Berlin, Deutschland; Wien, Österreich (Weltexpress). Weltmeisterschaft im Beachvolleyball in Wien. Zwei Frauen aus Deutschland wollen noch das Sahnehäubchen auf ihrer glanzvollen Karriere. Und das heißt für die Beachvolleyballerinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst in diesen Tagen bis zum 6. August in Wien den Weltmeistertitel zu erkämpfen.
Laura Ludwig und Kira Walkenhorst in der Runde der besten 16 Teams
Und nach vier Siegen, unter anderem über die Mannschaftskolleginnen Karla Borger und Margareta Kozuch sowie Nadja Glenzke und Julia Großner, steht das als „Mannschaft des Jahres 2016“ in Deutschland ausgezeichnete Duo aus Hamburg in der Runde der besten 16 Teams!
National und international haben die 31-jährige Abwehrspezialistin Ludwig und die 26-jährige Blockspielerin Walkenhorst bis dato alles gewonnen, was es im Volleyballsand zu holen gibt. Von deutschen Meisterschaften über finanziell lukrative Erfolge auf der Welt-Tour bis hin zum alles überstrahlenden Olympiatriumph im Vorjahr in Rio de Janeiro!
Nur bei Weltchampionaten hat es für das nach den Olympischen Spielen 2012 in London – Ludwig damals mit Sara Goller fünfte – neu zusammengestellte Duo Ludwig/Walkenhorst bisher nicht nach Wunsch geklappt. 2013 in Polen sprang ein fünfter Platz heraus und zwei Jahre danach in den Niederlanden versandeten buchstäblich alle Hoffnungen mit Rang 17.
Diese Platzierungen werden auf ihrer Website schamhaft verschwiegen. Die Kategorie Weltmeisterschaften existiert bei der Auflistung der sportlichen Erfolge (noch) nicht.
Nach vier „gnadenlosen Jahren“ (O-Ton von Trainer Jürgen Wagner) zwischen 2012 und 2016 will die nach Rio hierzulande als „Mannschaft des Jahres 2016“ geehrte Formation nun bei der WM ihre stolze Erfolgsbilanz vervollständigen. „Wir fahren nicht nach Wien, um dort nur mitzuspielen – wir wollen gewinnen, unbedingt“, bekräftigte die meist das Mediengeschäft übernehmende Berlinerin Ludwig vor dem ersten Ballwechsel.
Das Wörtchen „unbedingt“ verdeutlicht, dass der noch fehlende Titel reizt und der Erfolgshunger noch nicht erlahmt ist.
Olympiade oder Weltmeisterschaft? Olympiade und Weltmeisterschaft!
Ein Olympiasieg ist in fast allen Sportarten das Größte und höher einzuschätzen als ein Weltmeistertitel. Schon allein deshalb, weil Olympia nur alle vier Jahre auf der Agenda steht und eine Weltmeisterschaft meist alljährlich stattfinden. Daher liegt der Fokus vieler Sportlerinnen und Sportler auf Olympia und die entsprechenden Vorbereitung für Olympia sind intensiver als bei „normalen Weltmeisterschaften“. Im Beachvolleyball trifft allerdings die sportliche Einordnung, Olympia sei schwerer und schwieriger als eine Weltmeisterschaft, nicht zu.
Dürfen beim olympischen Turnier lediglich 24 und nur jeweils zwei Teams je Nation antreten, so baggern und schmettern beim WM-Ereignis jeweils 48 Paare mit bis zu vier Mannschaften pro Verband.
Die Konkurrenz ist logischerweise ungleich härter und größer, wenn beispielsweise jeweils vier Teams aus Brasilien und aus den USA aufschlagen. Leute dieser Länder bestimmen im Beachvolleyball international die Szene seit Jahren.
Mangel an Wettkampfpraxis und Spielrhythmus
Bei den in Hamburg wegen des Trainings-Leistungszentrums ansässigen Ludwig/Walkenhorst kommt hinzu, dass eine Schulter-OP im Dezember erst Ludwig außer Gefecht setzte und später nach Saisonbeginn Walkenhorst eine Virusinfektion.
Es mangelt also an Wettkampfpraxis und Spielrhythmus. Und deshalb hielt sich Trainer Wagner als Chef eines mehrköpfigen Helfer-Umfeldes bedeckt hinsichtlich der Erwartungen bei der WM: „Sie sind eindeutig von der Leistungsfähigkeit des vergangenen Jahres entfernt, von ihrer damaligen überragenden Spiel- und Wettkampfperformance Die Frage ist nun, wie viel kann man mental korrigieren? Da traue ich beiden einiges zu. Der Olympiasieg in Rio de Janeiro sollte genug Selbstvertrauen hinterlassen haben, eben jene Gewissheit, jeden schlagen zu können.“
Der 61-jährige Wagner, der parallel außerordentlich erfolgreich eine Agentur betreibt, die alles Mögliche rund um Beachvolleyball anbietet, ist der einzige Trainer der Branche, der sowohl eine Männerformation – Julius Brink und Jonas Reckermann 2012 in London – wie eine der Frauen auf das oberste Treppchen bei Olympia geführt hat.
Kamen seiner Ansicht nach vor 12 Monaten bei Olympia fünf Siegkandidaten infrage, so seien es diesmal zehn. Dazu rechnet er neben den fünf (wegen der Titelverteidigerinnen zu fünft) brasilianischen Teams – deren Titelverteidigerinnen Agatha und Barbara haben neue Partnerinnen am Netz –, dem kanadischen Duo Pavan/Humana-Paredes auch die deutschen Saisonaufsteigerinnen Chantal Laboureur/Julia Sude Stuttgart/Friedrichshafen). Letztere haben in diesem Jahr so fleißig wie noch nie für die Weltrangliste gepunktet. Und sie unterstrichen beim vorletzten Weltturnier vor der WM in Gstaad (Schweiz) mit ihrem ersten Sieg über die Weltranglisten-Ersten Larissa/Talita (Brasilien), dass ihnen alles zuzutrauen ist.
Wie Laura Ludwig und Kira Walkenhorst haben auch sie ohne Niederlage den Einzug ins Achtelfinale erreicht.
Alle anderen deutschen Aufgebote sind bei den anspruchsvollen äußeren Bedingungen – im heißen WM-Sand wurden mehr als 60 Grad Celsius gemessen – ausgeschieden.
Das Achtelfinale in Wien
Im Achtelfinale scheinen Laboureur/Sude mit Lehtonen/Lahti (Finnland) leichtere Gegner zu haben.
Die Olympiasiegerinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst bekommen es mit dem US-Duo Claes/Hughes zu tun, das so etwas wie Angstgegner der Deutschen sind. Alle bisherigen drei Begegnungen haben nämlich die hochgewachsenen US-Girls gewonnen.
Dass die Deutschen Meister Markus Böckermann/Lars Flüggen (Hamburg) mit einem überaus enttäuschenden 33. Rang heimkehren, dürfte wohl niemand erwartet haben. Denn zwei Wochen vor der WM hatten sie noch mit ihrem Erfolg beim hochdotierten Weltturnier in Polen für Furore gesorgt. Und sicherlich mit einer WM-Platzierung mindestens unter den besten acht Teams geliebäugelt.
Doch im letzten Gruppenspiel hatte sich Abwehrspezialist Lars Flüggen am Knie verletzt. Das machte sich dann in der Auseinandersetzung um den Einzug in die 32-er K.o.-Runde so gravierend bemerkbar, dass die Deutschen letztlich ohne Chance gegen die Italiener Ranghieri/Carambula blieben.
So muss der deutsche Verband mit der Teilnahme nur eines Männerpaares und dessen 33. Rang das wohl schwächste WM-Abschneiden aller Zeiten quittieren.
Als Titelverteidiger sind die brasilianischen Olympiasieger Alison/Bruno noch im Wettbewerb.