Der fünfzehnjährige Alex (Francois Goeske) ist verwöhnt, gut in der Schule und hat reiche Eltern. Die lassen sich scheiden, doch keine Panik: Alex Mutter (Caroline Eichhorn) ist schon mit dem Schauspieler Seth (Alexander Beyer) liiert, der Vater (Christian Nickel) erwartet ein Kind mit der sympathischen Mandy (Maja Schöne). Weil sich die Welt nicht mehr um ihn dreht, fühlt sich Alex furchtbar. Zum Unglück muss er mit seiner Mutter und Seth in Kent Urlaub machen. Hier wird er von seiner aus Amerika angereisten Stiefschwester Faye (Sarah Beck) und der Einheimischen Louie (Zoe Moore) hofiert. Ein bisschen Liebesverwirrung, ein bisschen Familienstreit, dazu spielt Alex auf seinem Saxophon den ermüdenden “Summertime Blues”. “Wer intelligent denkt, handelt auch intelligent.” Mit seiner Aussage stellt Alex sich und die Schuldigen hinter der Kamera bloß. Ob die Handlung bereits in dem zugrunde liegenden Jugendbuch der englischen Autorin Julia Clarke so unglaubwürdig war, konnte die Regisseurin mangels Englischkenntnis vermutlich nie herausfinden. Die sprachlichen Schnitzer zählen zu den größten Peinlichkeiten der müden Romanverfilmung. Alex spricht brüchiges Englisch trotz allem “intelligenten Denken”. Dies hat er wohl von seiner Mutter übernommen, die ihren Partner Seth “Seet” nennt. Zwar kennt Alex einfache englische Vokabeln wie “hunt” und “ride” nicht, dafür geht ihm “redistribution of property” fehlerlos von den Lippen. Bei literarischen Werken verflüchtigt sich Alex Sprachschwäche, darum kennt er Karl Marx auf englisch und ließt Emily Brontes “Wuthering Heights” im Original.
Nicht nur vom Sprachniveau ist “Sturmhöhe” keine Einsteigerlektüre. Nimmt der junge Reiche den Roman erstmals zur Hand, hofft man vage auf eine moderne Anspielung an dessen Handlung. Die normal bemittelte Louie könnte als weiblicher Heathcliff Alex an die Seite gestellt werden, wobei dessen Stiefschwester Faye die standesgemäße Partie verkörperte. Doch von solchen Komplikationen will Regisseurin Marie Reich nichts wissen. Jeder bleibe schön in seiner Klasse. Die unvermeidliche Anspielung auf die Buchhandlung kommt später. Wie Heathcliff fühle er sich, sinniert Alex, den niemand haben wolle und der immer zu seiner Kathy zurückkehre. Bronte-Leser haben Heathcliff nicht gerade als verwöhntes Schnöselweichei in Erinnerung, aber Englisch ist eben nicht Alex Stärke. Mit dem Buchcharakter teilt er dafür die Gefühlsverhärtung. Seine Mitmenschen sind Alex gleichgültig. Wie können seine Eltern es wagen, sich scheiden zu lassen oder neue Partner zu finden, wenn es ihm nicht passt? Weint Faye, betrachtet Alex dies mit hämischer Genugtuung. Den Freund seiner Mutter behandelt er unwirsch. Louies Schwierigkeiten sind ihm gleichgültig, die reichen Nachbarn wiederum verurteilt er als elitär.
“Summertime Blues” ist eine realitätsferne Jugendschnulze über die Sorgen derer, die Sorgen nicht kennen. Ein Schulfreund Alex’ wird als arm und potentiell schlechter Umgang betitelt. Seine Eltern besitzen “nur” ein Einfamilienhaus mit Grundstück, nicht zwei Eigenheime plus Ferienanwesen wie Alex ´ Eltern. Die “Reichen” aus Alex’ Perspektive ist die benachbarten Superschickeria. Wie wirklichkeitsfern und oberflächlich “Summertime Blues” ist, zeigt die Figur der Louie. Sie scheint weder Eltern noch Heim zu haben, geht nicht zur Schule, muss in der Ortskneipe arbeiten und ist dennoch frohgemut. “So wie mein Vater will ich nicht enden!”, verkündet Alex. Dabei ist Papa ein dynamischer Architekt mit hübscher Freundin. Da wirkt sogar der Denver Clan als bodenständige Normalfamilie. Den “Summertime Blues” bläst nach dem Ansehen der Jugendromanze das Publikum.
Titel: Summertime Blues
Start: 20. August
Regie: Marie Reich
Darsteller: Francoise Goeske, Zoe Moore, Sarah Beck, Christian Nickel, Maja Schöne
Verleih: Universum