Angefragt und eingeladen – Der erste Kontakt
Als Pilgersmann der proletarischen Art – genauer: als gehaltvoller Lohnschreiber in dürftiger Zeit -, mit Basis in Berlin, schrieb ich dem Bayerischen Pilgerbüro, einem eingetragenen Verein (e.V.) mit dem Status der Mildtätigkeit und dem Sitz in München, bot meine Dienste als Berichterstatter an und wartete auf Antwort.
Zuvor lernte ich Wolfgang Zettler, den Direktor dieser Körperschaft des privaten Rechts, bei Kaffee und Croissant in dem angenehmen Ambiente eines kleinen Hotels am Rande des weitläufigen Messegeländes unter dem Berliner Funkturm, auf dem die Internationalen Tourismusbörse (ITB) veranstaltet wurde, kurz kennen, später schätzen. Einen Vertreter eines Idealvereins – bessere gesagt: eines nichtwirtschaftlichen Vereins – auf der führenden Fachmesse der Tourismus-Wirtschaft der Welt zu treffen, das ist bemerkenswert. Erwähnenswert ist das ebenfalls wie der Umstand, dass das Bayerische Pilgerbüro auf eine „lange Firmengeschichte zurückblickt“ und in wenigen Tagen sein „90-jähriges Firmenjubiläum“ (sic!) feiert.
Nicht nur zu Festgottesdienst und Festakt am Sonntag, den 1. Januar 2015, in München wurde ich eingeladen, sondern auch zu den Vorträgen und Führungen am Nachmittag. Und zu einer Reise nach Irland, die mit dem Abflug in Berlin begann. Die Maschine mit Dutzenden müder Menschen und mir an Bord des Airbus A320-100/200 hob Mitte Mai 2014 gegen 22 Uhr Berliner Zeit vom Flughafen in Schönefeld ab, und zwei Piloten von Aer Lingus flogen uns nachts nach Dublin, denn ich fragte vor fast einem Jahr an und erhielt prompt eine Einladung vom Bayerischen Pilgerbüro zu einer Recherchereise.
90 Jahre gemeinsam unterwegs – Das Bayerische Pilgerbüro
Die 1925 nach unserer Zeitrechnung von Johannes Neuhäusler, der später Weihbischof in München wurde, und anderen als Bayerisches Landeskomitee für Pilgerfahrten gegründete Organisation wuchs und wandelte sich. Ihre Mitglieder bewiesen, dass Anpassung eine der besten Eigenschaften des Menschen ist, indem sie diese Einrichtung an die jeweiligen Ereignisse adaptierten. Heute existiert statt des Bayerischen Pilgerkomitees das Bayerische Pilgerbüro und das gleich doppelt. Neben dem e.V., der 1954 gegründet wurde, besteht eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die seit ihrer Gründung 1978 neben dem Zusatz Studienreisen ebenfalls den Titel „Bayerische Pilgerbüro“ im Namen trägt. Wolfgang Zettler vertritt gleich beide Bereiche nach außen, während Weihbischof Wolfgang Bischof den e.V. nach oben (Himmel) und nach außen vertritt, was, wie ich in der Hölle schmorender Schreiber vermute, nicht leichter fällt, denn der Weg zum Himmel führt doch durch das Fegefeuer.
Während die haftungsbeschränkte Kapitalgesellschaft Studien- und Wanderreisen verkauft, unterstützt die Personengesellschaft „seit vielen Jahren behinderte oder finanziell schwächer gestellte Menschen sowie Familien und Jugendliche, um diesen eine Teilnahme an einer Pilgerreise zu ermöglichen“. Wollte Neuhäusler vor 90 Jahren noch Pilger auf ihrem Weg nach Rom unterstützen, so werden heute nach Aussagen von Bischof und Zettler die „Krankenzüge nach Lourdes ”¦ stark bezuschusst“. Erst Ende der 1970er Jahre ergänzten Studienreisen und Mitte der 1990er Jahre Wanderreisen die Pilgerreisen. Alle drei Reiseformen lassen den „Marktführer im deutschsprachigen Raum für Pilgerreisen und Wanderungen auf dem Jakobsweg“ frohlocken und feiern.
Tradition und Moderne – Der Katalog
Das Alte und das Neue scheinen es den Machern des Bayerischen Pilgerbüros angetan zu haben. Der aktuelle Katalog für 2015, der mich vor wenigen Wochen im Winter in der warmen Redaktionsstube im Hauptstadtbüro des WELTEXPRESS erreichte, scheint unter dem Motto „Tradition und Moderne“ zu stehen. Dabei reicht das Angebot an Reiseländern im 232 Seiten starken Verzeichnis im A4-Format von A wie Armenien bis Z wie Zypern. Frankreich und Italien sind mit Zielen wie Lourdes und Rom wie immer stark vertreten, während in den Vereinigten Staaten von Amerika nur New York und in der Russischen Föderation nur Sankt Petersburg angepriesen werden. Immerhin.
Bemerkenswerterweise finden sich in der langen Liste von Pilger- und Studienreisen auch Kreuzfahrten. Damit sind nicht Reisen, die auf die Knochen, aufs Kreuz und Gemüt gehen gemeint sondern Pilgern auf Planken, also Reisen auf Schiffen, die auf Flüssen, Kanälen, Seen und Meeren fahren. Dieses Mal darf die Star Clipper als Großsegler mit Rah- und Schratsegeln kreuzen, um einen Hafen zu erreichen, der im Wind liegt. Kommt jedoch bei dieser Jubiläumskreuzfahrt der Klabautermann nicht oder zeigt sich, hilft nur noch Beten.
Wanderreisen mit Reisen auf dem Jakobsweg allein oder in Gruppen werden in einem weiteren 100-seitigen Katalog angeboten.
Das sich „als tradionsreichster und moderner Reiseveranstalter für christliche Reisen“ sehende Bayerische Pilgerbüro biete in diesem Jahr wieder „kirchengeschichtlich, historisch und kulturell einmalige Orte auf der ganzen Welt“ und verweist in der Einleitung zum aktuellen Katalog darauf, dass „die Verschmelzung aus Tradition und Moderne ”¦ uns auch in der Heiligen Schrift“ begegne, „wenn etwa die Apostel festhalten an ihrer jüdischen Glaubenstradition und gleichzeitig ‚Feuer und Flamme‘ für die Frohe Botschaft Jesu Christi“ seien. „Feuer und Flamme“ mag ein Mensch im Fegefeuer spüren, ganz sicher aber in Palästina erleben, wo mitunter Einheimische traditionell auf Eseln durch geschichtsträchtige Gassen reiten und modern mit dem Handy telefonieren, bevor sie von den Soldaten der Siedler erschossen werden. Viele BP-Reisen führen nicht nur nach Rom sondern ins besetzte Land, nach Palästina/Israel.
Irland mit dem Bayerischen Pilgerbüro
Geschichte, die nicht vergeht, und Gegenwart, die schwer zu begreifen scheint, besichtigte ich eine Woche auf Einladung des Bayerischen Pilgerbüros in Irland und sah das Gleiche geschehen wie zuvor in Israel, nämlich das Projekt der Moderne, die Aufklärung, vor die Hunde gehen, während Menschen Menschen wie Hunde behandeln. Darüber mehr Dank Unterstützung des Bayerischen Pilgerbüros in weiteren Beiträgen für den WELTEXPRESS.
Weiter mit den Pilger-, Studien- und Wandereisen nach Irland. Wissenswertes über Iren und Irland verspricht die Studienreise „Irland – Land der Regenbogen“ und gewährt elf Tage Ein- und Ausblicke während einer Rundreise, die in Dublin beginnt und am zweiten Tag durch viel Gegend mit Geschichte führt. Durch alle vier Regionen Irlands – Ulster, Connaught, Munster und Leinster – reist die Gruppe und irgendwie auch durch und eine lange wie leidvolle Geschichte. Von Dublin aus weist der Weg in den Norden zu Ruinen von Klöstern (Monasterboice) und Kirchen (Mellifont Abbey), Friedhöfen (Newgrange) und dem friedlich wirkenden Belfast mit dem modernen Titanic House im Titanic Quarter sowie den traditionellen anglikanischen und katholischen Vierteln mit bunt bemaltlen Häusern und Mauern. Nicht minder bizarr sind die Basaltsäulen am Giant`s Causeway, die auch am dritten Tag bestaunt werden. Am vierten Tag wird der Glenveagh Nationalpark und Derry besucht. Wer will, der kann in der St. Columb`s Kathedrale beten. Durch die Grafschaft Donegal mit Stationen in Killybegs, Carrowmore und Castlebar geht die Reise am fünften Tag weiter und führt am sechsten Tag in den Connemara Nationalpark. By the way wird der Sitz des Earl of Altamont (Westport House) und ein schönes Schloß (Kylemore), das einst Herrn Henry gehörte, aufgesucht. Magische Momente bietet auch der Burren und die Cliffs of Moher am siebten Tag. Tag acht gehört der Halbinsel Dingel, die wie ein Finger in den Atlantik ragt und Ruinen der Kirchen Reasks und Kilmalkeddar bietet. Der nächste und neunte Tag bietet wieder einen See, den Lough Leane im County Kerry, Muckross House und eine Fahrt von Killarney in den County Cork, wo die Stadt Cork am River Lee erkundet wird, um anschließend nicht weit nach Midleton zu fahren, wo in einer Distillery Whisky wartet. Spätestens in Cashel ist der Kopf wieder klar, wenn die „irische Akropolis“ erklommen wird. Vom Rock of Cashel reisen alle am zehnten Tag weiter über Glendalough und zurück nach Dublin
Eine weitere Reise als Pilgerfahrt mit dem Titel „Irland – Insel der Mönche und Heiligen“ wurde so konzipiert, dass auch „Menschen mit eingeschränkter Mobilität“ die Reise unternehmen können. Rund eine Woche, wobei der erste und der achte Tag für An- und Abreise gedacht sind, wird Dublin im Schnelldurchlauf mit einer Busfahrt durch die Stadt am Liffey begonnen mit Begehungen des Trinity College und der Christ Church Cathedral. Am folgenden Tag geht die Reise zum Rock of Cashel. Besichtigt wird eine eindrucksvolle Burg, die auf einem Felsen gebaut wurde und Relikte der ersten romanischen Kirche Irlands enthält. Abends einen Pint in einem Pub von Tralee trinken, oder zwei, und am nächsten Morgen einen der fünf Finger Irlands umrunden – auch das bietet diese Busfahrt. Die Rundfahrt auf dem Ring of Kerry führt vor allem zu den grünen Gärten von Muckross House, wo in der Reisezeit vom 20. bis zum 27. September 2015 die Herbstblumen wie Astern, Chrysanthemen und Dahlien blühen. Am nächsten Tag wird der Shannon überquert und der Westküste entlang der Cliffs of Moher nach Connemara gefolgt. Berge und Buchten, Seen und See geraten ins Blickfeld, bei einer Bootstour Seevögel, vielleicht auch Robben und Delfine. Auf jeden kann Kylemore Abbey und am nächsten Tag auf der Fahrt von der West- zur Ostküste die Klosterrunie von Clonmacnoise besichtigt und fotografiert werden. Ein gutes Guiness in der Brauerei in Dublin mit bestem Blick von der Gravity Bar auf dem Storehouse bis zu den Wicklow Mountains, aus denen das klare Wasser für das dunkle Gebräu kommt, beendet die Pilgerreise, die auch für Reisende mit Gehbehinderungen und Rollstuhlfahrer geeignet ist.
Mehr zu den Reisen nach Irland auf der Website Pilgerreisen.de, wo die fünf Reisearten Pilgerreisen, Studienreisen, Kreuzfahrten, Wanderreisen und Jakobsweg sowie darüber hinaus die „Besonderen Reisen“ für „Menschen mit eingeschränkter Mobilität“ angeboten werden.