Robert Enke ist tot. Ausgerechnet einer der ganz wenigen Spitzensportler, der durch seine sensible Art, sein Engagement für Not leidende Tiere und trotz schwerer Schicksalsschläge eine absolute Ausnahmestellung im deutschen Profifußball einnahm, hat sich offenbar das Leben genommen. Wir wissen noch nicht warum, es kann nur etwas außergewöhnlich Schreckliches gewesen sein. Die Nähe seines Todesortes zum Grab seiner Tochter, lässt nur erste Vermutungen zu.
Robert Enke war keiner, der sich gern künstlich in den Vordergrund drängte, kein Lautsprecher, kein Angeber. Trotz fehlender Lobby im deutschen Fußballland, hat er sich Respekt „geschaffen“: Er war als Ältester im Rennen um die Fahrkarte nach Südafrika derjenige, der sich trotz herber Rückschläge immer mit besonderer Besonnenheit und Fairness zur Konkurrenzsituation im deutschen Tor äußerte. Seine Treue zu seinem allgemein nur als mittelmäßig eingestuften Verein, hat seiner aussichtsreichen Position, bei der WM im nächsten Jahr das deutsche Tor zu hüten, kaum geschadet. Bei seinem letzten Kurzinterview am Sonntag in Hannover hatte er, nach dem Ligaspiel gegen Hamburg, noch einen wie immer „höflichen und zuversichtlichen Eindruck“ gemacht, wie die Kollegen vor Ort bestätigen. Sein Tod ist ein ganz und gar furchtbarer Verlust, nicht nur für uns, die Fans von Hannover 96 und der deutschen Nationalmannschaft, sondern vor allem für seine Frau Teresa und seine ganze Familie; die Hunde eingeschlossen.
Bei Hannover 96 schien der weit gereiste Keeper aus Jena nach Stationen in Gladbach, Lissabon, Barcelona, Istanbul und Teneriffa seit 2004 endlich eine Heimat gefunden zu haben. In Gesprächen wirkte er immer uneitel, klar im Bewusstsein, als Herr seiner privat schwierigen Lage. Seine Aussichten, nach langer Krankheit in das deutsche Tor zurückzukehren, waren nach wie vor gegeben, weil sich Bundestrainer Joachim Löw noch kürzlich hinter ihn stellte. Äußerlich geduldig, schien Robert Enke das auch zu wissen und strahlte bis zuletzt Souveränität und eine beinahe fatalistische Geduld aus.
Den Schmerz über den Verlust seiner Tochter, die mit nur zwei Lebensjahren 2006 an einem angeborenen Herzfehler starb, bekämpfte Robert Enke nach außen hin, indem er sich auf den Platz stellte und spielte. Nicht nur das brachte ihm in Fußballkreisen, und darüber hinaus, den allergrößtem Respekt ein.
Alle, wirklich alle, die sich in Hannover für Fußball interessieren, achteten und bewunderten diesen Ausnahmesportler. Er war hier ganz eindeutig der Publikumsliebling, ich glaube sogar, viele liebten ihn als einen der Unseren.
Enke war als Profi-Fußballer natürlich Millionär, aber bei ihm, im Gegensatz zu ganz vielen seines Berufes, merkte man keine Spur von Überheblichkeit und Arroganz; nach jedem Training, gab er noch den kleinsten Fans bereitwillig und langmütig ihre heiß ersehnten Autogramme. Er war und ist ein Vorbild für alle, die sich reinen Herzens einer Leidenschaft widmen, er war Fußballer um der Sache willen, und, er hat versucht aus seinem Leben etwas Gutes zu machen. Er hat sich, zusammen mit seiner Frau, für schwache und hilflose Wesen eingesetzt und hat versucht, der atemlos machenden Grausamkeit des Lebens ein Stück Menschlichkeit, ein kleines bisschen Hoffnung entgegen zu setzen.
Auf einem alten Bauernhof in Empede bei Hannover, hatte er sich ein Refugium geschaffen, das dem empfindsamen Naturell des 32-Jährigen zu entsprechen schien. Hannover, das dortige Umfeld und auch „sein“ Verein Hannover 96, war ihm augenscheinlich zu einer Heimat geworden. Wie schlecht aber muss es einem Menschen gehen, der trotz soviel offensichtlicher öffentlicher Zuneigung eine so bittere Entscheidung trifft?! Trotz der vermeintlich sorglosen Idylle, dem scheinbar perfekten Umfeld in seinem Beruf und seinem Privatleben, hat sich eines der wenigen Vorbilder des deutschen Profisports sich für den Tod und gegen das Leben entschieden. Nicht nur Fußballfans in aller Welt können dieses grauenvolle Ereignis nicht fassen. Unsere Gedanken können heute nur bei seinen Angehörigen sein, mit denen wir von ganzem Herzen mitfühlen.
Wir sind unendlich traurig. Du warst wirklich deines Bruders Hüter.
Leb wohl, Robert, wir werden dich nie vergessen.