Immerhin 8 886 Fans hatten am Freitagabend den Weg in die Arena gefunden. In der Erwartung eines neuerlichen Coups der Albatrosse in der europäischen Königsklasse Euro League. Oder auch mit der Neugier, mit Moskau eine der stärksten Klubmannschaften Europas zu erleben. Die Moskowiter sind nicht nur russischer Serienmeister, sie sind als einer der finanzstärksten Vereine des Kontinents – kolportiert wurde ein Etat um die 35 Millionen Euro – auch Dauergast im Final Four im europäischen Topwettbewerb. Gewannen zweimal diese Konkurrenz. Rangieren mit den Spitzenklubs aus Spanien und Griechenland auf Augenhöhe: „”¦ Viele dieser Clubs haben Stars in ihren Reihen, die wir nie im ALBA-Trikot sehen werden, weil sie schlicht und einfach zu teuer wären.“
So stand es fast schon devot im offiziellen Alba-Programm. Mit der Ergänzung, man wolle aber mit Herz und Leidenschaft dennoch um den Sieg kämpfen”¦
Das tat die Formation von Alba-Cheftrainer Sasa Obradovic denn auch. Doch die aggressive Berliner Abwehr – Motto ’Keine leichten Punkte zulassen` oder in der ungeschminkten Version ’Lieber foulen als Punkte gestatten` – führte nicht zum gleichen Resultat wie noch beim Sensationserfolg über den NBA-Champion San Antonio Spurs. Den Stars der Spurs war durch die Pattex-Verteidigung der Berliner mit vielleicht ungewohntem Körperkontakt die Lust am Spiel in diesem Test abhanden gekommen. Es ging ja auch um Nichts.
Im CL-Match ahndeten die aufmerksamen Referees zunächst die allzu aggressive Gangart der Berliner, was früh zur Foulbelastung von Stammkräften führte. Als Alba sich bei Problemen, Körbe aus dem Spiel zu erzielen, mit großem Einsatz Offensiv-Rebounds zurückholten und nach wie vor aggressiv blieben, fühlten sich die ZSKA-Stars herausgefordert. Und schalteten in allen Bereichen einen Gang höher.
Obwohl deren serbischer Guard Milos Teodosic, bei der Weltmeisterschaft zuvor als bester Spielmacher ausgezeichnet, seine Solodarbietungen etwas überzog, strahlte er mit seinen Aktionen eine fast schon arrogante Selbst- und Treffsicherheit aus. Der 1,95-m-Mann war mit 15 Zählern nicht nur zweitbester Punktesammler seiner Mannschaft nach dem russischen Auswahl-Center Sascha Kaun (16), sonderte angelte sich neun Abpraller und verbuchte fünf Zuspiele (assists), die direkt zu Punkten führten.
Teodosic und der 2,13 m lange Kaun waren symptomatisch für die Klasse und Überlegenheit des Gegners im Aufbauspiel wie auch unter den Körben. In beiden Bereichen verfügt Alba – beispielsweise mit Cliff Hammonds/Alex Renfroe oder Jamel McLean/Leon Radosevic (Center) – über hervorragende Basketballer. Doch sie sind ein paar Zentimeterchen kleiner und teilweise schmächtiger als ihre Gegenspieler und den Moskauern athletisch eher unterlegen. In der Bundesliga kompensiert Alba diese Konstellation durch Schnelligkeit, Aggressivität und technische Sicherheit – international aber sind die Kontrahenten auch da mindestens ebenbürtig.
Während bei Berlin nur Reggie Redding zweistellig (11) punktete, waren das bei Moskau fünf Akteure mit dieser Ausbeute.
Alba-Trainer Obradovic, der gern am Seitenrand bei Fehlern seiner Schützlinge den Ausraster gibt, hat deshalb die Niederlage ungewohnt gelassen kommentiert. Ja, ZSKA habe verdient gewonnen. Ja, man müsse das Spiel abhaken und die Lektion hinnehmen und auf dem Boden der Tatsachen bleiben: „Wir haben zwar San Antonio geschlagen, deswegen sind wir aber nicht Weltmeister.“
Die Erinnerung an das 94:93 über den NBA-Champion hält der Fanshop der Berliner in drei Versionen parat: Als T-Shirt, Schal und Poster – jeweils mit dem Aufdruck „NBA Sieger BESIEGER “.
Der klaren Niederlagen gegen ZSKA Moskau folte ein deutlicher Sieg gegen die gegen Crailsheim Merlins. Mit 93:65 (47:28) gewann Alba Berlin vor 2 400 Zuschauern beim weiter sieglosen Aufsteiger. Die athletischen Albatrosse, Berlin fing 37 Rebounds, Crailsheim nur 20, bleiben auch nach dem fünften Spiel in der Bundesliga ohne Niederlage.