Doch auch diejenigen, die „nur“ eine Gastrollen spielen durften, wurden beklatscht. So bekamen Katharina Thalbach, Saskia Vester, Aglaia Szyszkowitz und Jule Ronstedt ihr gutes Stück vom „Brot des Künstlers“. Zu den Begeisterten zählen neben Kritikern vom WELTEXPRESS auch Bundespräsident Christan Wulff und der türkische Botschafter Ahmet Acet. Wie es schien waren alle in der deutschen Hauptstadt, in der – wie es einst in Anatolien hieß – „Schweinefleisch und Menschen“ gegessen werden, von der Komödie mit Herz und Humor gleichermaßen bewegt und belustigt.
Erzählt wird die Geschichte eines Eselreiters, der als Eine-Million-und-Erster "Gastarbeiters" am 10. September 1964 in der alten Bundesrepublik begrüßt wird. Die Amtszeit des Alten ist zwar ein Jahr zuvor zu Ende gegangen, doch der Adenauerstaat, in den Hüseyin Yilmaz mit seiner Familie zieht, mufft aus allen Ritzen. Er ist wahrlich nicht der Einzige, der sich fragt, "Wer oder was bin ich eigentlich?". Allerdings fragt er nicht nach dem Verhältnis von Nazi und Nachgeborenem, sondern nach Deutscher oder Türke. Diese Frage stellt sich der sechsjährige Cenk Yilmaz, als ihn beim Fußball weder seine türkischen noch seine deutschen Mitschüler in die Mannschaften wählen. Mesut Özil wäre das nicht passiert. Um Cenk zu trösten, erzählt ihm seine 22-jährige Cousine Canan die Geschichte ihres Großvaters Hüseyin, der Ende der 60er Jahre als "Gastarbeiter" nach Deutschland kam und später Frau und Kinder nach "Almanya" nachholte.
Längst ist das Land der Dichter und Denker ein "Wirtschaftswunderland", in dem sich die Ausländer mit Inneneinrichtungen vom Fließband behaglich gemacht haben. Doch eines Abends überrumpelt Hüseyin seine Lieben mit der Nachricht, er habe in der Türkei ein Haus gekauft und wolle mit ihnen in die alte Heimat fahren. Heimat? Alte Heimat? Widerworte der jungen Generation werden vom Familienvorstand nicht geduldet. Die ganze Sippschaft bricht auf: in die Türkei der Tradition und Moderne. Es beginnt eine Reise in die Fremde, in die fremde Türkei. Dabei dreht mancher vom Teutonen- zum Türkenstolz. Ein tollwütig-tollpatschiger Trip voller Erinnerungen, Streitereien und Versöhnungen – bis der Familienausflug eine unerwartete Wendung nimmt.
Geschrieben und verfilmt wurde die Geschichte mit autobiographischen Anklängen, die offen ins Ohr gehen, um im Kopf zu bleiben, von den Schwestern Yasemin, "die ihren Namen früher Jasmin schrieb, bis ihre Lehrerin in der zweiten Klasse ihre Täuschungsversuche vereitelte", und Nesrin Samdereli, die beide schon sehr erfolgreich in der deutschen Film- und Fernsehlandschaft unterwegs sind. Yasemin Samdereli drehte unter anderem die Multi-Kulti-Liebeskomödie "Alles getürkt" (TV, 2002) und arbeitete am Drehbuch einer Folge der preisgekrönten TV-Serie "Türkisch für Anfänger" (2006) mit. Nesrin Samdereli schrieb das Drehbuch zu "Alles getürkt" (2002) sowie zu diversen Episoden der TV-Serie "Türkisch für Anfänger" (2006). ALMANYA – WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND ist für beide der erste Kinofilm. Daher dürfen wir mit Fug und Recht behaupten, daß ALMANYA ihr bisher bester Kinofilm ist. Weitere Hochkaräter – da sind wir sicher – werden folgen.
Neben der Besetzung mit türkischen und deutschen Schauspielern wie Fahri Yardim ("Männerherzen"), Vedat Erincin ("Evet, ich will"), Lilay Huser (aus der TV-Serie "Türkisch für Anfänger") und Denis Moschitto ("1 ½ Ritter") sowie Petra Schmidt-Schaller ("Ein fliehendes Pferd"), stand den Samdereli-Schwestern auch eine starke Crew zur Seite, so unter anderem Kameramann Ngo the Chau ("Phantomschmerz"), Szenenbildner Alexander Manasse ("Lola rennt"), Kostümbildnerin Steffi Bruhn ("Wer früher stirbt ist länger tot") und Komponist Gerd Baumann ("Wer früher stirbt ist länger tot").
Produziert wurde ALMANYA – WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND von ROXY FILM (Andreas Richter, Ursula Woerner und Annie Brunner – "Wer früher stirbt ist länger tot"). Gefördert wurde die Produktion Gott sei Dank vom FFF-Bayern, dem Deutschen Filmförderfonds, der FFA und dem Bundesministerium für Kultur und Medien.
In Deutschland (Kinostart der Ethno-Comedy ist am 10. März 2011) und womöglich auch in der Türkei wird ALMANYA Erfolge feiern wie einst "Salami Aleikum". Mit diesem Multikultiklmauk ist laut Lachen bis die Tränen kullern und vor allem Verständnis fördern. Gut so!
Bewertung: * * * * *
Originalitel: ALMANYA – WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND
Regie: Yasemin Samdereli
Darsteller: Fahri Yardim, Vedat Erincin, Demet Gül, Lilay Huser, Denis Moschitto, Petra Schmidt-Schaller, Aylin Tezel, uvm.
Gastauftritte: Axel Milberg, Jule Ronstedt, Walter Sittler, Katharina Thalbach
Drehbuch: Nesrin Samdereli und Yasemin Samdereli
Produktion: ROXY FILM
Website: www.almanya-film.de