Hollywood, USA; Berlin, Deutschland (Weltexpress). Der phantastische Film „Shape of Water“ war für 13 Oscars nominiert. Am Ende triumphierten die Macher des Wassermonsters bei den 90. Academy Awards. Das Phantasie-Drama räumte vier Oscars ab. Die doppelte Märchenstunde gewann als bester Film. Zudem erhielt Guillermo de Toro einen Oscar für die beste Regie. Der Oscar für die beste Filmmusik kommt hinzu, worüber sich Alexandre Desplat freuen durfte. Außerdem muss das Produktionsdesign für diese Lovestory zwischen einer stummen Putzfrau und einem gefangenen Wasserwesen für die Jury so stark gewesen sein, dass sie auch dafür einen Oscar vergab.
Wenn von Hollywood als Traumfabrik die Sprache ist, suggerieren Otto-Normalverbrauche damit den Ort, an dem mutmaßliche Träume wahr werden, aber auch Träume fabriziert werden. Mit dem Film „Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“ ist dies im besten Kino-Sinne und auf allen filmischen Ebenen durch und durch gelungen. Und da Hollywood das zu schätzen weiß, gab es gleich Oscars. Das war die zweite große Auszeichnung für diesen fiktiven Film nach dem Goldenen Löwen der 74. Internationalen Filmfestspiele in Venedig im vergangen Jahr. Dass „Shape of Water“ sowohl in Venedig als auch in Hollywood triumphiert, das ist verständlich, denn der preisgekrönte und -verwöhnte Film bietet Hollywood-Kino pur und zugleich eine der besten Studioproduktionen der Traumfabrik seit langem.
„Shape of Water“ ist ein perfekt inszeniertes Hollywood-Märchen des mexikanischen Regisseurs Guillermo del Toro und sein bis dato bester Film. Wer die Filme von Guillermo del Toro kennt, der weiß, dass der Regisseur, der mit Vanessa Taylor am Drehbuch schrieb, sich auf einen Film mit fantastischen Welten und Figuren einlässt, so wie in „Pans Labyrinth“ oder in „Hellboy“. Dabei prallen in allen seinen Filmen Wirklichkeit und Phantasie aufeinander.
Doch sein neuestes Werk unterscheidet sich von früheren Arbeiten. In „Shape oft Water“ verschmelzen Fantasiefilm, Märchen- und Liebesfilm sowie Melodram. Der Film besitzt alle diese Zutaten und das Gericht ist mit seinen unverwechselbare Haupt- und Nebenfiguren, seiner technisch perfekte Umsetzung, seiner großartigen Ausstattung, seiner gefühlvollen Musik und nicht zuletzt seiner zu Herzen gehende Liebesgeschichte mit einer ebenso einfühlsamen Inszenierung ein Gedicht.
Dabei ist die Geschichte von „Shape of Water“ nichts Neues. Im Kern ist das nichts anders als „The Beauty and the Beast“. Jedoch spielt diese phantastische Fiktion im US-Amerika der 1960er Jahre und zwar in Baltimore, das auch mitten im Kalten Krieg zu stecken scheint. Es ist die Geschichte der stummen Elisa (Sally Hawkins), die allein in ihrem Apartment über einem Kino lebt und sich nebenbei um ihren Nachbarn Giles (Richard Jenkins) kümmert, der sich mit Grafikaufträgen über Wasser hält. Sie arbeitet tagsüber als stumme Putzfrau in einem Forschungslabor der Regierung. Auf Arbeit ist ihre Kollegin Zelda (Octavia Spencer) zugleich ziemlich beste Freundin, Verbündete und wegen ihrer Stummheit auch Sprachrohr zu den anderen.
Alles ändert sich schlagartig als eine Tages eine amphibische Kreatur zur Untersuchung eingeliefert wird, die irgendwo in Südamerika gefangen genommen wurde. Das ungewohne Etwas wurde von den Ureinwohnern als Gottheit verehrt, aber nicht im US-Labor. Im Gegensatz zu den Wissenschaftlern und wegen ihrer Stummheit findet Elisa einen Weg, mit der Kreatur zu kommunizieren. Weil sie ihn nicht als kaltes Forschungsobjekt, sondern als Wesen mit eine Seele und Gefühlen sieht. Die kleinen Gesten und Moment sind es, die „Shape of Water“ so besonders werden lassen. Beispielsweise nähert sich Elisa der Kreatur anfangs, indem sie ihm gekochte Eier zu essen gibt und sich ihm wie einem scheuen Tier begegnet. Als Elisa erfährt, dass die Kreatur seziert werden soll, eskaliert die Lage.
Von ihren Gefühlen getrieben plant sie, dieses liebgeworden Wesen mit Hilfe von Giles aus den Fängen der US-Regierung zu befreien. Mit Giles und Zelda weiß Elisa zwei kollegiale Mitstreiter an ihrer Seite und im Wissenschaftler Dr. Hoffstetler (Michael Stuhlbarg) einen unfreiwilligen Unterstützer, der mit der Kreatur jedoch seine eigenen Pläne verfolgt. Richard Strickland (Michael Shannon) erweist sich als klassischer Gegenspieler, als üblicher Bösewicht in bester Hollywood-Manier. Shannon brilliert als äußerst unsympathischster Charakter. Anfangs ist er vom eigenen Ehrgeiz und Pflichtgefühl getrieben, am Ende kapituliert er notgedrungen vor der Kreatur mit den Worten „Scheiße, Du bist wirklich ein Gott“.
Sally Hawkins glänzt als stumme Elisa zeigt eine der besten schauspielerischen Leistungen ihrer Karriere. Schließlich ist sie mit der von Doug Jones dargestellten Kreatur Herz und Seele des Films.
„Shape of Water“ wirkt wie eine postmoderne Fortsetzung des Films „Der Schrecken vom Amazonas – Creature from the Black Lagoon“ (USA 1954). Entfernt sehen sich die Kreaturen ähnlich. Doch was damals als bloßer B-Movie für das Autokino mit einer Kreatur als klarem Bösewicht konzipiert war, ist 64 Jahr später das komplette Gegenteil. „Shape of Water“ ist ein gefühlvolles und poetisches Fantasy-Märchen auf filmtechnisch absolut höchstem Niveau.
„Shape of Water“ kann als gutes Beispiel dafür gelten, welche Kraft ein Film entfalten kann wenn Regie, Inszenierung, Kamera, Farbdramaturgie, Darsteller, ein durchdachtes und ausgeklügeltes Szenebild, eine gefühlvolle Filmmusik sowie ein schlüssiges und gut strukturiertes Drehbuch miteinander harmonieren. Das alles ist zu Bestaunen beim Akt der Liebe zwischen Elisa und der Kreatur, als das häusliche Bad komplett unter Wasser gesetzt wird und das darunter liegende Kino auch gleich geflutet wird. Das ist die Poesie des Kinos pur, berührend und witzig. Und das wirkt nur im Kino richtig gut, nicht in der Glotze.
Filmografische Angaben
Originaltitel: The Shape of Water
Deutscher Titel: Das Flüstern des Wassers
Land: USA
Jahr: 2017
Regie: Guillermo de Toro
Drehbuch: Guillermo del Torro, Vanessa Taylor
Produktion: Guillermo del Torro, J. Miles Dale
Kamera: Dan Laustsen
Schnitt: Sidney Wolinsky
Musik: Alexandre Desplat
Szenenbild: Paul Austerberry, Shane Vieau, Jeff Melvin
Darsteller: Sally Hawkins, Michael Shannon, Richard Jenkins, Octavia Spencer, Doug Jones, Michael Stuhlbarg, David Hewlett, Nick Searcy.
Dauer: 123 Minuten