Wir haben für die erste Etappe unserer Tour auf der Käsestraße SH die Osthälfte von Schleswig-Holstein gewählt. Rund um die touristischen Zentren Ratzeburg und Holsteinische Schweiz. Kurz vor der Inselstadt Ratzeburg im Naturpark Lauenburgische Seen erreichen wir die Domäne Fredeburg. Seit 25 Jahren betreibt dort eine Gemeinschaft auf 160 ha erfolgreich bio-dynamische Landwirtschaft nach den Demeter-Grundsätzen; eigene Käserei mit freundlichem Hofladen inbegriffen. Vier Familien um Käsemeister Lothar de Vries beackern fruchtbares Land und vermarkten die Erzeugnisse ihrer Milchwirtschaft, darunter 13 verschiedene Käsesorten. Das Sortiment gehört zu den besten handwerklich hergestellten Bio-Käse Deutschlands und gewann wiederholt den Norddeutschen Käsepreis. Das Geheimnis: „Die Käsequalität entwickelt sich aus der Qualität des Futters und der Milch“. Anne-Maria von Schulz erläutert uns die Bioland-Prinzipien, nach denen grundsätzlich im Kreislauf gewirtschaftet wird. Auch ein effizientes Energiekonzept gehört zum Markenzeichen der Hofgemeinschaft.
Unsere Reiseplanung nimmt sich Zeit für einen Schnuppertag in Ratzeburg, bekannt durch die legendären Ruderer im Erfolgsachter. In Wittler ´s Hotel am idyllischen Domviertel gelegen lässt es sich gut relaxen. Von hier aus startet ein interessanter Stadtspaziergang zum Ratzeburger Dom, erbaut von Heinrich dem Löwen im 12. Jahrhundert, vorbei an Rathaus und dem Barlach-Museum sowie der Löwenskulptur. Das gastronomische Kontrastprogramm erwartet uns am Ratzeburger See: Fischmahlzeit in der Fischerklause.
Als Station 2 auf der Käsestrasse steuern wir die Meierei der Vorwerker Diakonie in Lübeck an. Sie liefert Bio-Käsespezialitäten aus der Arbeit von 14 Menschen mit Behinderung. Das beste Rezept für Käsemeister Christian Feibig ist die gute handwerkliche Tradition. Die verarbeitete Milch stammt vom Gut Brook (Biopark) in Mecklenburg. Geschmacksrichtungen der gefragten Sorten: Bio-Gouda, Knoblauch-Basilikum, Salbei, Kümmel, Möhre, Tilsiter und Pfeffersiter, allesamt „Hansfelder Käse“. Im Sommer fertigt die Meierei auch leckeres Bio-Speiseeis in 3-5 verschiedenen Sorten.
Als nächstes Ziel erreichen wir die Demeter-Hofkäserei Klostersee, südlich von Oldenburg. Der von alten Eichen flankierte Hof mit seinen 60 Milchkühen wird seit 1987 biologisch-dynamisch bewirtschaftet. Käserei, Hofladen und eine eigene Bäckerei sorgen für viel Nachfrage in der Region und auf den Wochenmärkten. Die neue Käsemeisterin Maria von Müller stellt sich gleich mal mit Tochter Grete vor. Zur Melkzeit von 6 bis 7 Uhr ist das Kind aber noch nicht dabei. Die Ziele des Demeter-Teams gehen über die rein landwirtschaftliche Arbeit hinaus. Alle 20 Leute der lebendigen Hofgemeinschaft möchten nicht nur zusammen arbeiten und leben. Sie wollen auch Zeichen setzen für einen sorgsamen Umgang mit der Erde und kulturelle und soziale Ansätze in das Hofleben einbeziehen. Vom WWF wurde ihnen der Umweltpreis „Ostsee-Landwirt 2015“ verliehen. Hauptkriterium dafür: Schutz der Ostsee durch nachhaltige Landwirtschaft. Ein zusätzliches Marketing für den Klostersee Hartkäse und die pikanten Rotschmiere-Käsesorten. Dahinter steht die Regel: „Käse machen ist ein Zusammenspiel von Milchqualität, Temperatur, Zeit und Handwerk“. Für Gäste stehen auf Hof Klostersee ganzjährig sechs Ferienwohnungen zur Verfügung.
Die weitere Reise führt uns in die Holsteinische Schweiz, eine romantische Landschaft für Genießer. Zwischen den Städten Lübeck und Kiel reicht sie bis an die Ostseeküste. Der Naturpark gehört mit seinen 200 Seen und den Residenzstädten Eutin und Plön zu den schönsten Urlaubsregionen. Und dann noch Bad Malente, heilklimatischer Luftkurort, das Herz der Holsteinischen Schweiz. Wir logieren in einer Pension in Plön, direkt am Trentsee. Vor den Stichfahrten zu weiteren Hofkäsereien erkunden wir Ort und Umgebung. Naturbestimmend und touristisch attraktiv der 28 km ² große Plöner See. Darüber thront majestätisch das Schloß, einst Sitz von Herzögen, Fürsten und des dänischen Königs. Heute Fielmann-Akademie und meist geschlossen”¦ Empfehlung des Stadttouristen: Große Schifffahrt über den Plöner See.
Rund um die weitere Stadt zieht sich ein landschaftlich besonders reizvoller Abschnitt der S-H-Käsestrasse: fünf Käsereien, darunter mit Hof Berg in Dannau der älteste Biolandbetrieb. Bereits 1979 gegründet, tragen heute die Familien Kohler und Teschemacher hier Verantwortung. Für René Kohler – Käsemeister und Vermarkter – heißt Bio: „Unsere 45 Milchkühe haben täglich Auslauf und fressen nichts als frisches Gras, Heu, Silage und Getreide von den eigenen Feldern. Wir düngen ausschließlich mit hofeigenem Mist, bauen abwechselnd verschiedene Pflanzen an, damit der Boden nicht einseitig ausgezehrt wird und sich das Risiko von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen verkleinert“. Alle neugeborenen Kälber erhalten eigene Namen, die 2016 sämtlich mit dem Buchstaben T beginnen. Probiert haben wir die Käsesorten „Dannauer Berg“, „Dannauer Natur“ und den Favoriten „Kam ´n Bär“. Allein 10 Jahre brauchte der gefragte „Schwarzkäse“ von der Idee zur Produktion. Damals wurde der Schwarzkümmel zumindest noch händisch über den Camenbert gestreut. Der im Asiatischen populäre Schwarzkümmel (Nigella Sativa) passt perfekt zu dem milden Weisschimmelaroma.
Weiter südlich liegt die Käsemanufaktur Travernhorst. Das Motto von Anke Wardin und Carsten Mann: „Wir lieben unsere Schafe, wir lieben Schleswig-Holstein und wir machen guten Käse“. Die Herde mit 80 Ostfriesischen Milchschafen liefert das Rohprodukt, aus dem dann verschiedene Bio-Frischkäse entstehen. Ob mit Paprika und Chili oder mit Schnittlauch verfeinert. Aromatisch-würzig ist der Trave-Taler, ein frischer Weichkäse mit Knoblauch und Basilikum. Zudem wird in der Käsemanufaktur die Schafsmilch auch zu Quark und Joghurt verarbeitet. Gemolken wird zweimal täglich; ein Schaf gibt ungefähr einen Liter Milch am Tag. Nebenbei wachsen noch Bio-Weihnachtsgänse auf den Weiden auf.
Einen empfehlenswerten Stopp machen wir in der Ziegenkäserei Hof Hottbarg in Kührsdorf im Naturschutzgebiet. Als Neueinsteiger wirtschaften Catrin und Stefan Sporleder seit 2007 nach der EG-Bioverordnung sowie den besonders hohen Bioland-Richtlinien mit ihrer Ziegenherde. Gerade Ziegenmilch ist von hohem Wert für die menschliche Gesundheit. Durch ihre besondere Zusammensetzung von Eiweiß und Fett hebt sie sich deutlich von Kuh- und Schafsmilch ab. Die köstlichen Frisch-, Weich- und Schnittkäse von mildem bis pikantem Aroma reifen in eigens dafür gebauten Räumen. Verkostet haben wir neben Käse auch die hofeigene Wurst: Ziegensalami frisch/abgehangen, Ziegenwiener, Ziegenknacker, Ziegenbratwurst und Ziegenleberwurst. Als zweites Standbein betreiben die Sporleders noch einen Reiterhof, der zur Ferienzeit ein Bauernhofzeltlager und Reitkurse anbietet.
Die nachhaltigsten Eindrücke auf der Käsestrasse S-H hinterließen die jungen Bio-Bauern. Eine neue Generation schafft auf den traditionellen Höfen, mutig, erfolgreich und auch mit Risiko. Alle sehen die Biolandwirtschaft als die Landwirtschaft der Zukunft mit artgerechter Tierhaltung und wertvollen Lebensmitteln. Die Käsestraße ist eigentlich eine Ferienstraße, die die käseproduzierenden Betriebe in Schleswig-Holstein als Reiseroute verbindet. Zur typisch norddeutschen Käsesorte zählt immer noch der Tilsiter, der über Tilsit in Ostpreußen nach Schleswig-Holstein „eingewandert“ ist. Als originelles Angebot verweist die Website der Käsestrasse auf den „Käsefinder“. Hier kann jeder seinen persönlichen Lieblingskäse ausfindig machen und direkt vor Ort beim Erzeuger probieren. Guten Appetit!
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Kontakt: Geschäftsstelle der KäseStraße SH e.V., Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, Grüner Kamp 15-17 D-24768 Rendsburg, Telefon: 04331 – 94 53-402, Fax: 04331 – 94 53-409, E-Mail: info@jahnkes-ziegenkaese.de