Natürlich versuchen überall auf der Welt kleine Ortschaften, sich mit ihren Sehenswürdigkeiten der Natur oder mit besonderen Ereignissen wie Schlachten oder Geburten und Todesfällen von Prominenten anzupreisen. Montpellier im wilden Westen hat etwas ganz besonderes zu bieten – einen Banküberfall. Der berühmte Bankräuber Butch Cassidy gab sich hier mit seiner Bande die Ehre.
Er raubte im Jahr 1896 die Bank des Ortes aus und erbeutete 16500 Dollar. Eine große Tafel erinnert an das Ereignis und stellt außerdem fest, dass Cassidy nicht gefasst wurde. Er setzte sich, wie es heißt, Jahre später nach Bolivien ab und sein Schicksal blieb ungeklärt.
Shoot-out in Jackson
So auf die Region eingestellt, erreichen wir rechtzeitig die Westernstadt Jackson, um an dem täglichen Spektakel für Touristen vor dem Abendbrot teilzunehmen. Junge Laien-Schauspieler haben sich auf dem Town Square zu einem Shoot-out eingefunden. Die Besucher der Stadt, darunter viele Familien mit Kindern, bilden einen großen Kreis, in dem dann heftig mit Platzpatronen herumgeknallt wird. Nach viel Lärm und Klamauk bleibt zum Schluss der Sheriff übrig und das applaudierende Publikum. In Jackson wurde von den Schauspielern eine originelle Variante praktiziert, die kleine Kinder davon abhält, auf die nicht abgesperrte Spielfläche des Platzes zu laufen und eindringlich ihre Mütter auffordert, gut auf ihre Kinder aufzupassen. Ein vom Schauspielerteam engagiertes kleines Mädchen lief mit einer großen Plastiktüte, gefüllt mit Chips, auf die Spielfläche. Mit großer Geste nahm ein Schauspiel-Cowboy seine Pistole und schoss dem Kind die Tüte mit Luftdruck und lautem Knall aus der Hand, sodass Chips und Tüte in hohem Bogen durch die Luft segelten. „Das passiert allen, die die Vorstellung stören“ war in einem Lautsprecher zu hören. Kein Kind störte den Auftritt. Denn alle Erwachsenen hielten instinktiv die Hände der kleinen und größeren Kinder während der Vorstellung fest.
Nach dem Shoot out machten die Touristen ihren Schnappschuss von einem der drei Tore am Platz, die angeblich aus je 2000 Hirschgeweihen zusammengebaut sind. Ebenfalls am Town Square kann das Greenhorn im Wilden Westen in der One Million Dollar Cowboy Bar einen Hocker besteigen, der aus einem echten Sattel gefertigt ist und ein überteuertes Bier trinken.
Geysire – Markenzeichen vom Yellowstonepark
Eine große Überraschung bei der Einfahrt in den Yellowstone Park sind hohe Schnee-Barrieren an den Straßenrändern. Manche Wege zu Campingplätzen sind noch gesperrt, weil sich der Schnee hoch türmt. Als wir das Besucher-Center erreichen, ist dort ebenfalls die Hälfte der Parkplätze noch nicht vom Schnee geräumt – und das Mitte Juni (!).
Jetzt stoßen wir auch auf das Markenzeichen des Yellowstone – Geysire unterschiedlicher Größe, die vor sich hin blubbern. Aber hier ist kein Kochstudio mit seinen heißen modernen Herdplatten. Hier kommt die Hitze von alters her aus dem Innern der Erde.
Das Phänomen hat mit riesigen Vulkanausbrüchen zu tun. Nach den letzten Eruptionen vor 640.000 Jahren und dem Zusammenfallen des Kraters bildete sich eine etwa 350 Quadratkilometer große Caldera mit darunter liegendem Magma und viel Hitze. Niemand kann voraussagen, wann und auch wo die nächste heiße Fontäne aus einem der Austrittslöcher herausschießt. Nichts für Ängstliche. (Nun brodelt und zischt die Landschaft, es dampft an einigen Stellen aus dem Boden.) Die Besucher sind auf unruhigen Gelände unterwegs, wir insgesamt noch drei Tage.
Der Trapper und Fallensteller Jim Bridger war im Jahr 1820 der erste, der über die Geysire und das heiße sprudelnde Wasser berichtete. Da er als „storryteller“ im Verruf war, glaubte ihm damals niemand. Erst die weiteren Erzählungen der Jäger und Trapper leiteten die heutige Touristen-Ära ein. Bereits im Jahr 1873 hat US-Präsident Grant den Yellowstone zum ersten Nationalpark der USA ausgerufen. Dies soll auch weltweit eine Premiere gewesen sein. Damals war die USA noch ein Vorreiter für den Naturschutz.
Kein Überleben ohne Hitze
Der erste Geysir, den wir im Yellowstone besuchen, ist Norris Geysir Basin. Es sollen die heißesten Gysire sein mit den vielfältigsten Farben, wir sehen weiß, braun und blau. Im Besucherzentrum wird die „Geysiretik“ auf Informationstafeln und von Rangern den Besuchern erklärt. Und es gibt jede Menge interessante Fakten wie z.B. das Leben in der Hitze der Geysire. Die Sache nennt sich wissenschaftlich Thermophiles und es geht darum, dass rötliche Algen (bei Wassertemperaturen von 50 – 60 Grad Celsius und grüne Algen bei Temperaturen von 38 – 56 Grad Celsius) hier leben und die Erde um den Trichter grün bzw. rot färben. Da ist es eben so, dass die Algen, die es lieben zu leben, wo es heiß ist, nicht ohne Hitze überleben können. Im Jahr 2003 wurde übrigens ein Teil der Wege im Norris Grand Basin im Yellowstonepark für Besucher gesperrt, weil der Boden sich auf Siedepunkt-Temperatur erhöht hatte.
Eine Naturkatastrophe im Yellowstone im Jahr 1988 hat im Jahr 2011 immer noch seine Spuren hinterlassen. Bei einer gewaltigen Trockenheit lösten Blitzschläge verheerende Brände aus. Insgesamt 25.000 Feuerwehrleute aus dem ganzen Land kämpften damals dagegen an. Noch heute führen Straßen des Naturparks kilometerlang durch verkohlte, kahle Baumstämme, um die herum allerdings wieder neuer grüner Nadelwald wächst.
Wir besuchen die Sheepeater-Cliffs, so benannt nach der Bezeichnung der Shoshonen, und den winzigen Ort Mammoth Hot Spring. Hier befindet sich eine sehenswerte Ausstellung, die daran erinnert, dass diese Gebiete zehntausend Jahre lang einer Reihe von Indianerstämmen gehörten wie Blackfeet, Kiowa, Shoshone, Crow, die diese Natur-Phänomene für religiöse Zeremonien nutzten. Die brauchten keine riesigen Kirchen, um mit sich eins zu sein. In diesem Gebiet waren sie unterwegs, um Bisons zu jagen.
Wir sind auf einem Vulkan
Der bekannteste Geysir im Yellowstone ist der Old Faithful. Er ist berühmt wegen der bis zu 50 Meter hohen Fontäne und seiner Pünktlichkeit. Der Geysir spuckt durchschnittlich alle 90 Minuten heißes Wasser für zwei bis drei Minuten in die Höhe. Zwar sei es ein Mythos, dass man nach den regelmäßig aufsteigenden Fontänen die Uhr stellen kann. Aber zumindest im nahen Besucherzentrum wird auf einer Tafel die Uhrzeit auf die Minute angekündigt und Old Faithful hält sich in den meisten Fällen daran. Um 12.50 Uhr soll es – nur hundert Meter von der Tür des Besucherzentrums entfernt – losgehen. Mit hunderten Besuchern finden wir uns ein und es fängt an zu regnen. Auf mehr als einem Dutzend langen Bankreihen öffnen sich hunderte Regenschirme. Die Fontäne erscheint auch bei Regen pünktlich für einige Minuten.
Das Upper Geysir Basin rund um den Old Faithful, weist weltweit die größte Konzentration von Geysiren auf.
Wir machen uns auf den Weg zum Morning Glory Pool, einem Geysir, der wegen seiner Farben berühmt ist. Die Route führt an Dampflöchern, auch Fumarolen genannt, vorbei, die wie zischende Dampfkessel klingen. Obwohl sich die Sonne hinter Regenwolken versteckt, ist der Anblick der braunen, blauen, rötlichen und gelben Farben brilliant und macht dem Namen des Gysirs alle Ehre. Vom großen blauen Becken der Prismatic-Quelle bis hin zu namenlosen Pfützen in der Größe von Hufspuren stellt jede Quelle eine einzigartige Reise von heißem Wasser dar. Wasser, das hauptsächlich von Regen und geschmolzenem Schnee stammt, sickert tief in die Erde und wird überhitzt. Dann beginnt es seine Rückreise, in dem es durch Risse und Sprünge im Gestein wieder an die Erdoberfläche steigt.
Überall auf dem Gelände des Uper Geysir Basin stehen Sitzbänke, zwei, vier, manchmal zwanzig, fünfzig oder sogar hundert an der Zahl. Sie sind allerdings nicht dazu da, sich nach langem Spaziergang zu setzen und auszuruhen. Es handelt sich um Wartebänke. Hier sitzen Besucher, manche haben ein Buch in der Hand und lesen, andere machen Picknick, plaudern mit Banknachbarn. Der Ausstoß der Geysire von heißem Wasser lässt auf sich warten. Damit die Wartenden die Hoffnung nicht aufgeben, werden vom Geysir ab und zu kleine weiße Dampfwolken ausgestoßen.
Auch hier ist das Besucherzentrum unterhaltsam und informativ. In großen Buchstaben über dem Eingang steht der Satz:“ Wir befinden uns hier auf einem Vulkan“. Er trifft nicht nur zu für die Lage hier im Upper Geysir Basin, sondern könnte wohl auch den Leitartikeln der New York Times über die Finanzen der USA entnommen sein.