
Berlin, BRD (Weltexpress). Im Juni hatte Leo XIV. angekündigt, den 1700. Jahrestag des Konzils von Nizäa zu begehen und es zu einem Kompass zu gestalten, der „zur vollen sichtbaren Einheit der Christen führen“ müssse. In Nizäa proklamierte Kaiser Konstantin das Bündnis mit der katholischen Kirche, um den Untergang der Sklavenhalterordnung des Römischen Reiches aufzuhalten. Das Christentum wurde zur herrschenden und allein tolerierten Religion des Reiches erklärt. Alle heidnischen und vom Katholizismus abweichenden Religionen wurden mit Zwangsmaßnahmen ausgeschaltet und die Mehrheit der Bewohner des Römischen Reiches der katholischen Religion unterworfen. Bezeichnenderweise es kam ein Mann aus Karthago, der Provinz, in der nur wenige Jahrzehnte vorher Bischof Cyprian den Kampf gegen Abtrünnige begonnen hatte, nach Rom, um für diese Verfolgung das theoretische Rüstzeug zu liefern. Der Prediger war Aurelius Augustinus, ein Anhänger des Manichäismus, der zum Christentum übertrat und 395 zum Bischof geweiht wurde. Er wurde am 13. November 354 in Tagaste, heute Souk Ahras, Algerien, geboren, verstarb am 28. August 430 in Hippo Regius nahe dem heutigen Annaba, Algerien. Augustinus wird zu den größten Kirchenlehrern des christlichen Altertums gezählt und als Heiliger verehrt.
Eben diesen Augustinius hat Leo XIV. in seiner Predigt am 23. August Politikern und Gesetzgebern als Orientierung in Zeiten des Umbruchs empfohlen. Entgegen der historischen Rolle, erklärte der Papst, Augustinus habe die Menschen ermutigt, „die irdische Gesellschaft mit den Werten des Reiches Gottes zu durchdringen“ und so menschliches Wachstum möglich zu machen. Diese Vision gebe auch angesichts der heutigen Veränderungen Halt“ – angesichts „des Aufkommens neuer Machtzentren, des Wandels alter Allianzen und des beispiellosen Einflusses globaler Konzerne und Technologien“, bekräftigte der Papst.
Wie der Kirchenkritiker Uli Weyland in langen Passagen nachwies, wirkte „der Geist des unseligen Augustinius“ noch 1500 Jahre nach seinem Tod weiter, was sich u. a. in der „Pillenenzyklika“ von Papst Paul VI. zeigte, die die Lehre seiner Vorgänger bestätigte, die forderte, dass „jeder eheliche Akt von sich aus auf die Erzeugung menschlichen Lebens hingeordnet bleiben“ müsse. Wobei zu sehen ist, dass den Grundstein zu dieser Enzyklika Papst Leo XIII., dessen Namen der heutige Papst als Leitbild annahm, legte. 1 Mit Thomas von Aquin 2 habe Augustinius mit seinen Lehren auch Vorarbeit für den 1484 von der Inquisition verkündeten „Hexenhammer“ 3 mit seinem „ Wahnsinn, seinen Verfolgungsängsten und abgrundtiefer Frauenverachtung“ geleistet. 4
Anmerkungen:
1 Uli Weyland: Strafsache Vatikan, Jesus klagt an, Bettendorf 1994, S. 469.
2 Gilt als herausragender Gelehrter der Kirchen- und Philosophiegeschichte.
3 Der Hexenhammer, verfasst von den Inquisitoren Jakob Springer und Heinrich Insistoris, Hg. J. W. R. Schmidt, Reprint Verlag Leipzig, o. J.
4 Weyland, S. 233.










