Die Eckpfeiler der WikiLeaks Saga sind weitestgehend bekannt: die Welt steckt voller Geheimnisse, meist der unerfreulicheren Sorte, und Julian Assange macht es sich zur Aufgabe diese zu veröffentlichen, um so positive Veränderungen herbeizuführen. Zu diesem Zweck erschafft er WikiLeaks, eine Enthüllungsplattform im Internet, die es sogenannten Whistleblowern ermöglicht, anonym geheime Informationen der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Ihm zur Seite steht Daniel Domscheit-Berg, ein idealistischer Informatiker. Als WikiLeaks militärische Dokumente der Amerikaner zugespielt bekommt, müssen sich Assange und Domscheit-Berg der Frage stellen, ob man solche wirklich unredigiert veröffentlichen darf.
In Condons Film steht nicht Assange (Benedict Cumberbatch) sondern Domscheit-Berg (Daniel Brühl) im Mittelpunkt. Er ist der gute, intelligente Junge, der sich einen moralischen Kompass bewahrt hat. Er will die Welt verändern und ist bereit dafür sein eigenes Leben hintenanzustellen – aber nicht das von unschuldigen Menschen. Brühl liefert hier erneut eine ausgezeichnete Leistung ab, aber auch er kann dem Zuschauer nicht verständlich machen, was er in Assange sieht. Es ist vielleicht die erstaunlichste Leistung von Inside Wikileaks, dass ausgerechnet Benedict Cumberbatch es bis auf in wenigen Momenten nicht vermag, die charismatische Persönlichkeit Assanges zu vermitteln. Sein Assange ist ein Unsympath mit schlechten Manieren, der dringend mal ein Bad bräuchte.
Vor einigen Monaten kam We Steal Secrets – The Story of WikiLeaks, eine Dokumentation von Alex Gibney, ins Kino und im direkten Vergleich verliert Inside Wikileaks auf ganzer Länge. Ist Gibneys Film fast schon zu voll von Informationen, so schaffte es aber nur er ein verhältnismäßig ausgewogenes Bild der Ereignisse und Protagonisten zu geben. Es ist schwer zu sagen, ob Condon überhaupt dieses Ziel hatte oder ob er schlicht und einfach seine Sicht der Dinge zeigen wollte. Das ist zwar legitim, aber weil er es auch nicht schafft, ein gutes Erzähltempo zu finden und einige entscheidende Ereignisse nur nebenbei abfertigt, ist es eine eklatante Verschwendung einer spannenden Geschichte und guter Schauspieler. Es ist nicht so, als bemühe sich Condon nicht, so betont er die hehren Ziele, zeigt aber auch die negativen Auswirkungen, und versucht mit einigen netten visuellen Tricks die komplexe Struktur von WikiLeaks für den Zuschauer greifbar zu machen. Aber es ist eben auch der Film eines Mannes, der jüngst die Goldene Himbeere als Regisseur für Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht – Teil 2 verliehen bekam.
Inside Wikileaks – Die fünfte Gewalt ist ein Film für die, die gern mal was zum Thema gesehen haben wollen, ohne sich dabei geistig zu sehr anstrengen zu müssen. Es ist aber kein guter Film, da Condon kein glückliches Händchen bei Tempo und Schwerpunktsetzung hatte und seine Charaktere zu vereinfacht darstellt. Immerhin, das Filmplakat ist sehr schön.
Inside Wikileaks – Die fünfte Gewalt (USA, 2013); OT: The Fifth Estate; Filmlänge: 128 min; Regisseur: Bill Condon; Darsteller: Benedict Cumberbatch, Daniel Brühl, Anthony Mackie, David Thewlis, Moritz Bleibtreu, uvm; FSK: ab 12 Jahren; Kinostart: 31. Oktober 2013 (Deutschland).