Wie das Mussolini-Regime mit seinen Versuchen während des Zweiten Weltkriegs in Afrika ein Kolonialreich zu erobern, scheiterte – Die faschistische Regierung Georgia Melonis will die Geschichte umschreiben und feiert die gefallenen Soldaten als „Kämpfer für die Freiheit“

Italienische Truppen marschieren in Nordafrika. Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-783-0104-09, Fotograf: Moosmüller, CC-BY-SA 3.0, Ort und Datum der Aufnahme: Nordafrika, April bis Mai 1941

Berlin, BRD (Weltexpress). Am vergangenen Donnerstag, dem 24. Oktober, gedachte das Verteidigungsministerium der faschistischen Meloni-Regierung in Rom der Soldaten des Afrika-Korps Mussolinis, die an der Seite der Hitlerwehrmacht unter dem Befehl Feldmarschall Rommels kämpften und im Oktober 1942  in der Schlacht bei El Alamein gefallen sind. „Sie  haben ihr Leben für unsere Freiheit geopfert“, lautete eine Bekundung. Das kommunistische Magazin „Contropiano“ verurteilte die Verherrlichung der räuberischen Expansionen des Mussolini-Regimes und stellte klar, dass die italienischen Soldaten, die in El Alamein kämpften, unter dem Befehl der Faschisten und Nazis, die Juden, Russen und alle Menschen, die als minderwertig galten, vernichteten. Zum Glück wurden sie „besiegt“. Der Vorfall sei ein Versuch der Meloni-Regierung, „die Geschichte neu zu schreiben“ und die Niederlage „herunterzuspielen“. Wer die Geschichte der Vergangenheit verändere, tue dies, weil er sie in der Gegenwart erneut präsentiere.

Lassen wir die Geschichte zu Wort kommen: Nachdem Mussolini 1935/36 Äthiopien, das damalige Kaiserreich Abessinien, erobert hatte, schloss er es mit seinen Kolonien Eritrea und Somalia zur zum Imperium Italienische Ostafrika zusammen. Während des Zweiten Weltkrieges wollte er mit weiteren Expansionen seine Kolonialherrschaft in Afrika als Grundlage eines „Grande Italia“ ausbauen.

In völliger Verkennung der militärischen Möglichkeiten startete Mussolini im Sommer 1940 mehrere Angriffe in Nord- und Ostafrika. Im Juli stießen seine Truppen nach Sudan und Kenia vor. Am 3. August fielen sie in Britisch Somaliland ein, das sie am 19. August mit der Einnahme von Berbera fast vollständig eroberten. Im September drangen sie von Libyen aus in Ägypten bis Sidi Barrani vor. Die abenteuerlichen Vorstöße scheiterten binnen kurzer Zeit. Sidi Barrani wurde am 10. Dezember von den Briten zurückerobert. Am 22. Januar 1941 nahm die 8. britische Armee Montgomerys Tobruk ein, am 8. Februar Mersa el Brega und Agheila. Die Briten zerschlugen zehn italienische Divisionen, machten 130.000 Gefangene, erbeuteten 30 Panzer und 845 Geschütze.

Am 18. Januar 1941 begann in Ostafrika unter britischem Oberbefehl zusammen mit äthiopischen Truppenteilen unter dem Kommando von Kaiser Selassiè der Angriff auf Äthiopien, Eritrea und Italienisch-Somaliland. In den Reihen der britischen Armee kämpften außerdem Soldaten aus Sudan, Kenia, Tanganjika und weiteren Kolonien. Den Vormarsch unterstützten in Äthiopien operierende Partisanen, welche die Transportwege der Italiener und deren Versorgungseinrichtungen angriffen. Nachdem Addis Abeba besetzt worden war, kehrte am 5. Mai 1941, auf den Tag genau sechs Jahre nach dem Einmarsch der Kolonialarmee Mussolinis, Kaiser Hailè Selassiè in die Hauptstadt zurück. Am 18. Mai 1941 kapitulierten die italienischen Truppen in Ostafrika. Es war das Ende des ostafrikanischen Kolonialreiches, von dem aus der „Duce“ nach der Eroberung Äthiopiens 1936 „die Kolonialkarte Afrikas ändern und damit die Frage der Neuaufteilung der Welt praktisch stellen wollte“ 1

In Nordafrika wurde die völlige Niederlage vorerst durch das ab 6. Februar 1941 zu Hilfe geschickte deutsche Afrikakorps abgewendet. Rommel, der Befehlshaber der deutsch-italienischen Verbände,2 konnte die Niederlage auf diesem Kriegsschauplatz jedoch nur hinauszuzögern.

Bereits im Vorfeld der Niederlage der Wehrmacht bei Stalingrad war Marschall Badoglio, der sich 1940 gegen den Kriegseintritt Italiens ausgesprochen hatte und danach am 6. Dezember als Generalstabschef des Heeres zurückgetreten war, im November 1942 in Mailand in der Wohnung des Schwerindustriellen Enrico Falck mit führenden Großindustriellen und Größen der Faschistischen Partei zusammengetroffen, um ein Ausscheiden Italiens aus der faschistischen Achse zu erörtern, was im Juli 1943 zum Sturz des „Duce“ und zum Ausscheiden Italiens aus der Achse mit Berlin und im Oktober zur Kriegserklärung an Hitlerdeutschlands führte.

Mussolini waren ebenfalls Zweifel am „Endsieg“ der Wehrmacht an der Ostfront gekommen. Er zog jedoch andere Schlussfolgerungen. Am 1. Dezember 1942 äußerte er gegenüber Göring bei dessen Besuch in Rom, „dass auf die eine oder andere Weise das Kapitel des Krieges gegen Russland, der keinen Zweck mehr hat, abgeschlossen werden müsse“, um Kräfte für den Kampf gegen die Anglo-Amerikaner im Westen und im Mittelmeerraum zu gewinnen. Außenminister Graf Ciano,3 der am 18./19. Dezember ins Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ flog, übermittelte Hitler den Standpunkt des „Duce“, ob es zur Vermeidung eines Zweifrontenkrieges nicht möglich sei, mit Russland zu einer Lösung der Art „neuer Brest-Litowsk-Friede“ zu kommen, um größere Truppenmengen von der Ostfront abziehen zu können. Hitler entgegnete, das strategische Hauptziel bleibe nach wie vor, „den bolschewistischen Koloss zu zerschlagen“. 4

Die deutschen Niederlagen an der Ostfront wirkten sich auf die Lage der deutsch-italienischen Verbände in Nordafrika aus. Für sie konnten keine erforderlichen Verstärkungen herangeführt werden, da alle Kräfte gegen die Rote Armee gebraucht wurden. Britische Flugzeuge und Schiffe, die vor allem von Malta aus operierten, versenkten 30 bis 40 Prozent des ohnehin nicht ausreichenden Nachschubs. Im Oktober/November 1942 führte das zum Scheitern der Offensive Rommels zur Eroberung Ägyptens, die weiter in den Nahen und Mittleren Osten führen sollte. Mit der Niederlage bei El Alamein, in der Rommels Panzerarmee über 50.000 Mann und einen Großteil ihrer Panzer und Geschützte verlor, trat die Wende auf dem nordafrikanischen Kriegsschauplatz ein. Rommel führte Hitlers Befehl vom 2. November, „die Stellung bei El Alamein, ‚koste es, was es wolle’, zu halten“ und „zu siegen oder zu sterben“ nicht aus. 5 Er zog sich mit den Panzer- und motorisierten Verbänden 1.200 Kilometer nach Westen zurück, während die Infanteriedivisionen meist eingeschlossen und vernichtet oder gefangen genommen wurden.

Die Eroberung von Tunis und Biserta durch deutsche Luftlandetruppen im November 1942 brachte nur vorrübergehend eine Entlastung. Im März 1943 begannen die an Soldaten und Material weit überlegenen anglo-amerikanischen Truppen ihre Offensive. Sie endete am 13. Mai 1943 am Kap Bon nahe Tunis mit der Kapitulation der zur Hälfte aus Deutschen und Italienern bestehenden 250.000 Mann zählenden Heeresgruppe Afrika, von der sich Rommel rechtzeitig abgesetzt hatte. Es folgte die Landung der Alliierten am 9. Juli auf Sizilien mit der die Krise des italienischen Faschismus offen ausbrach und die Palastverschwörer zur Tat schreiten ließ.

Anmerkungen:

1 Bernhard Law Montgomery: Kriegsgeschichte. Weltgeschichte der Schlachten und Kriegszüge. Frechen 1968, S. 506 f. , Heinrich Loth: Geschichte Afrikas. Afrika unter imperialistischer Kolonialherrschaft 1884-1945. Berlin/DDR 1976, S. 232 f.

2 Strukturelle Bezeichnung zunächst Panzergruppe, später Panzerarmee

3 Schwiegersohn Mussolinis, nahm an der Palastrevolte zum Sturz Mussolinis teil. In der unter Hitler errichteten Salo-Republik Mussolinis am 11. Januar 1944 hingerichtet.

4 Andreas Hillgruber. Von El Alamein bis Stalingrad. Aus dem Kriegstagebuch des OKW der Wehrmacht, München 1964, S. 13 ff.

5 Ebd, S. 53.

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