Berlin, Deutschland (Weltexpress). In Korea war man daran gewöhnt, täglich den Überschall-Knall amerikanischer Aufklärungsmaschinen zu vernehmen, die mit höchster Geschwindigkeit über Nordkorea hinwegflogen, um letzte Informationen zu erhalten. Der Knall, mit dem die amerikanischen Aufklärer die Schallmauer durchstießen, erschütterte die südkoreanische Hauptstadt Seoul in der Sekunde, in der Nordkorea an der gut 60 Kilometer von Seoul entfernten Grenze über den Besuch der Aufklärungsmaschinen informiert wurde. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Waffenstillstand von 1953 so fragil war, wie stets seither.
Panmunjon, Waffenstillstandsort in Korea
Man wird nachdenklich, wenn man im weltbekannten Waffenstillstandsort mit dem Namen Panmunjon mal auf beiden Seiten der dort unmittelbar durch die Verhandlungsbaracke verlaufenden Grenze gestanden hat. Von der südkoreanischen Seite aus ist es mühsam, einen nordkoreanischen Soldaten auf dem Dach des nordkoreanischen Grenzgebäudes zu sehen. Wenn man selbst die Gelegenheit hatte, auf diesem Dach zu stehen und auf die südkoreanische Seite zu blicken, wird einem durchaus „besser“.
Hier muss man keine Soldaten suchen, weil sie mit ihren gespiegelten Brillen wie in einem Science-Fiction-Film hinter jedem Mauervorsprung stehen. Natürlich gibt es bei uns eine offizielle Lesart zu der Frage, wer den Korea-Krieg angefangen hat. Nordkoreanische Offiziere, mit denen man sich auf dem Dach des Grenzgebäudes unterhalten konnte, hatten dazu auch ihre offizielle Sicht der Dinge. Die war nun einmal anders.
Diese Offiziere zeichneten sich durch eine bei anderen Spitzenmilitärs ebenfalls bekannt nüchterne Sicht der Welt aus. Sie waren glänzend unterrichtet und versetzten den europäischen Besucher alleine deshalb ins Staunen, weil die gängige Vorstellung die ist, es mit einem abgeschotteten Land zu tun zu haben. Weit gefehlt, wie auch politische Gespräche in Pyongyang mit denen zeigten, die nach ihrem Studium im sächsischen Freiberg höchste Staatsämter in Nordkorea innehatten.
Dem entsprach auch die Erfahrung bei Gesprächen in Südkoreas Hauptstadt Seoul. Dort saßen an den Tischen oft genug Dialogpartner, die vor den Gesprächen selbst noch im angeblich verfeindeten Norden gewesen waren. Die Gespräche auf beiden Seiten der Demarkationslinie machten eines deutlich. In beiden Teilen Koreas gibt es ein Empfinden für die jahrtausendelange Geschichte zwischen großen Mächten. Und es gibt ein spezielles Verständnis dafür, dass sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im August 1945 im Pazifik daran nicht viel geändert hat. Die Lage in Korea ist unverändert von der Rivalität der Korea umgebenden Großmächte bestimmt.
Die amerikanisch-südkoreanischen Team-Spirit-Manöver sind eine Dauerkriegserklärung wie die nordkoreanischen Raketenstarts
Die Gesamtlage auf der koreanischen Halbinsel ist davon bestimmt, dass alle umliegenden Mächte wie China, Japan, Russland und Taiwan den Status quo auf der koreanischen Halbinsel aufrechterhalten wollen. Einzig die Vereinigten Staaten machen über die jährlich stattfindenden Manöver mit dem Namen „Team Spirit“ oder vergleichbar gemeinsam mit ihrem süddeutschen Verbündeten klar, dass jederzeit aus dem Manöver ein handfester Krieg werden kann. Dadurch machen die vereinigten Bündnispartner den Staaten, die keine Veränderung auf der koreanischen Halbinsel wollen, ihre auf Übernahme gerichtete Absicht jedes Jahr deutlich. Es ist müssig, sich jetzt weit entfernte Gedanken in Europa darüber zu machen, wo die Henne und wo das Ei in dem Endlos-Konflikt in Korea ist. Eines ist jedenfalls für uns sicher.
Unter den gegebenen Umständen ist ein kriegerischer Konflikt auf der Halbinsel die sichere Zündschnur für einen Global-Krieg. Dafür ist es fast nicht nötig, nordkoreanische Raketen behauptet oder tatsächlich auf amerikanische Ziele gerichtet zu sehen.
Präsident Trump lässt Bomber über Nordkorea fliegen und beschimpft Peking
„Miteinander reden“ oder „aufeinander schießen“, auf diese Fragestellung scheint es derzeit hinauszulaufen. Beides ist mit Fragezeichen versehen, bei denen ein Schießkrieg eher in Reichweite zu sein scheint als die von Nordkorea seit Jahrzehnten angestrebten direkten Gespräche zwischen Pyongyang und Washington. Die Welt steht an mehreren Stellen am Abgrund und die gefährlichsten Zünder liegen derzeit in Washington und Pyonyang.