georgia Meloni zum MSI, dessen Vorsitzende der Jugend-Organisation sie lange Zeit war, ihre 2012 gegründete Partei Brüder Italiens (FdI) eine Nachfolgerin des 1994 in Alleanza Nazionale (AN) umbenannten MSI ist und sie in ihrem Parteiemblem die aus dem Sarg lodernde Flamme, die die Seele Mussolinis verkörn soll, führt. Buch des Autors: Georgia Meloni und der italienische Faschismus, PapyRossa, Köln 2023.
[6] Die nach dem Sturz Mussolinis im Juli 1943 und der Okkupation Nord- und Mittelitaliens durch die Hitlerwehrmacht unter ihrem Besatzungsregime proklamierte Repubblica Sociale Italiana (RSI, die nach ihrem Sitz in Sàlo am Gardasee kurz so bezeichnet wurde).
[7] Borghese war unter Mussolini in der RSI Chef der berüchtigten Decima Maas, der zur Partisanenbekämpfung eingesetzten 10. Torpedoboot-Flottille. Er wurde 1946 wegen wenigstens 800fachen Mordes als Kriegsverbrecher verurteilt, aber im Rahmen der so genannten »Amnestie der Versöhnung« bereits 1947 begnadigt.
[8] Giorgio Galli: Il Partito armato. Gli »Anni di piombe« in Italia, 1968-1986. Mailand 1993, S. 58.
[9] Renato Curcio/Mauro Rostagno: Fuori dei Denti. Neuauflage Mailand 1980, S. 85 f.
[10] Stefan Seifert: Lotta armata. Bewaffneter Kampf in Italien. Die Geschichte der Roten Brigaden. Berlin, Amsterdamm 1991, S. 31 f.
[11] Ebd. S. 50.
[12] Renato Curcio: Mit offenem Blick. Berlin 1997, S. 10 f.
[13] Sergio Flamigni: Convergenze parallele. Le Brigate Rosse, i Servici segreti e il Delitto Moro. Mailand 1998, S. 98. Der Autor war als Vertreter der IKP, später Linkspartei PDS, Mitglied der Parlamentskommission zur Untersuchung des Mordes an Aldo Moro. Er hat dazu fünf Bücher verfasst. Siehe ferner Seifert, S. 37 ff.
[14] Mario Moretti: Brigate Rosse. Eine italienische Geschichte. Interview von Carla Mosca und Rossana Rossanda. Hamburg 1996, S. 200.
[15] Der Autor war von 1973 bis 1979 Korrespondent der
Nachrichtenagentur „ADN“ der DDR in Rom.
[16] Der Zeitpunkt des Überfalls und der Entführung Aldo Moros am 16. März 1978.
[17] Die Meinungen, ob Moretti ein angeworbener Agent war oder er in die Falle der Geheimdienste geriet, sich dessen dann bewusst wurde, gar meinte, in seinem fanatischen Hass auf die IKP die Manipulierung nutzen zu können, sind geteilt. Auskunft darüber gibt das erwähnte Interview-Buch von Rossana Rossanda und Carla Mosca. Diese divergierenden Ansichten werden bei den Darlegungen zu Moretti reflektiert.
[18] Office of Strategic Service, Vorläufer der CIA.
[19] Roberto Faenza, Marco Fini: Gli Americani in Italia. Mailand 1976, S. 263.
[20] Daniele Barberi: Agenda nera, Trent’Anni di Neofascismo in Italia. Rom 1976, S. 89.
[21] Flamigni: Convergenze parallele, S. 115.
[22] Antonio und Gianni Cipriano: Sovranita limitata. Storia dell‘ Eversione atlantica in Italia. Rom 1991, S. 201 f.
[23] Versuchte 1973/74 mit NATO-Hilfe und der MSI ein faschistisches Regime nach dem Vorbild Pinochets in Chile zu errichten.
[24] Sergio Flamigni: Trame atlantice. Storia della Loggia massonica segreta P2. Mailand 1996, S. 425 ff.
[25] Der Autor war anwesend. Die danach nicht dementierten Ausführungen Januzis wurden u. a. später durch Antonio und Gianni Cipriano bestätigt.
[26] Nach der Aufdeckung im Oktober 1990, über die „La Repubblica“ erstmals am 24. des Monats berichtete, arbeiteten viele ehemalige Offziere von Gladio mit der Justiz zusammen und traten in den Medien mit Enthüllungen auf. Darin spiegelte sich auch eine Entladung des Frusts wider, dass sie sich dem Druck der CIA- und der NATO- Einmischung auf Italien unterordnen mussten und jetzt eine Gelegenheit sahen, das offen darzulegen.
[27] Flamigni: Trame atlantice, S. 247.
[28] Curcio: Mit offenem Blick. Berlin 1997, S.59.
[29] Flamigni: La Tela del Ragno. Il Delitto Moro. Mailand 1993, S. 170 ff.
[30] Priore wurde seit 1992 durch seine aufsehenerregenden Ermittlungen über den Abschuß einer italienischen Passagiermaschine vom Typ DC 10 durch NATO-Jäger bekannt. Das Flugzeug wurde für eine libysche Maschine gehalten, in der sich Staatschef Ghaddhafi befand, dem der Anschlag im Juni 1980 galt. Drahtzieher des Attentats war die CIA, die über zwei Jahrzehnte die wahren Ursachen des Absturzes vertuschte und ihn als Unfall ausgab. Dreizehn Zeugen, die genaue Kenntnisse von dem Terroranschlag hatten, darunter ein General der italienischen Luftwaffe, kamen auf typisch mysteriöse Weise ums Leben.
[31] Flamigni: Convergenze parallele, S. 274 f.
[32] Ebd. S. 96.
[33] Gino Doni: Mein Blut komme über Euch. Moro oder die Staatsraison. München 1978, S. 65.
[34] Flamigni: Convergenze parallele, S. 99.
[35] Flamigni: ebd., S. 101.
[36] Franceschini: Das Herz des Staates treffen. Wien 1990, S. 84 ff.
[37] Mario Sossi: Nella prigione dell popolo. Mailand 1979, S. 59.
[38] Curcio: Mit offenem Blick, S. 119.
[39] Franceschini: Das Herz des Staates treffen. Wien 1990, S. 98 f.
[40] Flamigni: Convergenze parallele, S. 112.
[41] Sergio Zavoli: La Notte della Repubblica. Mailand 1992, S. 133.
[42] Curcio, S. 59 f.
[43] Gianfranco Sanguinetti: Über den Terrorismus und den Staat. Hamburg 1981, S. 55.
[44] Unter diesem Code gab es 1973/74 mit NATO-Hilfe faschistische Putschversuche.
[45] Flamigni: La Tela del Ragno, S. 175.
[46] Flamigni: Convergenze parallele, S. 119, 237.
[47] Der Autor hat diese Angaben den italienischen Medien entnommen. Er befasste sich auch später weiter mit der Entwicklung in Italien.
[48] I Veleni di »OP«. Le »Notizie riservate« di Mino Pecorelli, Hg. Francesco Pecorelli (Bruder des Ermordeten) und Roberto Sommella, Vorwort Sergio Flamigni. Mailand 1994.
[49] Franceschini, S. 86.
[50] Mario Moretti, S. 139 f.
[51] Regine Igel: Andreotti. Politik zwischen Geheimdienst und Mafia. München 1997, S. 140.
[52] Franceschini, S. 178.
[53] Flamigni: Convergenze parallele, S. 114.
[54] Galli, a. a. O., S. 283, auch Flamigni: Convergenze parallele, S. 264 ff., 277 ff.
[55] Curcio, a. a. O., S. 121 f.
[56] Flamigni: Trame atlantice, S. 369.
[57] Franceschini, S. 179, 203.
[58] Seifert, S. 134.
[59] Flamigni: La Tela del Ragno, S. 205, Franceschini, S. 201.
[60] Flamigni, Ebd. S. 294.
[61] Der Eisenbahner und Anarchist Giuseppe Pinelli wurde nach dem Attentat auf der Piazza Fontana in Mailand mit 300 weiteren Linksradikalen als angeblicher Täter verhaftet, gefoltert und aus dem Fenster im 6. Stock des Polizeipräsidiums gestürzt, was als Selbstmord hingestellt wurde.
[62] Flamigni: Trame atlantice, S. 80 f.
[63] Flamigni: Convergenze parallele, S. 96 f.
[64] Gerardo Seravalle: Gladio. Rom 1991, S. 40.
[65] Flamigni: Convergenze parallele, S. 239.
[66] Moretti, S. 143 ff.
[67] Als er 1994 durch einen Gnadenakt bedingt freigelassen wurde, hatte er seit seiner Verhaftung 1981 13 Jahre im Gefängnis verbracht.
[68] Diese Fragen wurden 2002 auch auf einer Konferenz der Associazione Ricreativa Culturale Italiana (ARCI) zu »Politik und Terrorismus in Italien« im September 2002, an welcher der Autor zusammen mit Professor Siegfried Prokop teilnahm, angesprochen. Während Prokop zur RAF sprach, hielt der Autor einen Vortrag zur Rolle der CIA bei der Manipulierung der Roten Brigaden. Die renommierte Zeitung für Wirtschaft und Politik »Il Sole 24 Ore« gab am 15. September 2002 unter der Schlagzeile »Per lo Storico Feldbauer i Servizi avevano degli Infiltrati anche nelle BR« ausführlich den Vortrag wieder. In »junge Welt« erschien von Prokop »Gladio und der 11.9. Politik und Terrorismus in Italien. Internationale Konferenz der ARCI in Bretonico.«
[69] Flamigni: La Tela del Ragno, S. 173 ff., Ders. Il Covo di Stato, Via Gradola 96 e il Delitto Moro. Mailand 1999, S. 137 f.
[70] Galli, S. 23.
[71] Sitz des Ministerpräsidenten.
[72] »Repubblica«, 29. Mai 1983.
[73] »Repubblica«, Ebd.
[74] Mit Rossana Rossanda Mitbegründerin des »Manifesto«.
[75] A. und G. Cipriano, S. 213.
[76] Mehrere dieser Fälle wurden hier unter den Tötungsaktionen der BR bereits erwähnt. Ein besonders krasses Beispiel ist, dass bei den Ermittlungen gegen die neofaschistischen Attentäter auf der Piazza Fontana in Mailand über ein Dutzend Zeugen, die dazu aussagen wollten oder von denen das auch nur vermutet wurde, ums Leben kamen. Der hochrangigste von ihnen war der Rechtsanwalt und Agent des militärischen Geheimdienstes Vittorio Ambrosini, Bruder eines ehemaligen Präsidenten des Verfassungsgerichts und Patenonkel des Innenministers Franco Restivo. Er stürzte aus dem siebten Stock einer römischen Klinik. Zwei Tage vor dem Anschlag auf der Piazza Fontana hatte er an einer Einsatzbesprechung von Pino Rauti teilgenommen. Das Blutbad erschütterte ihn dann derart, daß er Restivo in einem Brief darüber unterrichtete, daß der Anschlag von der »Ordine Nuovo« Rautis ausgeführt worden war, und nannte 15 ihm bekannte Neofaschisten, die daran beteiligt waren. Er wurde danach ständig bedroht und rechnete mit einem Anschlag auf sein Leben. Für den Fall seines Todes hatte er seine Kenntnisse zu Papier gebracht. Das Dokument verschwand danach.
[77] Zitiert in: Werner Raith: In höherem Auftrag. Der kalkulierte Mord an Aldo Moro. Berlin (West) 1984, S. 163.
[78] Carl Bernstein und Marco Politi: Seine Heiligkeit – Johannes Paul II. und die Geheimdiplomatie des Vatikans. München 1997, S. 380 ff.
[79] »Der Tagesspiegel«, 16. März 2009, siehe auch E. R. Carmin: Das Schwarze Reich, München 2000. Der nach der Aufdeckung der P2 gerichtlich verfolgte Calvi war vor der Verhaftung nach London geflohen und drohte dort, die Verwicklung des Papstes in die Machenschaften der P2 aufzudecken. Er wurde danach am 18. Juni 1982 unter der Blackfriars Bridge erhängt aufgefunden. In Italien wurde nie bezweifelt, dass ihn die Mafia umbrachte.
[80] Zeitung der 1990 nach der Liquidierung der IKP als Nachfolger gegründeten Partito della Rifondazione Comunista.

Bücher des Autors, die das Thema der Brigate Rosse einbeziehen:

* Agenten, Terror, Staatskomplott. Der Mord an Aldo Moro, Rote Brigaden und CIA. PapyRossa, Köln 2000.
* Aldo Moro und das Bündnis von Christdemokraten und Kommunisten im Italien der 70er Jahre. Aldo Moro gewidmet. Neue Impulse, 2003.
* Warum Aldo Moro sterben musste. Die Recherchen des Commissario Pallotta. Eine Kriminalerzählung nach Tatsachen. Erich-Weinert-Bibliothek der DKP Berlin, Heft 1/2011.
* Compromesso storico. Der Historische Kompromiss der IKP und die heutige Krise der Linken. Schriftenreihe Konsequent der DKP Berlin, Heft 2/2013.

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