Affekte und Leidenschaften, Liebe und Tod, hohe und tiefe Töne – Serie: Die Spielzeit 2009/2010 der Frankfurter Oper (Teil 1/2)

Der gebürtige Berliner Sebastian Weigle ist Generalmusikdirektor der Frankfurter Oper.

Premieren

Mit Karl Amadeus Hartmanns SIMPLICIUS SIMPLICISSIMUS geht es am 6. September unter dem Dirigat von Erik Nielsen und der Regie von Christof Nel los. Das klingt gewaltig nach Dreißigjährigem Krieg und so ist es auch, wenn sich das Schicksal von Simplicius, des einzigen Überlebenden seiner Familie, entwickelt, der so heißt, weil er einfältig ist und doch die Richtigen am Ende hängen sieht. Kein Wunder, daß die Nazis den Komponisten nicht mochten, „entartet“ war das Stichwort für alles Moderne und diese Oper ist aus vielen Fassungen zusammengebracht erstmals 2004 aufgeführt worden, als der Komponist schon 41 Jahre tot war.

Zwei kürzere Opern werden im Doppelpack gespielt: L’ORACOLO von Franco Leoni und LE VILLI von Giacomo Puccini am 4. Oktober unter den musikalischen Leitungen von Stefan Solyom und Hartmut Keil und der Regie von Sandra Leupold. Ja, Puccini ist bekannt und einer der beliebtesten Opernkomponisten, aber diese Oper, seine erste von 1884, kennt kaum einer und den Komponisten der anderen Oper schon gar nicht. Wir lieben das, Neues zu hören und Puccini kann gar nicht schlecht sein. Die Geschichten sind zu kompliziert zu erzählen, aber beide stehen in Konkurrenz zu den Melodramen, den der Stummfilm in Gang gesetzt hatte.

ANNA BOLENA von Gaetano Donizetti bleibt eine konzertante Aufführung am 23. und 27. Oktober als Koproduktion in der Alten Oper, was schade ist, aber was in der Regel den Sängern und ihrem Wohlklang nicht schlecht bekommt. Hier wird Elza van den Heever, die gerade die Elsa in Lohengrin singt, Anna singen und die aus Stuttgart gekommene Claudia Mahnke ihre Hofdame Seymour, während Paul Gay den Gatten, Heinrich den Achten gibt. Diese Oper von 1830 gehört zu den früheren und war auch wegen der Chorpartien ein erster großer Erfolg Donizetti, den in Frankfurt Giuliano Carella dirigiert.

Unsereiner freut sich besonders auf DIE TOTE STADT von Erich Wolfgang Korngold, einem begnadeten Komponisten, der bei Alexander Zemlinsky dazugelernt hatte, aber als geborenes Wunderkind das Entscheidende schon in sich trug, gefördert auch von Gustav Mahler. Mit Max Reinhardt emigrierte er 1934 in die USA und man kann sich vorstellen, daß ihm ohne die Nazis eine Karriere wie die von Richard Strauss geblüht hätte. Diese Oper spielt in Brügge Ende des 19. Jahrhunderts und ist ein Traumspiel, das auf der Bühne eine Suggestion entfaltet, in der auch der Zuschauer und Zuhörer die Orientierung über die Wirklichkeit verliert. Man darf gespannt sein, wie Anselm Weber (Regie), Katja Haß (Bühnenbild), Norbert Abels (Dramaturgie) und der Generalmusikdirektor Sebastian Weigle diese komplexe Oper präsentieren.

Wiederaufnahmen

NABUCCO von Giuseppe Verdi wird am 30. August wiederaufgenommen und spielt am 2., 5., 12, 19. September und dem 2. Oktober. Wer diese Inszenierung noch nicht gesehen hat, sollte dies nachholen, denn es bleibt die letzte Wiederholung und der langjährige Frankfurter Zeljko Lucic ist ein überzeugender Nabucco und hat ansprechende Mitsänger.

Über ARABELLA hatten wir schon berichtet. Die Richard Strauss Oper wird am 11. September wiederaufgenommen und ist am 18., 20., 26. September zu sehen und am 3., und 9. Oktober, Roland Böer wird wieder dirigieren, die Regie hat Christof Loy und die hohen Strausschen Frauenstimmen kann man in den deutschen Übertiteln der deutsch gesungenen Aufführung nachlesen, was eine gute Verständnisidee ist. Das ist eine feine Aufführung und rundherum gelungen.

Auch LA CLEMENZA DI TITO hat Christof Loy inszeniert. Mozarts vorletzte Oper von 1791 wird am 10. Oktober wiederaufgeführt. Weitere Vorstellungen am 16. Oktober, am 1., 6., 12., 21. November und 4. Dezember. Einfach eine schöne Oper.

Das gilt auch für Richards Strauss DIE FRAU OHNE SCHATTEN, die Sebastian Weigle dirigiert und die Christof Nel in Szene setzte, was nicht einfach ist, denn die Geschichte aus der arabischen Märchenwelt mit dem verkauften und gekauften Schatten ist verwickelt und mit traumhafter Musik auf die Bühne gebracht: am 18. Oktober die Wiederaufnahme und weiter am 25. Oktober, 7. und 15. November.

Puccinis LA BOHEME ist ein Renner und diese Inszenierung von Alfred Kirchner beliebt. Am 24. Oktober mit den Vorstellungen am 30. Oktober, 14., 20., 30. November, 3., 19., 23., 25 Dezember. Daß auch Mozarts DIE ZAUBERFLÖTE in die Weihnachtszeit fällt, hat damit zu tun, daß dies eine Oper für alle ist und die meistgespielte Oper dazu! Am 27. November wird sie wiederaufgenommen und gezeigt am 2., 6., 11. und 26. Dezember. Alles andere fällt ins Jahr 2010, über das wir dann berichten.

Lesetip: Volker Gebhardt, Frauen in der Oper. Große Stimmen- Große Rollen, Elisabeth Sandmann Verlag 2004

www.oper-frankfurt.de

Anmerkung:

Vorstehende Beitrag von Claudia Schulmerich ist eine Vorveröffentlichung aus dem Familienmagazin Frankfurt.

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