Nach mehr als vier Jahren hatte der Kiez- und Kultverein aus der Hauptstadt erstmals wieder die Spitze erobert und die nur knapp eine Woche behaupten können.
Kompakt war das Schlüsselwort in der Suche nach den Gründen. Union-Trainer Uwe Neuhaus sprach, offensichtlich beeindruckt, hinterher von einer "sehr kompakten Vorstellung" des Gegners. Diese Kompaktheit habe den Zugriff auf die erstrebte Kontrolle über das Spiel verwehrt.
Kompaktheit im Fußball ist so etwas wie der Qualitäts-Gesamtbegriff im kollektiven Umgang mit der Lederkugel, die heutzutage zu Kunstprodukt-Flattergeräten mutiert ist. Kompaktheit beinhaltet individuelle Eigenschaften wie Technik, Schnelligkeit, Ausdauer, taktisches Verständnis, Zweikampfvermögen, Siegeswille sowie diesbezügliche mannschaftliche Qualitäten bei taktischem Geschick, Zusammenspiel und mentaler Stärke.
"Letztlich haben die Fürther heute bewiesen, dass in ihrem Spiel mehr Qualität steckt", anerkannte Unions Mittelfeldmann Michael Parensen, als er frisch geduscht in der Medien-Mixzone erschien.
Die Eisernen rannten in der ersten Hälfte, was die Beine hergaben. Machten die Räume eng, praktizierten das frühe Pressing mit dem Ziel der Balleroberung. Wie offensiv die Hausherren – Motto: Wir sind die Chefs in unserem Wohnzimmer – die Partie angingen, verdeutlichte sich bei Ballbesitz in der eigenen Hälfte: Da schoben sich nicht selten vier Akteure in die Viererkette der Fürther.
Als aber Mattuschka gleich nach Halbzeitbeginn das 2:0 verpasste und die Gäste im lehrbuchreifen Umschaltspiel den Ausgleich markierten, da wendete sich das Geschehen drastisch. Union lief nun mit seinem Offensivdrang ins offene Messer und kassierte binnen weniger Minuten das vorentscheidende 1:3.
Da kam zum Vorschein, dass die technisch sehr ballsicheren und läuferisch überlegenen Franken – der Ungar Stieber, Weilandt, Trinks, Brosinski, Sukalo – ein Spiel hinlegten, dem die Unioner in dieser Phase nicht gewachsen waren. Deren Angriffskräfte – Nemec, Terodde, auch Kapitän Mattuschka – sind figürlich mehr die kantigen Brechertypen und nicht so wendig und bewegungsschnell!
Von außen konnte schon man den Eindruck gewinnen – wie ein Kollege in der anschließenden Pressekonferenz – das es dem Gastgeber "im letzten Drittel an Fitness" gemangelt habe?! – "Nein – das ist Ihre Ansicht. Aber das war definitiv nicht der Fall", entgegnete der Union-Trainer leicht genervt, weil die Fragestellung Trainingsdefizite impliziert. Doch Schnelligkeits-Nachteile lagen schon auf der Hand.
Sein Kollege auf Fürther Seite, Frank Kramer, stellte zufrieden fest, "dass wir im Gegensatz zu den drei vorherigen Begegnungen, wo wir auch Chancen hatten, die aber nicht nutzen konnten, diesmal sehr effizient im Angriff waren. Und wir haben endlich mal 90 Minuten auf konstant hohem Niveau durchgehalten." Diese Konstanz gelte es möglichst rüber zu nehmen in die nächsten Auftritte.
Neuhaus hatte vor dem Duell den Ball verbal flach gehalten, weil die Tabellenführung "nicht mehr als eine Momentaufnahme" sei. Auch die Niederlage sei lediglich eine Momentgeschehen: "Ich hoffe, dass die Mannschaft wie zuvor Fürth auf paar misslungene Spiele positiv reagiert und beweist, dass sie besser Fußball spielen kann."
Ob Union tatsächlich, wie schon orakelt, ein Geheimtipp für den Aufstieg ist oder halt eine durchaus gefällig aufspielende, aber für die Spitze noch nicht genügende Kompaktheit aufweist, darüber könnten die Pokalprüfung am Mittwoch beim ambitionierten Drittligisten in Osnabrück sowie am Samstag der Vergleich in Paderborn Aufschlüsse liefern.