Gründe für die ungewöhnlich gute Entwicklung sind einerseits in den deutschsprachigen Nachbarländern zu finden. So hat sich in Österreich ein deutlicher Zuwachs bei Gästezahlen und Umsatz ergeben. Für das laufende Geschäftsjahr werden statt der bisher 58 000 Reisegäste sogar 66 000 erwartet; das wäre eine Steigerung im zweistelligen Bereich, also über zehn Prozent! Auch in der Schweiz gehen die Zahlen nach oben und ebenso in den Niederlanden, die ebenfalls ein zweistelliges Plus aufweisen und einen Zuwachs von 25 Prozent einfahren, konkret von 62 000 auf 78 000 Gäste. Der holländische Reisemarkt spielt deshalb eine besondere Rolle, weil die Abflughäfen in Nordrhein-Westfalen nahe und sehr viel billiger sind als die heimischen Flugkosten, was den Zugewinn erleichtert.
Dennoch bleibt der deutsche Reisemarkt ausschlaggebend. Und auch wenn alltours die Krise im Griff hat, hat diese gehörige Schlenkerbewegungen mit sich gebracht. Für den Sommer 2009 hatte sich im Oktober 2008 – Frühbucher und Frühestbucher – ein guter Buchungsstart ergeben. Aber schon im Dezember – Krise! – brachen die Buchungszahlen ein, was sich auch im Januar des Jahres fortsetzte. Seit Februar nun gab es einen leichten Zuwachs und im März mit 1,5 Prozent die deutliche Trendwende. Noch dynamischer wurde es im Mai, wo die Buchungen rund 19 Prozent über denen des Vorjahres lagen, noch überholt vom Juni, in dem es 28 Prozent mehr Verkäufe gab als 2008. Auch das Fernreisegeschäft läuft ausgezeichnet und Spanien ist weiterhin einer der großen Favoriten.
Wie dies alltours gelingen kann, war eine der Fragen, die Journalisten stellen und die der alltours-Chef damit beantwortete, daß man das Risiko reduziert habe, die Preise runtergesetzt habe, das Angebot ausgeweitet habe und so ein Gästeplus von 3, 5 Prozent erreicht habe, was einem Umsatz von 2, 5 Prozent entsprach. Wie minimiert man aber das Risiko? Unter anderem durch Einsparungen am Personal. Das bedeutet – da nahm Willi Verhuven kein Blatt vor den Mund – zwar keine Entlassungen, aber Einstellungsstop, Zwangsurlaub, Kurzarbeit, personeller Abbau in der Verwaltungsstruktur der Firma, u.a. personelle Maßnahmen mehr. Alltours arbeitet auch über den Preis. Wenn ein 1-Wochen-All-inclusive-Urlaub in einem 4-Sterne-Plus Hotel in Ägypten pro Person 13 Prozent weniger kostet als vor einem Jahr, weiß man wirklich nicht, wie alltours das macht, denn die Zeiten, wo im Ausland billige Arbeitskräfte billig bezahlt wurden, sind schon länger vorbei. Es werden noch mehr Hotels angeboten (727), von denen 414 Häuser, das entspricht 73 Prozent der Betten, im 4- und 5-Sternebereich liegen.
Dies alles kann man an den vier Winterkatalogen 2009/2010 konkretisieren, die für die Bereiche „Spanien“, „Sonnenziele“, „Fernreisen“ und „Club alltoura“ auf der Jahrespressekonferenz vorgestellt wurden, bevor sie dann über die Reisebüros an die Kunden gelangen. Oder im Internet abgerufen werden, denn auch dieses Geschäft steigert sich. Auch diesmal lohnt sich das Frühbuchen und auch diesmal sind Familien besonders berücksichtigt. Als neues Reiseziel sind die Malediven hinzugestoßen, wo man gleich auf 17 der Inseln Urlaub machen kann. Diese Inselhotels sind alle mit einem SPA-Bereich ausgestattet und das 4-Sterne Hotel Adaaran Meedupharu besitzt eines der größten Ayurveda SPA’s auf den Malediven.
Kommen wir zu den laut Willi Verhuven „tollen Müttern“. Für diese wird in der Firmenzentrale eine Kita eingerichtet – Väter, gar alleinerziehende gibt es da wohl nicht. Das ist eine gute Tat und zu loben und der Chef wird schon wissen, warum er das macht, arbeiten doch in der Sorge um ihre Kinder beruhigte Frauen einfach auch besser. Und gut arbeiten sie sowieso, darauf legte Willi Verhuven Wert. Liegt vielleicht sogar darin die Entwicklung von alltours gegen den Trend begründet? Denn ’gefühlte’ 85 Prozent der Belegschaft ist weiblich und das gilt nicht nur für die vielen jungen und hübschen Hostessen, sondern – und das ist in Deutschland nun wirklich erstaunlich und ebenfalls gegen den Trend – auch für die Führungsebene. Zwar ist nur ein Drittel der Geschäftsführung weiblich, aber zählt man alle auf der oberen Ebene zusammen, ergibt sich ein Anteil von 75 Prozent Frauen. Und das entspricht nun knapp dem Prozentsatz der Gesamtbeschäftigung, ein Verhältnis, von dem wir in deutschen Führungsetagen noch nie gehört haben und mit dem wir nun wirklich glatt den Erfolg von alltours im Reisegeschäft erklären. Oder hat jemand etwas dagegen?