Da will der SPD-Kanzlerkandidat den LINKEN offensichtlich Wind aus den Segeln nehmen, indem auch seine Partei den Wähler mit zahlreichen jungen Frauengesichtern anlächelt. Die Frankfurter Rundschau kommentiert das sogenannte Kompetenzteam zwar nicht weiter, aber wir können uns durch dieses Wahlangebot einmal durchzappen. Da finden wir ersteinmal Andrea Nahles. O.k., die sieht gut aus, ist intelligent und einigermaßen links. Der traue ich die Bildungsministerin zu. Die Manuela Schwesig aud Mecklenburg-Vorpommern, die sich um die Kinderarmut kümmern soll, die wir SPD-Kanzler Schröder sei Dank, wieder als Thema haben, war mit bislang unbekannt, ist aber auch recht attraktiv. Der Knüller ist natürlich Christina Rau, die Witwe gleichnamigen sehr geschätzten Bundespräsidenten: Sie trägt eine rote Bluse und demonstriert damit wohl zu den letzten sozialdemokratischen Männern der Partei zu gehören. Aber die soll auch nur das Kulturressort bekommen. Da kann sie den „Wirtschaftsexperten“ nicht weiter ins Handwerk pfuschen. Aber dann kommt der wirtschaftspolitische Schöngeist, der passgerechte Pappkamerad für die Schießübungen der LINKEN: „ Harald Christ (37), gelernter Industriekaufmann, hat bei der Deutschen Bank gearbeitet und die HCI Capital AG an die Börse gebracht. Seit 2003 ist er Inhaber und Chairman der Christ Capital Aktiengesellschaft, seit 2008 Inhaber und Vorsitzender des Vorstandes der CUSTODIA Treuhand und Vermögensverwaltung. Er wurde schon mal als Berliner Finanzsenator gehandelt.“ Und genauso sieht er auch aus!
Also die Andrea Nahles möchte die Frau Anette Schavan bzgl. ihres Amtes als Ministerin für Forschung und Bildung beerben, falls die SPD tatsächlich auf ein Rekordergebnis von 10 + X % zustrebt. Da trifft es sich günstig, dass die Junge Welt (31.07.2009) uns ein Resume der Arbeit von Ministerin Schavan liefert. Unter der Überschrift „Mondkalbsucherin des Tages: Annette Schavan“ schreibt das Blatt: „Einem Selbstlob des Ministeriums stellte die Zeitung Mäkeleien »aus der Sicht der Betroffenen« gegenüber, von Bernhard Kempen, Staatsrechtler und Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, und dem Doktoranden Friedemann Vogel. Der Professor faßte seine Analyse in das vergiftete Lob: »gute Forschungsministerin, aber keine Bildungsministerin«. Der Student erklärte, daß Bildungspolitiker, Schavan eingeschlossen, die Zustände an den Universitäten nicht kennen – beginnend bei dem Problem, ein Studium zu finanzieren, über die »chronische Unterfinanzierung der Bildungseinrichtungen« bis hin zur »Wissens-Bulimie«, die Resultat der wirtschaftskompatiblen Bachelor- und Masterstudiengänge sei. Man erfuhr in diesen Beiträgen, daß in der Bundesrepublik von 1995 bis 2005 1500 Universitätsprofessuren ersatzlos gestrichen wurden und daß die Gesamtbildungsausgaben hierzulande, gemessen an ihrem Anteil am Bruttoinlandsprodukt, zurückgegangen sind…
»Glauben tue ich an Gott. Aber ich wüßte schon gerne, ob es Außerirdische gibt.« Die Suche nach dem Mondkalb als »Exzellenz initiative« an einer »Elite-Universität« mit »deutscher« Forschung – das entspräche der geistigen Lage der Nation…“
Die SPD spielt nicht um einen Platz, sondern um den Sieg! Solche stolzen Worte eines SPD-Kanzlerkandidaten waren zu Brandts Zeiten sicher angemessen und auch Schröder konnte am Anfang noch so reden, aber dann zeigte er so richtig, „was es für Rentner, Arbeitslose, Kinder und Jugendliche bedeuten“ kann, wenn die SPD regiert, und nun ist sie in der stolzen Lage nur eine Verdoppelung ihrer gegenwärtigen Umfragewerte zu brauchen, um mit 56% locker alleine regieren zu können. Mit der Kompetenz oder Inkompetenz des Teams von Steinmaier befasst sich auch das Neue Deutschland. Unter dem Titel „ Kanzlerkandidat hat nun Kompetenz“ schreibt Gabriele Oertel: „Gemeinsam mit zehn Genossinnen und acht Genossen zieht SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier in den Wahlkampf…
Sonnenschein und See – es tagt die SPD. Die gestrigen Bilder aus Hermannswerder erinnerten fatal an jene vor fast genau elf Monaten, als der SPD an einem ebenso sonnigen Tag am Schwielowsee der Parteivorsitzende abhanden kam – und Steinmeier sich ob derlei Turbulenzen nach dem wütenden Abgang Kurt Becks selbst zum Kanzlerkandidaten seiner Partei ausrufen musste…
Dass er zugleich den »Aufbruch zum Besseren« beschwor, deutet allerdings denn doch darauf hin, dass die Genossen im Berliner Willy-Brandt-Haus die eher schlechten Botschaften aus den Umfrageinstituten irgendwie erreicht haben müssen. Ob daran in den nächsten 59 Tagen noch die Verabredung des Kompetenzteams, »gemeinsam in die Hand zu spucken«, signifikant etwas ändern wird, bleibt abzuwarten…
Womöglich aber weist eine andere Bemerkung Steinmeiers – er wolle mit seinem Team bis zum 27. September klarmachen, was es für Rentner, Arbeitslose, Kinder und Jugendliche bedeuten würde, »wenn die Sozialdemokraten in diesem Land nicht regieren« – auf die womöglich lebensnähere Variante hin: eine von der SPD angestrebte Fortsetzung der Großen Koalition…“
Aber wozu lamentieren, die SPD kann sich ja eines Sieges über die Union schon sicher sein! Natürlich nicht über CDU/CSU, aber immerhin über die Freie Union der Frau Pauli aus Bayern. In der Naturwissenschaft bedeutet das Pauli-Prinzip, dass bei gewissen Elementarteilchen in einem gekoppelten System kein Platz ist für zwei mit vollständig gleichen Quantenzahlen. In die Politik übertragen, muss man wohl schlussfolgern: Mit 5 Parteien mit über 5%-Anspruch sind wohl alle prinzipiellen ökologischen Nischen in der Parteienlandschaft besetzt. Mit dem Scheitern der Pauli-Partei beschäftigt sich der Spiegel-Online. Unter der Überschrift „Pauli-Partei fällt in fast allen Bundesländern durch“ schreibt das Magazin: „Die Freie Union der Ex-CSU-Politikerin Gabriele Pauli wird in den meisten Bundesländern am 27. September nicht zur Wahl stehen. Etliche Landeswahlausschüsse ließen die Partei am Freitag nicht zur Bundestagswahl zu, weil sie nicht die erforderlichen Unterstützer-Unterschriften vorgelegt hatte…“
Der Tagesspiegel (31.07.2009) zeigt uns erstmal eine schöne Karikatur von einem Steinmaier, der wie einst Westerwelle von 18% für seine Partei träumt. Und dann nimmt sich kein Geringerer als der Chefredakteur des Blattes Stephan-Andreas Casdorff die Zeit den SPD-Wahlkampauftakt zu kommentieren und wie angesichts der Überschrift „Verkehrt, verkehrt und zur falschen Zeit“ absehbar, zu kritisieren: „Eine Partei, die womöglich vor allem aus einem Grund gewählt wird: aus Mitleid. Weil es nicht sein kann, was wegen der politischen Hygiene nicht sein darf, dass sie nämlich ganz und gar eingeseift wird. Das gibt es nicht? Gibt es doch. Die Partei heißt SPD. Sozialdemokratischer Patient Deutschlands…
Verbunden mit der neuen und alten Mitte, wo Wahlen gewonnen werden, geht es nach Schröder aber nur mit neuer Bescheidenheit und althergebrachten Werten. Mit Solidität, mit Seriosität, mit Glaubwürdigkeit. Mit der Macht von 150 Jahren. Das wirkt vielleicht nicht glamourös, aber nachhaltig…
Wenn es aber darum geht (oder zumindest auf der Zielgeraden des Wahlkampfs für die SPD noch gehen soll), dann ist jetzt endlich Vertrauen das wichtigste Wort. Vertrauen beim Wähler wiederzugewinnen muss für sie vorrangig sein. Von wegen „versprochen, gehalten“: Nach all den Wahlen und den vorher nicht angekündigten folgenden Kursänderungen – „Reformen“ genannt, mit Hartz als nur einem Stichwort – ist doch ziemlich viel Misstrauen in die Worte der SPD gewachsen…“