So war es die tiefste Tiefe, in die Norbert Witte mitsamt Familie stürzte, die seit Anfang der 80er Jahre in Hamburg ein Riesenrad und andere Fahrgeschäfte laufen ließ, als es zu einem Unglück mit Toten kam und die Familie reiß aus nahm nach Jugoslawien und Italien, wovon die Kinder noch immer schwärmen. Aber Peter Dörfler erzählt nicht chronologisch, sondern beginnt mit der größten Dummheit des Norbert Witte aus der letzten Zeit und läßt dann neben den Höhen die bisherigen Abstürze des Schaustellers wie drohende Anzeichen einspielen.
Der Weltexpress hatte anläßlich der Vorführung in der Berlinale „Perspektive Deutsches Kino 2009“, wo der Film enthusiastisch aufgenommen wurde, sich in den Kreis der Bewunderer dieser Dokumentation eingereiht und über den Inhalt geschrieben: „Norbert jongliert stets mit exorbitanten Geldsummen, um seine Attraktionen zu mehren. Dieser Optimist wird in seiner Branche als der Rummelkönig geachtet, Kredite werden bewilligt. Zur Krönung seiner Karriere übernimmt er nach der Wende 1990 den Kulturpark Plänterwald in Berlin und baut ihn zu einem noch größeren Vergnügungspark aus. Aber auch hier kämpft er sukzessive mit massiven Problemen und Behörden. Nachdem 1998 die überlebenswichtigen Parkplätze vom Berliner Senat entzogen werden, befindet sich die Familie finanziell wieder auf einer Abwärtsspirale. Ehefrau Pia bleibt standhaft und treu.“
Das Kino Orfeos Erben wirbt für seine Preview mit: „Norbert Witte hatte einen Traum: er wollte aus dem Berliner Spreepark – einem Freizeitpark, der zu DDR-Zeiten unter dem Namen »Plänterwald« berühmt geworden ist – den größten Rummelplatz des gerade wiedervereinigten Deutschlands machen. Stattdessen ging der König der Karusselle pleite und setzte sich mit seiner Familie und dem größten Teil seiner Gerätschaften im Jahre 2002 nach Peru ab. Er hinterließ der Stadt Berlin einen Riesenberg Schulden und ein großes Chaos. In Peru verwickelt er sich und seinen 20jährigen Sohn in Drogengeschäfte. Beide landen im Knast: Norbert Witte in Deutschland, sein Sohn in einem der härtesten Knäste der Welt… „
Wie sich die Familie auch aus dieser schier ausweglosen Situation hinausangelt und welche Kraft Frauen zuwächst, die gleichzeitig ihren Sohn in Lima und ihren Mann in Berlin aus der Gefängnis befreien wollen, auch davon erzählt dieser unglaubliche Film, der so in allem etwas das Gegenteil vom sozialen Aufsteiger bringt, der ein gutbürgerliches Familienleben hat, wo man abends gemeinsam vor dem Fernseher sitzt und sich im Fernsehen oder Film die Welt ansieht, wie sie wirklich ist. Dabei hat auch Norbert Witte als sozialer Aufsteiger angefangen und seine Sucht nach dem großen Geld und der großen weiten Welt treibt ihn gleichermaßen und bringt Idiotisches und Wunderbares hervor.
Dave Lojek schrieb im Weltexpress: „Es geht nicht ums Moralisieren in dieser Geschichte oder um Häme. Vielmehr wird ein Stehaufmännchen präsentiert, das auch die heftigsten Schicksalsschläge einsteckt und dabei seine Familie opfert. Spannende und schockierende Einblicke ins Privatleben von Pechvögeln werden ergänzt durch Interviews aus dem Bekanntenkreis. Rolf Eden und der Familienanwalt kommen genauso zu Wort wie Techniker und Wegbegleiter.“, und wollte wissen: „Viele werden sich an Besuche im Plänterwald erinnern und nun erfahren, was dem Betreiber widerfuhr. Ist das schon das Ende der Wittes, oder kommt da noch was?“
* * *
Titel: Achterbahn
Genre: Dokumentation
Kinostart: 2. Juli 2009
mit: Familie Witte
Buch, Kamera, Schnitt und Regie: Peter Dörfler
Produktion: Benny Drechsel, Karsten Stöter, Kurt Otterbacher, Bert Schmidt
Musik: Bernd Schultheis u.a.
Laufzeit: 88 Minuten
Land/Jahr: BRD 2009
Verleih: Rohfilmverleih und Vertrieb der Filmagentinnen
Info: Am Montag, 29.06.2009, um 19 Uhr, Preview mit dem Regisseur in Orfeos Erben, Frankfurt am Main, Hamburger Allee 45 mit anschließender Diskussion.