Berlin, Deutschland (Weltexpress). Vielleicht muss es so sein, dass in deutschen Landen Titel Englisch sein müssen, um gewinnen zu können. Zwar gewann letztes Jahr mit „Azul“ ein portugiesischer Titel, doch das war die Ausnahme. Davor gewannt „Kingdomino“ (2017), „Codenames“ (2016), „Colt Express“ (2015) und „Camel Up“ (2014). Auch ältere Gewinner wie die Spiele „Dominion“ (2009) oder „Kingdom Builder“ (2012) trägen englische Titel. Als eine echte Ausnahme darf „Thurn und Taxis“ (2006) gesehen werden.
Zum Gewinner des weltweit wichtigsten Preises für analoge Gesellschaftsspiele mit dem englischen Titel „Just One“ kommt noch hinzu, dass die Autoren des Spiel keine Deutschen sind, sondern Franzosen.
Doch weder Titel noch Autoren sollten ein Grund für die zehnköpfige Jury sein, ein Spiel zu besser oder schlechter zu bewerten, oder? Deswegen heißt es im Newsletter 4/2019 vom 22.7.2019 zur heutigen Verleihung in Berlin auch, dass „Just One“ … insbesondere durch seine Einfachheit genial“ sei. „Es sticht dadurch hervor, dass es einen ungemeinen Sog entwickelt: Wer es in der Öffentlichkeit spielt, wird schnell Schaulustige anziehen, die am liebsten gleich mitspielen wollen. Und das machen diese dann oft auch, denn die Einstiegshürde ist so niedrig, dass jeder sie problemlos überwinden kann. Ein Geistesblitz kommunikativer Spielfreude, der in jeder Runde einschlägt und einen bleibenden Eindruck hinterlässt.“
Mit niedriger Einstiegshürde und „herrlich simpel“ könnte auch ein Spiel für Doofe gemeint sein, die in der wirklichen und virtuellen Welt auch „Schaulustige“ anziehen, muss es aber nicht. Außerdem darf eine Jury auch knusper sein und in einen Sog geraten, oder? In „Spiegel-Online“ (22.7.2019) firmiert „Just One“ als „Partyspiel“. Na denn Prost!
Kritiker meinen, man bräuchte für das Spiel nur einen Zettel und einen Stift und das würde es in jeder Kneipe zum Anschreiben und Aufschreiben geben. Wohl wahr! Im Handel soll der „Just one“ genannte Kram allerdings 25 Euro kosten.
Darüber werden Roudy und Sautter, die für die Entwicklung des Spiels angeblich „nur wenige Monate“ gebraucht haben, sich wohl selbst schief und krumm lachen. Beid entwickelten bisher Spiele für fortgeschrittenere und anspruchsvollere Spieler und sollen dafür „Jahre für die Entwicklung dieser Spiele benötigten“ haben, worauf in „Frankfurter Allgemeine“ (22.7.2019) hingewiesen wird. Blöd geht halt bedeutend schneller.
Auf den Plätzen landeten die nominierten Spiele „L.a.m.a.“, ein Kartenspiel der Autorenlegende Reiner Knizia aus dem Verlag Amigo, und „Werwörter“, ein Ratespiel von Ted Alspach aus dem Verlag Ravensburger. Zugegebenermaßen lassen sich „L.a.m.a.“ und „Werwörter“ auch recht schnell verstehen und erklären. Daher stellt sich die Frage, ob das Niveau im Allgemeinen sinkt, also bei der Jury und den Autoren.