Im Vorwort, das von Großmann geschrieben wurde, bedankt sich der Generaloberst a.D. für das „akribische“ Sammeln von „Fakten“ samt deren Beschreibung und Bewertung durch Fischer, weil dadurch Legenden „widerlegt bzw. richtiggestellt“ worden seien. Großmann sieht die DDR seit Gründung 1949 im Fadenkreuz der „Westmächte“, der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und der Bundesrepublik Deutschland (BRD). „Politisch, ökonomisch, militärisch und durch Spionage- und Sabotagemaßnahmen wurde versucht“, so Großmann, „eine friedliche, stabile Entwicklung zu einem gefestigten sozialistischen Staat im Verbund des Warschauer Vertrags zu verhindern“. Er Rechtfertigt die Gründung des Außenpolitischen Nachrichtendienstes (APN) im September 1951 sowie der späteren HV A im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) damit, dass „dies frühzeitig“ erkannt werden musste und damit, „rechtzeitig Maßnahmen zum Schutz und zur Sicherheit des friedlichen sozialistischen Aufbaus einleiten zu können“.
Dieser Auftrag wurde von hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeitern sowie Kundschaftern erfüllt und zwar mit beachtlichem Erfolg für die DDR, die Sowjetunion und „eine Vielzahl von politisch progressiven Ländern der Dritten Welt“ im Kalten Krieg. „Die Angehörigen der Geheimdienste der DDR haben – wie die Geheimdienste aller Staaten der Welt – eine nach dem Recht ihres Staates erlaubte und sogar von ihm verlangte Tätigkeit ausgeübt“, hält auch das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 15 Mai 1995 in einem Strafverfahren wegen Landesverrat u.a. gegen Großmann fest.
Der Historiker Thomas Wegener Friis betrachtete 2007 die HV A als „einer der erfolgreichsten, wenn nicht der erfolgreichste Spionagedienst des Kalten Krieges in Ost und West“. Selbst Ex-CIA-Chefhistoriker Benjamin Fisher urteilte: „Gemeinsam haben MfS und HV A es vermocht, dass sich die CIA in der DDR, einem neuralgischen Ziel im Kalten Krieg, als taub, stumm und blind erwiesen hat.“
Mehr Lob für die Männer und Frauen unter dem Leitmotiv „Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg“ geht kaum. Großmann resümiert: „Alle arbeiteten auf der Grundlage politischer Überzeugung.“ Großmann legt Wert auf die Feststellung, dass es der HV A nicht um „die Destabilisierung oder gar Liquidierung von Staaten“ gegangen sei und weder Mord noch Totschlag gebilligt wurden. „Wir bauten keine Stay Behind-Organisation auf wie die Dienste der NATO-Staaten. Wir arbeiteten mit keinem Terroristen oder anderweitig Schwerkriminellen zusammen. Das ist eine Bilanz, die kein Nachrichtendienst eines NATO- oder westlichen Staates vorweisen kann“, schreibt Großmann. In der Tat konnte durch kein Strafverfahren nach 1990 gegen hauptamtliche oder inoffizielle Mitarbeiter der HV A „eine solche Absicht oder Tat nachgeweisen werden“.
Fischer befasst sich ausführlich mit der Strafverfolgung, dem „überfallartigen“ Zuschlagen von Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt ab dem 3. Oktober 1990. Er berichtet über die Strafverfolgung der Kundschafter aber auch über eine "Initiativgruppe der Kundschafter des Friedens …" fünf Jahre nach der ersten Verhaftungswelle. 36 Anlagen, mit denen das Buch ab Seite 170 beginnt, belegen das Behauptete. Dadurch ist das Buch ein Dokument des Zeitgeistes und der Zeitgeschichte.
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Bernd Fischer, Das Ende der HV A, Die Abwicklung der DDR-Auslandsaufklärung, 288 Seiten, mit Abbildungen, broschiert, 12,5 x 21,0 cm, Edition Ost im Verlag Das Neue Berlin der Eulenspiegel Verlagsgruppe, ISBN: 978-3-360-01855-7, Preis: 14,99 EUR (D)