Kurz und bündig erzählt Regisseur und Co-Drehbuchautor Micha Lewinsky in seiner unpathetischen Liebeskomödie, was Sache ist. Kurz und bündig kann sich “Die Standesbeamtin” Rahel (Marie Leuenberger) bei der Ausübung ihres Amtes nicht fassen. Denn über die Ehe an sich und die eigene insbesondere, ist sie ins Wanken geraten. Zwischen der jungen Mutter und ihrem Mann Thomas (Beat Marti) kriselt es. Wie in Filmen üblich, ruft das postwendend Rahels Jugendschwarm Ben auf die Bühne – im doppelten Sinne, denn Ben ist Musiker. Als Jugendliche hatten er und Rahel eine Band. Mittlerweile zählt Ben, nicht zuletzt dank seiner Beziehung zu der Schauspielerin Tinka (Oriana Schrage) zur Lokalprominenz. Wer Erfahrung mit Kinoromanzen hat, weiß, wie es weiter geht.
Rahels alte Liebesgefühle flammen auf. Da präsentiert ihr Tinka den Verlobungsring. Dreimal darf man raten, wer ihre und Bens Hochzeit ausrichten und beide trauen soll. Gab es nicht diese Komödie mit Julia Roberts, Rupert Everett und Meg Ryan, in der Roberts seine Hochzeit vereiteln wollte? Aber für solche Intrigen ist “Die Standesbeamtin” Rahel zu anständig. Leider, könnte man sagen, denn so kommt die Komödie nicht in Fahrt. Die sympathischen Charaktere und kuriose Situationen können den Mangel an Schwung nicht ausgleichen. Wenn schon Filmideen klauen, dann richtig. Da helfen die Schifffahrtsmetaphern nichts, mit denen Rahel so fantasievoll ihre Gefühlskonflikte während der Zeremonie umschreibt. Ja, wenn der Falsche im Boot am Steuer sitzt und die Mannschaft zwar nett, aber nur begrenzt fähig ist und das ganze Boot einem besseren nachgebaut, und man nur einsteigt, weil das bessere woanders in See gestochen ist”¦
Dass “Die Standesbeamtin” und ihre Mitdorfbewohner ihre Muttersprache pflegen, ist in Zeiten der Gleichmacherei und Überamerikanisierung fast mutig, gerade, wenn es sich um eine zu den Dialekten geschobene Außenseiterin wie das Schweizerdeutsch handelt. Mit ihrem Schwyzerdütsch verpasst Regisseur Micha Lewinsky seiner “Standesbeamtin” authentischen Lokalkolorit und gibt den Dialogen eine herb-humorige Note. Eine Synchronfassung würde ob der sprachlichen Nähe zum Hochdeutschen, welches “Die Standesbeamtin” nur in ihrer Amtsausübung pflegt, verfälschend wirken. Bei den Untertiteln findet die Realitätsnähe allerdings ein Ende. “Nicht wirklich.”, übersetzen diese Bens Worte nach einer Scherzbehauptung. Bens schweizerische Worte klingen dafür verdächtig nach “Ich will dich nur verarschen.“. So zartbesaitet sind die Deutschen nicht, dass sie solche Sätze nicht vertrügen und stattdessen eine der platten Übertragungen aus dem Amerikanischen als Neudeutsch serviert bekommen. Ohne mit derbem Kalauern zu poltern, verwenden die Drehbuchautoren Jann Preuss und Micha Lewinsky die Eigenheiten ihrer Muttersprache für ironischen Wortwitz, man höre Rahels und Bens Refrain aus “ja, ja, ja – ga, ga, ga”. Leider wurde das Autorenduo zum Filmende hin selber ein bisschen ga, ga, ga. Hier bedient sich “Die Standesbeamtin” derart ungeniert aus platten Romantikklamotten, dass es den gelungenen Anfang verschandelt. Nach der aus dem Alltag gegriffenen Geschichte um Freundschafts- und Ehetücken soll alles, was bisher an Irrealem ausgespart wurde, aufgeholt werden. Nach den kuriosen Schweizertexten muss der letzte Song in Englisch gesungen werden, vor jubelnder Publikumsmenge und alle sind glücklich, jeder hat seins und einen Filmpreis gibt’s obendrein. Aber nicht für “Die Standesbeamtin”. Den hat sie sich mit dem Ende verspielt. Schad ´ drum.
Titel: Die Standesbeamtin
Start: 3. September
Regie: Micha Lewinsky
Drehbuch: Micha Lewinsky, Jann Preuss
Darsteller: Marie Leuenberger, Dominique Jan, Oriana Schrage, Beat Marti
Verleih: Schwarz Weiss Film
www.die-dtandesbeamtin.ch