Ja, sie meint ihn. Die üppige Dame setzt sich zu dem älteren Herrn an den Tisch. Beim Champagnerfrühstück kommt es rasch zu einladenden Blicken. Beide wollen das Leben und die Liebe genießen. Doch eine störende Freundin ruft die Begehrte fort vom Restauranttisch Max Kohns (Otto Tausig). Wenig später zwingt ihn eine Lautsprecherdurchsage zum Aufstehen. Das Hotel wird geräumt. Der Grund ist die Pleite des Betriebes. So unvorhergesehen kann das Aus kommen! Folglich will der nicht mehr junge Schriftsteller Max keine Zeit vergeuden. Er stürzt sich oder verirrt sich vielmehr in die nächste Affäre mit einer attraktiven Unbekannten. Doch dieses Mal unterbricht das Telefonklingeln die Anbahnung. Seine Partnerin Reisel (Rhea Perlman) holt ihn zurück in die Realität. Denn alles andere war nur eine der Geschichten, die sich der jüdische Autor Max ausdenkt. Sein literarisches alter ego verschmilzt mit dem tatsächlichen Menschen. Imagination und Alltag verweben sich. Hat der phantasiebegabte Literat tatsächlich den Mord eines eifersüchtigen Ehemanns beobachtet? Versuchte ihn wirklich ein temperamentvolles Zimmermädchen zu verführen? Selbst Max scheint sich nicht vollkommen darüber im Klaren zu sein. Und doch lässt sich der gealterte Bohemien nicht abbringen von seinem Traumpfad zwischen Pragmatismus und Realität, Lust und Leiden, Freude und Fatalität.
Lakonisch und pragmatisch tritt Max Kohn der Welt entgegen. Unter der spröden Schale brennt die Lebensfreude in ihm. Und Freude am Leben bedeutet für Max Liebesglut. Das Verlangen nach Liebe und mit ihm die Lust stehen im Mittelpunkt der filmischen Episoden. Mal direkt, mal unterschwellig sind sie Anlass für absurde Zufälle und ungewöhnliche Begegnungen. Getreu dem amerikanischen Sprichwortes heißt es für den jüdischen Autor auf Lesungstournee: Luck is a Lady – Das Glück ist eine Dame. Im figurativen wie im praktischen Sinne. Erfüllung finden kann Max Kohn nur mit einer Partnerin. Das kann seine Dauergeliebte Reisel sein. Oder doch die dralle Blondine im Strandhotel, das spanische Zimmermädchen oder die um einiges jüngere Studentin? Vielleicht existieren die letzten drei ausschließlich in der Fantasie des Autors. Begegnet er ihnen wirklich oder in seinen Novellen? Bizarr und ironisch wirken die Bekanntschaften. Nur dem Erfindungsreichtum eines Literaten scheinen sie entspringen zu können. Aber schreibt die unwahrscheinlichsten Geschichten nicht das Leben selbst?
Gleich einer Dame ist das Schicksal auch launisch und kapriziös. Spontan lassen sich die femininen Bekanntschaften auf den gealterten Schriftsteller ein und fordern seinen Charme heraus. Unverblümt beginnen sie das Spiel der Verführung und diese neckischen Wortwechsel zählen zu den größten Vergnügen des Films. So leicht, wie sie ihm in die Arme sinken, entwinden sich ihm die Schönen wieder. Sei es ein plötzlicher Todesfall, ein unerwarteter Anruf oder ein falsches Wort: Die Mächte des Zufalls haben sich verschworen, um die Erfüllung der sich anbahnenden erotischen Freuden zu verhindern. Nie aber lässt sich der weltweise Autor davon entmutigen. Verbittern kann ihn keine noch so herbe Enttäuschung. Ein Epikureer ist er, und beileibe kein Kostverächter. Ein komplizierter Feingeist, der gleichzeitig bodenständiger Realist ist. Otto Tausig führt die Darstellerriege mit seinem feinsinnigen Porträt des jüdischen Literaten und seiner vielen alter egos an. Barbara Hershey und Elizabeth Pena verleihen den weiblichen Gefährtinnen in Kurzauftritten Charakter und Verführungskraft.
Das Beste ist gerade gut genug. Dies gilt umso mehr, wenn man in die Jahre gekommen ist. Denn neigt sich das Dasein dem Ende zu, hat man erst recht keine Zeit, sich auf zwiespältige Kompromisse einzulassen. Was als Geisteseinstellung der Hauptfigur durchscheint, trifft auf Jan Schüttes komödiantisches Roadmovie zu. Ein kleines, aber erlesenes Ensemble versammelte der Regisseur und Drehbuchautor für “Bis später, Max!“. Mit sprödem Witz und trockenem Humor inszeniert er die drei Kurzgeschichten. Für I. B. Singers lakonischen Tonfall und pointierten Stil findet er eine kongeniale Übersetzung in das Medium des Films. Seine wundervolle Tragikkomödie ist ein frühes Kinojuwel des Sommers. Bitterkomisch, sarkastisch und geistreich, macht sie Lust auf die Werke I. B. Singers und die Liebe selbst.
Deutscher Titel: Bis später, Max!
Originaltitel: Love Comes Lately
Genre: Drama
Land/Jahr: Deutschland/Österreich/USA 2007
Kinostart: 9. April 2009
Regie und Drehbuch: Jan Schütte
Darsteller: Otto Tausig, Rhea Perlman, Barbara Hershey, Elizabeth Pena
Verleih: 3Rosen Filmverleih
Laufzeit: 85 Minuten
FSK: Ab 12
Internet: www.bisspätermax.de