Dabei hatten die Berliner gerade bei tropischen Außentemperaturen in der heimischen O 2 World vor 6200 bzw. 7200 Zuschauern in sommerlichem Outfit (kurze Hosen, Badelatschen, Shirt) am Wochenende Plzen und Brno 6:4 bzw. 6:1 geschlagen. Immerhin Halbfinalist und Finalist in der nationalen Meisterschaft des WM-Zweiten Tschechien.
Und sich dabei eher offensiv stark mit Lücken in der Defensive präsentiert. Zudem mit Nationalspieler Frank Hördler, den ein abgefälschter Puck im Gesicht erwischte (zum Glück ohne Knochenbrüche), und Dominik Bielke (abgebrochener Schneidezahn) zwei Verteidiger eingebüßt.
So hatte man eher eine Abwehrkraft als Verstärkung erwartet. Und spekuliert, dass die Eisbären nach bislang sparsamer Transferpolitik einen Spielerstreik in der nordamerikanischen NHL abwarten würden, um dann den Kader aufzupeppen…
Nachdem die Leistungsträger und Oldie-Erfolgsgaranten Denis Pederson sowie vermutlich Stefan Ustorf aus gesundheitlichen Gründen wohl nicht mehr aktiv auf dem Eis erscheinen dürften. Ex-Kapitän und Torgarant Richie Regehr nach Schweden abwanderte und Urgestein Sven Felski wegen nachhaltiger Knieprobleme über das Karriereende sinniert – da sollte noch etwas mehr im Budget vorhanden sein, als die bisherigen Neuverpflichtungen Sebastian Elwing aus München als Reservist für Stamm-Torhüter Rob Zepp sowie die Nordamerika-Zugänge Mark Katic (Verteidiger) und Matt Foy (Stürmer). Beide bislang bei Versuchen in der NHL zu landen vornehmlich aus Verletzungsgründen gescheitert. Und schwer zu beurteilen, ob sie denn die Abgänge kompensieren können.
Foy zumindest deutete sein Potenzial als künftiger Torjäger schon jetzt an: Topscorer beim internen 3:3- Block House Cup und gegen Kometa Brno am Sonntag als dreifacher Torschütze mit der Ehrung als bester Spieler (MVP) bedacht.
Die Erfolge gegen die tschechischen Vertreter sollte man allerdings nicht auf die Goldwaage legen. Brno fehlten acht verletzte Stammkräfte und war mit einer jungen Formation (acht aufgerückte Junioren) angereist. Wie überhaupt die nationale Liga mit 14 Klubs nicht die Stärke des Vize-Weltmeister widerspiegeln kann. Denn rund 60 Prozent der Auswahl, die Besten zudem, jagen für wesentlich mehr Geld der schwarzen Scheibe in der NHL oder der russischen KHL nach. Das Ausländerlimit ist mit sieben deutlich begrenzter als in der DEL (elf bzw. zehn). So beträgt deren Anteil in Tschechiens Eliteliga rund 30 Prozent und rekrutiert sich ganz überwiegend aus Akteuren des Nachbarn Slowakei.
Trotz des gravierenden Umbruchs im Kader sowie des Fehlens der nach Verletzung in der Reha befindlichen Stammkräfte Darin Olver (Angriff) und Constanin Braun (Abwehr) waren die Hauptstädter gegen die ersten Trophy-Gegner ungefährdet. Weil die Neuen sich engagiert ins Zeug legten. Und die jungen Nachrücker aus dem eigenen Nachwuchs – teilweise mit Startrecht beim Oberligisten und Kooperations-Partner FASS Berlin – immer souveräner im Profiteam agieren: Vincent Schlenker, Thomas Supis, Henry Haase, Maximilian Faber. Deren Gehälter und Ausrüstung zahlen die Eisbären, auch wenn sie wie Haase und Faber noch keinen Profivertrag besitzen.
Bei der dritten Auflage der Euro Trophy – Sieger 2010 Berlin, Red Bull Salzburg im Vorjahr – sind in der Nord-Divison weitere Gegner der Eisbären: Hamburg Freezers, Salzburg, Lulea HF (Schweden), Oulu Kärpät (Finnland), HC Mountfield (HC Ceske Budejovice). Aus vier Achtergruppen mit Teams aus Deutschland, Tschechien, Schweden, Finnland, der Schweiz und Österreich erreichen die jeweils beiden Ersten die Finalrunden vom 13. bis 16. Dezember in Wien und Bratislava.
Die Auftritte am 24. und 26. August in Salzburg und Budejovice dürften bessere Gradmesser für die aktuelle Form beim erfolgreichsten deutschen Eishockey-Klub des letzten Jahrzehnts abgeben. Und ob das erste Saisonziel – Teilnahme an der Euro-Finalrunde – ein realistisches Vorhaben ist.
Mit dem Heimspiel am 14. September gegen die Straubing Tigers startet der EHC dann in die Saison-Hauptaufgabe – Verteidigen der Spitzenposition in der Deutschen Eishockey-Liga.