Das Klischee des Orients als Ort der Mystik und Exotik ist heute verblasst. An seine Stelle ist das kaum minder verzerrende Bild einer bedrohlichen Welt geprägt von Fundamentalismus getreten. Das wahre Gesicht Arabiens ist ein anderes. Doch den Schleier vor dem Facettenreichtum der modernen arabischen Länder lüftet „Arabia 3D“ nicht. Das neue 3D-Werk der IMAX-Kinos erschöpft sich in der banalen Wunschfantasie einer idealisierten Welt zwischen Tradition und Moderne. Die einzigartige Landschaft dient dabei lediglich als Kulisse für eine ebenso oberflächliche wie informationsarme Handlung. Nach einem kurzen Tauchgang im Roten Meer ist die Naturthematik abgeschlossen. Der vorgebliche Schwerpunkt der 3D-Reportage von Regisseur Greg MacGillivray ist die Kulturgeschichte des arabischen Raums. Eine kulturhistorische Dokumentation über den Orient ist ein Mammutprojekt, an dem die optisch an einen überlangen Werbefilm erinnernde Familienunterhaltung kläglich scheitert. In einem rudimentären Abriss wird die komplexe Historie Arabiens simplifiziert. Während in Europa finsteres Mittelalter herrschte, wurde das arabische Großreich erleuchtet von der Wissenschaft. Astronomie, Physik und Schriftkunde erlebten eine Blütezeit. Das Ende dieses Goldenen Zeitalters führt „Arabia 3D“ auf den Rückgang des Weihrauchhandels mit dem Okzident zurück.
Das christianisierte antike Großreich hatte keinen Bedarf mehr an Essenzen für heidnischen Zeremonien. Statt nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu suchen werden vor der Kamera nun Waffen geschmiedet, wie ein Untertitel nahelegt, bis ins zwanzigste Jahrhundert. „Um zu überleben musste ein Beduine nach unerbittlichen Familienwerten und einem Ehrenkodex leben.“, erklärt der Hintergrundkommentar beiläufig. An die bis heute andauernden Konflikte, sowohl innerhalb der arabischen als auch mit der westlichen Gesellschaft, wagt MacGillivrays Reportage nicht zu rühren. Das geringe Budget sieht man dem jüngsten Werk der IMAX-Studios überdeutlich an. Die für die 3D-Dokumentationen typischen nachgestellten Szenen ersetzen in „Arabia 3D“ grobschlächtige Animationsszenen. Statt spektakulärer Kameraaufnahmen illustrieren den kaum informativen Hintergrundkommentar großteils uninspirierte Aufnahmen arabischer Metropolen. „Der Prophet Mohammed ermutigte die Menschen zu lernen und die Welt zu verstehen.“, heißt es auf der Leinwand. Der inhaltsleere Bilderbogen von „Arabia 3D“ trägt nicht dazu bei.
Titel: Arabia 3D
Land/ Jahr: USA 2010
Genre: Dokumentarfilm
Kinostart: 30. September 2010
Regie: Greg MacGillivray
Buch: Jack Stephens
Kamera: Brad Ohlund
Mit: Hamzah Jamjoom, Nimah Nawwab, Dr. Dhaifallah Al-Talhi
Verleih: IMAX