Porco Rosso (Moriyama Shí»ichirô), der sogar dem Tod ins Gesicht lacht, nachdem er ihm ins Antlitz sehen musste. Seitdem ist er verändert, er der einmal Marco Pagot war. Sein gesamtes Geschwader ist aus allen Wolken gefallen. Nur er hat überlebt. „Die Guten sterben immer zuerst.“, glaubt Porco Rosso. Folglich muss er schlecht sein. Den Kopf hat er in jenem Gefecht im Ersten Weltkrieg verloren, zusammen mit seinen Illusionen. Ein Schweinehaupt trägt er seitdem auf den massigen Schultern. Porco Rosso, ein Verdammter? Verdammter Porco Rosso! Als Kopfgeldjäger teilt er die Wolkendecke auf der Jagd nach allem, worauf eine Belohnung ausgesetzt ist, insgeheim auch seinem Gesicht, das er auf alten Fotografien ausradiert hat.
Ausradieren soll Porco der arrogante Eliteflieger Donald Curtis (í”tsuka Akio), der seinerseits hinter der schönen Gina und der schlagfertigen jugendlichen Mechanikerin Fio Piccolo (Okamura Akemi) her ist. Vor seinen Gefühlen zu Barbesitzerin Gina (Katô Tokiko) flüchtete Porco über die Wolken. In Miyazakis atemberaubenden Himmelsgemälden verschmelzen grenzenlose Freiheit und Einsamkeit. Ein Hauch schmerzliche Wehmut begleitet die Flieger, die Miyazaki in einem magischen Luftballett am Horizont tanzen lässt. Hinter Porcos Zynismus und Hässlichkeit verbirgt sich die zerrissene Seele eines ernüchterten Träumers. Seinen Schweinekopf empfindet er als Mal; was es besagt, warum er es tragen muss und wie er es abschütteln kann, weiß Porco nicht. Den gesichtslosen Schrecken des Krieges und die gefühlte Schuld des Überlebenden, die Porco quälen, schließt Miyazaki in diesem Symbol ein. Gleichzeitig steht das Animalische für die Verrohung des Menschen, welche Faschisten und amoralische Piloten weit mehr verkörpern als Porco. „Lieber ein Schwein als ein Faschist!“, grunzt er, dessen Schweinegesicht seinem korrupten Umfeld zum Spiegel wird.
„Porco Rosso“ ist Miyazakis vielleicht persönlichstes Werk. Nach dem Spitznamen für den Flugzeugtyp ähnliche dem Porcos ist das japanische Studio Ghibli getauft. Miyazakis filmisches Schaffen ist durchdrungen von der Liebe zum Fliegen. „Nausicaa aus dem Tal der Winde“ wirbelt auf ihrem Jet durch die Lüfte. Kiki fliegt wie es sich für eine Hexe gehört auf dem Besen, ihr Freund Tombo konstruiert Flugvehikel. „Das Schloss im Himmel“ schwebt selbst, umgeben von Luftschiffen. „Mein Nachbar Totoro“ teilt seine Flugfähigkeit mit den Schwestern Satsuki und Mei. Mit Zauberkraft fliegen können meist nur Kinder oder fantastische Wesen. „Ein Schwein muss fliegen.“, weiß Porco Rossso, sonst ist es nur ein gewöhnliches Schwein, eine arme Sau. „Porco Rosso“ ist eine nostalgische Reminisenz an die Helden der Lüfte, in der fast alle Charaktere namentlich auf reale Piloten, Konstrukteure oder Maschinentypen anspielen. Eine Abenteuerromanze, von fliegender Hand gezeichnet, verträumt und bitter-sanft. Die erste Szene bestimmt 1927 zum Handlungsjahr, als das mit dem ersten Oscar gekrönte Fliegerabenteuer „Wings“ in die Kinos kam. In einem Stummfilmkino betrachtet Porco mit einem den Faschisten dienenden alten Bekannten einen Animationsfilm im frühen Disney-Stil. „Der Film stinkt!“, grunzt Porco Rosso. Ungekrönter König des Filmhimmels bleibt er.
DVD-Extras:
– Laufzeit Bonusmaterial: ca. 104 Minuten
– Storyboards
– Producer Interview
– Original japanischer Trailer
Titel: Porco Rosso – Kurenai no Buta
Land/ Jahr: Japan 1992
Genre: Animé
DVD-Start: 18. September 2006
Sprache: Japanisch, Deutsch
Regie und Drehbuch: Hayao Miyazaki
Darsteller: Moriyama Shí»ichirô, Okamura Akemi, í”tsuka Akio, Katô Tokiko
Kamera: Atsushi Okui
Musik: Joe Hisaishi, Yoko Kanno
Schnitt: Hayao Miyazaki
Laufzeit: 93 Minuten
Verleih: Universum Film