Die Nikolaikirche
Das Gasthaus „Zur Rippe“ finden Berliner und Besucher an einem der Eingänge des ältesten Wohn- und Arbeitsgebietes Berlins: dem Nikolaiviertel, in dessen Mitte die Nikolaikirche steht. Sie „ist das älteste erhaltene und eines der ehrwürdigsten Gebäude Berlins“, heißt es auf einer an ihr angebrachten Gedenktafel. In dieser Nikolaikirche entwickelte Samuel von Pufendorf „eine der Toleranz verpflichtete Naturrechtslehre, die mit ihren erstmals formulierten Grundwerte von Menschenwürde und Gleichheit der Menschen, die auf die geistigen Väter der amerikanische Unabhängigkeitsbewegung, die französische Revolution einwirkten ”¦ und nicht zuletzt auch in den Grundwertekatalog des deutschen Grundgesetzes einging.
Das Nikolaiviertel
Die gotischen Turmhelme der spätromantischen Feldsteinbasilika inmitten der alten Kaufmannssiedlung weist seit der Fertigstellung ihres Wiederaufbaus im Jahr 1987 den Weg ins Neue Nikolaiviertel. Die alte Bebauung des zentralen Teils von Groß-Berlin wurde Ende des zweiten Weltkriegs fast vollkommen zerstört wurde. Doch selbst ohne Bomben und Beschuß zwischen 1943 und 1945 wäre kaum ein Stein auf dem alten geblieben, denn die Bebauung rund um die Nikolaikirche sollte dem Altstadtforum der Welthauptstadt Germania weichen. Nach dem Krieg wurden nicht nur die Trümmer beseitigt, sondern auch wenig zerstörte Häuser abgerissen. Beinahe wäre an diesem Ursprungsort der Hauptstadt ein Hafen für Spreeschiffe ausgehoben worden. Doch aus dem Loch im Hirn wurde keine große Grube im Herzen der Hauptstadt sondern der historische Stadtkern solle „seiner historischen Bedeutung gemäß mit neuen, rekonstruierten und wiederaufgebauten Gebäuden, Straßen und Plätzen ”¦ so zu einer harmonischen Einheit geformt werden, daß der lebendige Bezug zum Ursprünglichen ”¦ erlebbar ist“.
Das Gasthaus „Zur Rippe“
1986 wurde als weiteres historisches Gebäude das Gasthaus „Zur Rippe“ in der Poststraße Ecke Mühlendamm wiedererrichtet. An der Fassade hängt heute ein ungewöhnliches Etwas: eine Rippe. Nach Wikipedia wurde „das Gasthaus ”¦ um 1665 zum ersten Mal aktenkundig, als ein Schneider mit namens Brandeß das Gebäude erwarb, um mit dem Brauen von Bier sein Gehalt aufzubessern“. Zwar war das Haus nicht beständig eines für Gäste, doch bereits um 1700 wurde mit dem überdimensionierten Knochen geworben. Für die einen war das ein Walknochen vom nahen Molkenmarkt, für die anderen Rippe und Schulterblatt eines erschlagenen Riesen aus den Müggelbergen.
Die Rippe des Riesen
Über die Riesen ist in Berlin folgende Sage verbreitet: „Als noch die Riesen über das Land wanderten, sollen zwei dieser groben Gesellen nach Berlin hineingekommen sein. Sie gingen auf den Markt und sahen die ganzen Waren dort aufgebahrt liegen, und weil sie nichts von den Gebräuchen der Erdenwürmer verstanden, nahmen sie sich einfach, was ihnen gefiel. So steckten sie das Beste der Waren in einen gewaltigen Korb, den der eine mit sich führte, bis eine erboste Händlerin den Riesen eine Metze Eier vor die Füße schüttete. Die groben Kerle traten hinein, glitten aus und wurden, sobald sie zu Boden gefallen waren, von dem wütenden Marktvolk umringt. Der eine blieb erschlagen liegen, denn er rutschte beim Aufstehen immer wieder mit seinem schweren Korb aus, während der andere mit etlichen Wunden hastig entfloh. Als der Tote nun begraben werden sollte, stellte man fest, dass keiner der Kirchhöfe groß genug war, um den gewaltigen Leib aufzunehmen. So zerhieb man den Riesenkörper und bestattete auf jedem Kirchenhof ein Stück von ihm. Zwei der Knochen jedoch, ein Schulterblatt und eine Rippe, hat man an einem Haus am Molkenmarkt angenagelt, das seitdem "die Rippe" heißt.“ (Quelle: Website der Buchhandlung motzbuch Motzstraße 32, 10777 Berlin, www.motzbuch.de)
Besucher Berlin könnten auch einem als Nachtwächter verkleideten Stadtführer folgen, der vor dem Gasthaus „Zur Rippe“ stehend von den Riesen erzählt. Allerdings: Das Original des Logos aus Rippe und Schulterblatt vom letzten Riesen namens Robert, der in den Müggelbergen gelebt hat, wird im „Märkischen Museum“ ausgestellt. Am Gasthaus hingegen hängt eine originalgetreue Nachbildung. Wissenswertes über die Rippe des Riesen finden Neugierige zudem in einer Sammlung Berliner Volkssagen, einem Buch des Autors Alexander Cosmar mit dem Titel „Swagen und Miscellen aus Berlins Vorzeit“.
Berliner Hausmannskost und gepflegte Biere im Traditionsrestaurant „Zur Rippe“
Im Gasthaus „Zur Rippe“ werden Produkte aus dem Land Brandenburg von verschiedenen Zulieferern verarbeitet und gepflegte Biere ausgeschenkt. Dafür steht Gabi Becker, die seit April 1991 Inhaberin ist, mit ihren Mitarbeitern. In der Küche steht sie mit Frank Grützmann, der aus DDR-Zeiten den Titel des Bezirksmeisters der Köche trägt und jetzt in der Rippe für die ganze Republik kocht. Auch ein Konditor, der aus Australien kam, sogar auf Sylt arbeitete, geht heute hier seinem Handwerk nach. Bei diesen Köchen und Konditoren ist es kein Wunder, daß in der Küche des Restaurants „Zur Rippe“ auch Meister ausgebildet werden, sagt Regina Kopaczinski, die uns mit Bier bedient. Dennoch werden keine Kuchen außer Zwiebelkuchen und den mit Federweißem serviert. Die Kellnerin Kopaczinski arbeitete übrigens einst unter den Zirkuszelten dieser Erde und begrüßt noch immer ihre Gäste, also auch uns vom Weltexpress, in vielen Sprachen.
„Vorweg empfehlen wir“, sagt Gabi Becker, „eine Berliner Kartoffelsuppe.“ Nehmen wir! „Kartoffeln werden hier einen Tag vorher geschält, damit das Kalium über Nacht rausgeht“, erklärt sie und ergänzt: „Zum Aufsetzen der frischen Kartoffeln kommt noch Salz rein und dann kochen die Knollen.“ Zu den Kartoffeln kommen Karotten und auch ein, zwei Erbsen tummeln sich im Teller. Mischgemüse ist drin. Das ist noch so knack-frisch, das stammt aus Feinfrost, nicht aus der Dose.
Je nach Saison wird auch zur Grünkohl oder Kürbissuppe geraten. Die Kürbissuppe ist eine Wohltat. Walnüsse schmücken das Gericht und schmecken. Vom satten Orange setzt sich das Kürbiskernöl ab. Der gute Schluck wird nicht vorher einach unter untergerührt, nein, er kommt anschließend raufgeträufelt. Die Wallnus sein nun „nicht typisch Berlin sondern eine Idee des Hauses, eine eigene Kreation“, merkt Becker an. Man spürt, daß sie in der Gastronomie daheim ist und sie verrät, daß sie Kellnerin in der „Hohen Lilie“, „einem guten Haus in Erurt“, gelernt hätte. 1987 fing sie als Kellnerin im Gasthaus „Zur Rippe“ an. Mit 22 absolviert sie den Abschluß als Gaststättenleiterin und jetzt ist sie eine Inhaberin, die davon erzählt, daß sie viele Stunden Vorbereitung für schöne, schmackhafte und besondere Mahlzeiten brauche. Im Grunde würde wie in einem zu groß geratenen Haushalt gekocht werden und zwar von früh morgens über die Mittagszeit bis zum Abend.
Für den kleinen Hunger bietet die Karte „Berliner Boulette“ mit Brot und Senf oder „ein Paar Berliner Knacker“, ebenfalls mit Brot und Senf. Dazu passen die Biere vom Faß: Maisel`s Weisse (hell), Belgisches Kirschbier oder Bömisches Schwarzbier, Veltins und Pilsner Urquell sowie Wernesgrüner Pilsner. Die Berliner Weiße für die sommerliche Erfrischung kommt aus der Flasche.
Jetzt kommt das Hauptgericht. Schweinshaxe, gegrillt, mit Grünkohl, weil Saison ist. Die gegrillte Schweinshaxe wird auch mit Brot und Bier und unter zehn Euro verkauft. Ein Knüller ”¦ wie das Berliner Eisbein. Neben 850 Gramm Eisbein kommen noch Sauerkraut, Erbsenpüree und Salzkartoffeln auf den Teller. Klassisch sind zudem der Kasslerbraten und die Kasslerrippchen. Die gibt es als einzelne Portion mit Sauerkraut und Salzkartofeln bzw. Kartoffelklößchen. Doch für den großen Hunger auf Von-allem-etwas oder von Riesen scheint der „Rippenspezial-Teller“ passend. Eisbein , Kasslerbraten und Kasselerrippchen werden mit Sauerkraut , Grünkohl und Bratkartoffeln serviert. Na, dann zum Wohl und guten Appetit.
Gasthaus „Zur Rippe“, Poststraße 17, 10178 Berlin, Telefon: 030/2424248, täglich ab 11 Uhr geöffnet. Website: www.zur-rippe.de