Kern des Problems ist aus Sicht des BITKOM, dass bestimmte Hightech-Produkte nur unter hohen Auflagen auf den chinesischen Markt gebracht werden können. Das betrifft sowohl Geräte als auch Software. Insbesondere intransparente Zertifizierungsverfahren und spezielle chinesische Standards behindern die ausländischen Anbieter.
Undurchsichtige Produktzertifizierung: Ab 1. Mai 2010 dürfen viele IT-Produkte ohne staatlichen Zertifizierung nach dem CCC-Verfahren (Chinese Compulsory Certification) weder in China hergestellt noch importiert oder verkauft werden. Dies betrifft unter anderem IT-Sicherheitsprodukte wie Firewalls, Betriebssysteme, Produkte zur Datenwiederherstellung und Netzwerkrechner (Router). In der Praxis könnten auch Produkte mit eingebauter kommerzieller Sicherheitstechnik (Mobiltelefone, Chipkarten etc.) betroffen sein. Die CCC unterscheidet sich von den international anerkannten ISO-Standards. Im Rahmen des Zertifizierungsprozesses verlangen die chinesischen Behörden detaillierte technische Informationen wie Quellcodes von Software oder Baupläne von Chips. Die staatlichen Testlabors verfügen aber nicht über die im Westen üblichen Non-Disclosure-Agreements. Der Schutz geistigen Eigentums ist daher nicht gewährleistet und es besteht die Gefahr, dass Know-how in die Hände der chinesischen Mitbewerber gelangt.
Exklusive Standards: China entwickelt im Hochtechnologiebereich eigene Standards, die von internationalen Normen abweichen. Diese Standards verlangen eine Prüfung durch chinesische Stellen. Mit der Einführung der Multi Level Protection Scheme (MLPS) im August 2007 ist für ausländische Unternehmen im Sicherheitsbereich die Offenlegung sämtlicher Produktinterna im Prüfungsprozess zwingend. Die Schaffung eines nationalen chinesischen Standards bedeutet für alle europäischen Unternehmen eine Zugangsbarriere zum chinesischen Markt. Betroffen sind davon in erster Linie die Hersteller von Computerchips.
Aus Sicht des BITKOM versperrt sich die VR China mit dieser Praxis den Weg zu ausländischer Spitzentechnologie und droht damit technologisch zurückzufallen, ohne zugleich einen nationalen Sicherheitsgewinn zu erzielen. Scheer: „Die ausländischen Anbieter sollten in China die gleichen Chancen haben wie heimische Produzenten und nicht um den Verlust geistigen Eigentums fürchten müssen.“
Aus Deutschland wurde im Jahr 2009 Informations- und Kommunikationstechnik sowie Unterhaltungselektronik im Wert von rund 480 Millionen Euro nach China exportiert. Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Exporte um 17 Prozent zurück. Dagegen hat Deutschland im Jahr 2009 Hightech-Waren im Wert von rund 14,5 Milliarden Euro aus China importiert. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Einfuhren infolge der Wirtschaftskrise um 13 Prozent gesunken.
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Pressemitteilung der BITKOM – Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. vom 15.01.2010.