Am grauen Strand, am gräulichen Meer, und abseits verläuft ihr Dasein. Eine kleine Gestalt bewegt sich durch das fahle Gelb der Einsamkeit, stolpernd und taumelnd, die doch so gern schwungvoll gleiten würde. Immer wieder bleiben ihre Skates im Sand stecken. Hier sitzen beide fest, das Mädchen von 7 Jahren mit ihrer Mutter. In einer Hütte auf einem schütteren Dünenkamm, provisorisches Heim inmitten der trostlosen Weite. Das Tosen des Windes, das Rollen der Wellen, die Musik der Natur fließen ein in die Komposition von Sergio Gurrola und bestimmen maßgeblich den Film. Ceci will zur Schule gehen, aber auf dem Weg dorthin muss sie lernen zu lügen. Wer ihr Vater ist, was er angeblich tut und wo. Wer Ceci jetzt ist, wie sie nun namentlich antworten soll. Was aber Ceci wissen will, das geheimnisvolle Wort im Telegramm, erfährt sie spät. Ihre „ID“ fehlt. Sie schreibt das Wahre an den Auftraggeber Armee, gibt aber nicht gesagtes sondern im Gegenteil erwünschtes ab, erhält Angesicht des Militärs, aus den Händen wohlmöglich der Mörder ihres Vaters, dafür den ersten Preis.
Der Film spielt in Argentinien, zur Zeit der braun gefärbten Militärdiktatur. Blau und weiß sind die Farben des Landes, mit einer Sonne auf der Flagge, „die kein Gesicht hat.“ Gesicht will Ceci zeigen und soll lügen um zu überleben. Beredte Bilder der Leere bleiben lange im Gedächtnis. Verstörte Gesichter, zerrissene Menschen; Freude am Spiel; der Zwang, sich in ein Korsett zu fügen. (Meine „ID“ fehlt, der Zugang ins Pressezentrum wird verwehrt. Wieder unten.) Ceci suchte die Gesellschaft und die Anerkennung in der Gruppe von Gleichaltrigen, sie besuchte eine Schule. Erster Preis als Lohn der Lügen? Das Heulen des Windes und von ihr, hinter den Dünen. Die Mutter stürzt sich auf Ceci, und diese stürzt jene in Verzweiflung. Am Ende vom Film taucht im Grauen noch die vermeintlich verlorene Gestalt des Vaters auf. Für die Arbeit des Gedenkens und Erinnerns, welche das Filmwerk weiter wach hält, ist dies ein großes Glück.
Bewertung: * * * *
Originaltitel: El Premio
Deutscher Titel: Der Preis
Land/Jahr: Mexiko / FR / PL / DE 2010
Regie/Drehbuch: Paula Markovitch
Darlsteller: Paula Gallinelli Hertzog (Ceci), Sharon Herrera, Laura Agorreca, Viviana Suraniti u.a.
Länge: 115 Minuten