Erneute üble Nachrichtenmanipulation in der Tagesschau

Xi Jinping und Joseph Biden am 14. November 2022 auf Bali. © Quelle: Weißes Haus/White Hosue, Foto: Adam Schultz, Aufnahme: Bali, 14.11.2022

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Wie aus einer Zusammenstellung von faktenfreien Behauptungen und einer aus dem Zusammenhang gerissenen Passage aus dem chinesischen Gesprächsprotokoll des Xi-Biden-Treffens beim G20-Gipfel in Bali in Westmedien eine gemeinsame US-chinesische Verurteilung Russlands wegen Drohungen mit Nuklearwaffen wurde.

Mit Lügen und Verdrehungen bzw. durch perfide Manipulation von offiziellen Äußerungen des chinesischen Präsidenten Xi Jinping haben jetzt auch die USA vor dem Hintergrund des G20-Treffens im indonesischen Bali versucht, vor der Weltöffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass China gemeinsam mit den USA Präsident Wladimir Putin und den Kreml wegen deren angeblichen nuklearen Säbelrasselns gegenüber der Ukraine verurteilt haben. Dazu haben sie einen billigen Propaganda-Trick benutzt, der jedoch seine Wirkung auf die Konsumenten der gleichgeschalteten westlichen Medien nicht verfehlen wird.

Ihre gar nicht so subtile Botschaft an die Völker im Westen, an der sich auch die Regierungs- und Konzernmedien in Deutschland eifrig beteiligt haben, lautet: Seht her, selbst unsere chinesischen Gegner, die bisher mit Moskau befreundet waren, sehen die Lage in der Ukraine so wie wir. Damit sollen die im Volk zunehmenden Zweifel an der Richtigkeit der westlichen Politik gegenüber Russland entgegengewirkt und zugleich bekräftigt werden, dass der Westen in der Ukraine auf der Seite der Engel gegen den Satan im Kreml kämpft.

Dieses falsche Narrativ hat u. a. auch die Tagesschau nach Kräften verbreitet – hier ein Ausschnitt.

Zumindest bei einem Thema herrschte bei ihrem ersten Treffen Einigkeit: US-Präsident Biden und Chinas Staatschef Xi haben nach US-Angaben gemeinsam Russlands Drohungen verurteilt, eventuell Atomwaffen in der Ukraine einzusetzen.

Mit dieser Einführung beleidigt die Tagesschau die Intelligenz ihrer Zuschauer, zumindest alle jener, die sich nicht mit Schlagzeilen abspeisen lassen. Die Frage ist doch, wenn sich Xi und Biden laut Tagesschau auf nichts einigen konnten, warum soll dann China ausgerechnet in einer Situation der globalen Energieknappheit seinem sichersten und preiswerten russischen Energielieferanten und militärisch-strategischen Partner Russland auf US-Wunsch wegen der Ukraine ans Schienbein treten? Wenn sogar Indien diesem mit Nachdruck vorgebrachten Wunsch Washingtons zur Verurteilung Russlands nicht nachgekommen ist, warum sollte das jetzt Xi in Bali getan haben? Etwa, weil er vor Washington eingeknickt ist und sich in Erwartung schönen Wetters aus den USA bei Biden einschmeicheln will?

Die Lösung dieser von der Tagesschau-Meldung implizierten Widersprüche liegt in dem Halbsatz: „nach US-Angaben“. Die „Qualitätsjournalisten“ der Tagesschau haben blind den von US-Medien und Regierungsbeamten verbreiteten Berichten vertraut. Schließlich weiß jeder gute deutsche Transatlantiker, dass US-Politiker und Medien niemals lügen oder Fakten manipulieren.

Aber wenn Xi und Biden zumindest bei einem Thema tatsächlich Einigkeit erzielt haben, nämlich laut Tagesschau bei der Verurteilung Russlands wegen dessen Drohungen mit Nuklearwaffen in der Ukraine, dann müsste zumindest auch im Gesprächsprotokoll des Xi-Biden-Treffens, das inzwischen vom chinesischen Außenministerium veröffentlicht wurde, ein Hinweis darauf zu finden sein. Aber einen solchen Hinweis gibt es nicht einmal in verklausulierter bzw. versteckter Form, wovon sich nachfolgend jeder selbst überzeugen kann. Hier folgt die entsprechende Passage aus dem Gesprächsprotokoll zu Lage in der Ukraine:

„Beide Präsidenten tauschten sich auch über die Ukraine-Krise und andere Themen aus. Präsident Xi wies darauf hin, dass China über die aktuelle Situation in der Ukraine sehr besorgt ist. Er verwies auf die vier Punkte, die er kurz nach Ausbruch der Krise vorgeschlagen hatte, und die vier Dinge, die die internationale Gemeinschaft gemeinsam tun muss, die er kürzlich vorgeschlagen hatte. Angesichts einer globalen, komplexen Krise wie der in der Ukraine ist es wichtig, ernsthaft über Folgendes nachzudenken: Erstens produzieren Konflikte und Kriege keinen Gewinner; zweitens gibt es keine einfache Lösung für ein komplexes Problem; und drittens muss eine Konfrontation zwischen großen Ländern vermieden werden. China hat die ganze Zeit auf der Seite des Friedens gestanden und wird weiterhin Friedensgespräche fördern. Wir unterstützen und sehen der Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine erwartungsvoll entgegen. Gleichzeitig hoffen wir, dass die Vereinigten Staaten, die NATO und die EU umfassende Dialoge mit Russland führen werden.“

Hat hier irgendjemand etwas über Atomwaffen oder russische Drohungen mit Nuklearwaffen herausgelesen oder irgendeine versteckte chinesische Kritik an Russland? Im Gegenteil, wenn in dem Text Kritik gibt, dann an den Vereinigten Staaten, an der NATO und der EU, weil sie sich bisher gegen „umfassende Dialoge mit Russland“ gesperrt haben.

Was die Tagesschau weiter aus der Meldung oben eingeführten Meldung gemacht hat, sehen wir hier:

„US-Präsident Joe Biden und der chinesische Staatschef Xi Jinping haben nach US-Angaben Russlands Drohungen, Atomwaffen in der Ukraine einzusetzen, gemeinsam verurteilt. Wörtlich hieß es in der Mitteilung nach dem Treffen auf der Insel Bali, die beiden Präsidenten hätten ihre Ablehnung ‚gegen den Einsatz von oder die Drohung mit Atomwaffen in der Ukraine‘ bekräftigt.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hatten Vertreter Moskaus immer wieder mehr oder weniger offen auch einen Einsatz von taktischen Atomwaffen in der Ukraine in Erwägung gezogen.

Xi zeigte sich chinesischen Angaben zufolge ‚höchst besorgt über die gegenwärtige Situation in der Ukraine‘. China unterstütze eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland. Auch sollten die USA, die NATO und die EU einen umfassenden Dialog mit Russland führen.“

Vor allem im zweiten Absatz wird hier getrickst und die Öffentlichkeit über getäuscht. Zuerst kommt die faktenfreie westliche Behauptung:

„Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hatten Vertreter Moskaus immer wieder mehr oder weniger offen auch einen Einsatz von taktischen Atomwaffen in der Ukraine in Erwägung gezogen.“

Und dann wird direkt dahinter eine total aus dem Zusammenhang gerissene Passage aus dem chinesischen Gesprächsprotokoll angefügt:

„Xi zeigte sich chinesischen Angaben zufolge ‚höchst besorgt über die gegenwärtige Situation in der Ukraine‘.“

Und daraus wird dann die weit verbreitete Meldung der westlichen Schrott-Medien von der gemeinsame Verurteilung der russischen Drohungen mit Atomwaffen durch Biden und Xi. Eine solche üble Manipulation der Fakten hatten wir unlängst schon einmal gehabt, nämlich beim Blitzbesuch von Kanzler Olaf Scholz in Peking. Und für solchen Schrott müssen wir auch noch Zwangsgebühren bezahlen.

Willig und eifrig und ohne die Erklärung von Scholz zu hinterfragen, hatten die Medien nach der Rückkehr des Kanzlers aus Peking erklärt, Präsident Xi habe gemeinsam mit ihm Russlands Drohungen im Rahmen der Ukraine-Krise verurteilt. In den deutschen Medien hieß es, der Bundeskanzler „hat eine gemeinsame Haltung mit der chinesischen Führung gegenüber Russlands Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen im Ukraine-Krieg als wesentlichen Erfolg seiner Reise nach Peking bezeichnet“. „Alleine dafür hat sich die ganze Reise gelohnt“, erklärte Scholz auch beim SPD-Debattenkonvent kurz nach seiner Rückkehr. Es sei gelungen, dass sowohl er als auch die chinesische Führung erklärt hätten, „es dürfen keine Atomwaffen in diesem Krieg eingesetzt werden“.

Der Haken bei diesen Behauptungen von Scholz ist, dass sie so nicht stimmen. Der diesbezügliche Ausschnitt aus dem Protokoll des chinesischen Außenministeriums zum Xi-Scholz-Treffen lautet, dass Xi die im Ukraine-Konflikt „relevanten Parteien“ auffordert habe, „sich der Androhung oder dem Einsatz von Atomwaffen zu widersetzen, dafür einzutreten, dass Atomwaffen nicht eingesetzt werden können, dass Atomkriege nicht geführt werden dürfen und eine nukleare Krise in Eurasien verhindert wird“.

Wenn Scholz und die deutschen Medien daraus eine Übereinstimmung mit der Position Deutschlands herauslesen, ist es entweder aus Dummheit oder aus manipulativer Boshaftigkeit geschehen. Denn jeder, der die offiziellen und halboffiziellen chinesischen Erklärungen zum Ukraine-Krieg seit Beginn der russischen Operation im Februar dieses Jahres kennt, der weiß, dass es keine einzige Schulzuweisung an Russland gibt. Dagegen hat China mit Schuldzuweisungen an den US-Hegemon für den Krieg in der Ukraine und seine schrecklichen Folgen nicht gespart.

Wenn Kanzler Scholz tatsächlich gedacht hat, die chinesische Aufforderung an alle im Ukraine-Konflikt „relevanten Parteien (…), sich der Androhung oder dem Einsatz von Atomwaffen zu widersetzen (und) dafür einzutreten, dass Atomwaffen nicht eingesetzt werden“, an Russland und nicht an die USA gerichtet ist, dann ist das nicht nur ein Zeugnis für das Versagen des Bundeskanzlers, sondern auch für das seiner „China-Experten“, die ihn auf der Reise begleitet haben.

Aber da nicht einmal ein China-Experte der Bundesregierung so dumm sein kann, sollte man eher auf bösartige Manipulation der Fakten tippen. Zumal die Version von Scholz nach seiner Rückkehr aus China nach Kräften genutzt wurde, um im deutschen Volk die Angst vor einem russischen Atomwaffeneinsatz zu schüren und Scholz bei seiner Verurteilung Russlands die Unterstützung der Chinesen hat. Diese schäbige und billige Desinformation mag bei Scholz‘ Meister in Washington gut angekommen sein, aber in Peking wird das seinen angeschlagenen Ruf sicherlich nicht verbessert haben.

Auch wissen die Chinesen ganz genau, dass niemand in der Kreml-Führung oder im russischen Militär auch nur ein einziges Mal mit dem Einsatz von Nuklearwaffen in der Ukraine gedroht hat. Wer dagegen in den letzten Monaten immer öfter das Wort „Nuklearwaffen-Einsatz“ durch Russland in der Ukraine im Mund geführt und damit die Bürger Europas mit einem bevorstehenden atomaren Bedrohungsszenario erschreckt hat, das waren vor allem britische und US-Kriegstreiber in höchsten Regierungspositionen, von Premierminister Boris Jonson und seiner Nachfolgerin Liz Truss bis hin zu Biden, der explizit ein nukleares Armageddon an die Wand gemalt hat, das natürlich von den Russen ausgelöst würde.

Erst vor dem Hintergrund der ständigen Beschwörungen eines möglichen Atomwaffenkonflikt in der Ukraine durch NATO-Spitzenpolitiker hatten sich dann der russische Präsident und einige seiner Minister zum Thema Nuklearwaffen sachlich-nüchtern geäußert: Sie verwiesen ohne Theatralik oder Drohungen auf die bekannten Ecksteine der russischen Einsatzdoktrin von Atomwaffen. Diese sieht in der Tat den Einsatz von Nuklearwaffen vor, aber nur und ausschließlich dann, wenn mit konventionellen militärischen Mitteln die staatliche Existenz der Russischen Föderation nicht mehr gewährleistet werden kann.

Der Einsatz von Atomwaffen, egal ob taktisch oder strategisch für Angriffsoperationen oder zur Unterstützung in einem nicht-nuklearen Konflikt, gehört nicht zur russischen Einsatzdoktrin, im Gegensatz zur neuen US-Nuklearstrategie, die die atomare Schwelle herabgesetzt hat und auch taktische Atomwaffeneinsätze zu Verstärkung konventioneller US-Kriege vorsieht, egal ob zur Verteidigung oder zur Eroberung fremder Länder.

Anmerkung:

Vorstehender Beitrag von Rainer Rupp wurde am 16.11.2022 in „RT DE“ erstveröffentlicht.

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