Schwachsinn ist halb so wild. Nevermind the bollocks, mit einem Songtitel der Sex Pistols. Die laufen auf dem Plattenspieler rauf und runter, genauso wie The Clash. Immerhin schreiben wir das Jahr 1984. Punk ist überall. Sogar in Schmalenstedt. In dem beschaulichen Dorf nahe der Ostseeküste leben der jungendliche Malte (Cecil von Renner) und seine Freunde Sid (Pit Bukowski), Fliegenvogel (Ole Fischer) und Piekmeier (Laszlo Horwitz). Malte nennt sich jetzt Roddy Dangerblood. Ist doch viel cooler, oder? Dazu wird ein Sakko aus der Kleidersammlung gefischt, die neue Jeans zerschnitten und Haare blondiert – fertigt ist Roddys Punkkostüm. Hippies waren schon die Eltern und von denen muss man sich ja abgrenzen. Letzte wohnen mittlerweile im beschaulichen Einfamilienhaus. Etwas, gegen das sie rebellieren könnten, fehlt Roddy und Konsorten. So hängt man gemeinsam auf der Parkbank rum, trinkt Dosenbier im Wald und palavert über den “Faschistenstaat”. Da kann Johnny Rotten einpacken – denken sich die Jungs. Eine gewöhnliche pubertäre Phase, denkt man selbst. In das gutbürgerliche Spießertum fügen sich die Möchtegernrevoluzzer optimal. Manche unter ihnen scheinen dort bereits angelangt und fahren lieber Papis Traktor über den Hof, als in der Punkband zu rocken. Mit angesägten Gitarren rüsten sich die Jungs nämlich zur Musikgruppe auf. Für mehr als den lokalen Talentwettbewerb reicht ihr Geschrammel nicht. Selbst ein Konzert am hiesigen Gymnasium entpuppt sich als unerreichbarer Traum. So verbringen sie ihre Zeit damit, Geburtstagsfeiern von Bekannten zu verderben, überallhin zu urinieren und Bier zu saufen. Dramatischer Höhepunkt ist eine Ruderpartie mit dem Schlauchboot, aus dem die “Dorfpunks” herauspurzeln. Leider überleben das alle Charaktere, denen man längst ob ihrer Beschränktheit den Tod wünscht.
Das Gefühl allgegenwärtiger Langeweile überträgt sich auf den Zuschauer. “Dorfpunks” ist so aufregend wie der Handlungsort Schmalenstedt in der Realität. Liegt das vielleicht daran, dass Autor Rocko Schamoni selbst nur ein Pseudopunk war? Hey, immerhin hat er ein paar Knallraketen abgeschossen, einen Strandkorb abgefackelt und Cola mit Rum gebechert. Schon krass! Da war die eigene Kindergartengruppe rebellischer. Ärgerlich ist “Dorfpunks” nicht nur wegen seiner Inhaltsleere, sondern der Arroganz, mit der Autor Rocko Schamoni sich selbst in den Mittelpunkt rückt. Als Unterhaltungskünstler ist Schamoni so unkomisch wie die Verfilmung seines autobiografischen Romans. Wie sein alter ego Roddy ist er im Grunde ein verwöhntes Wohlstandskind. Aus Beschäftigungsmangel geht dieses anderen auf die Nerven. Nun auch im Kino statt in Buchform. Weder die ungelenken Darsteller noch die eindimensionale Regie können der geistlosen Geschichte Relevanz verleihen. Schamoni und Regisseur Lars Jessen ist das egal. Genau wie Roddy die politischen Ambitionen seines Freundes Sid. Was quatscht der davon, man müsse eine politische Einstellung haben? Roddy verkündet, er will einfach Spaß haben und Regisseur Lars Jessen umarmt derartige geistige Armutszeugnisse als willkommene Alternative zu sozialen Interessen. Hier enthüllt “Dorfpunks” seine erzkonservative Seele. Die kommende Generation soll sich amüsieren und das Denken anderen überlassen, scheint die Botschaft. Was sangen die Sex Pistols noch mal? No future! Um Tiefsinnigkeit bemühte Dialoge verlieren sich hoffnungslos in der Peinlichkeit, während sich die Schmalspurkomödie, gleich ihren Protagonisten, immer wieder versichert, wie “geil” alles doch sei.
Punk definiert Sid im Film als totale Verweigerung. Als Zuschauer sollte man sich dem anschließen und sich der witzlosen Komödie total verweigern. “Dorfpunks” umschreibt man am Besten mit noch einem Sex Pistols Song: “Pretty Vacant” – völlig hohl.
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Titel: Dorfpunks
Land/Jahr: Deutschland 2009
Kinostart: 23. März 2009
Regie: Lars Jessen
Drehbuch: Norbert Eberlein
Darsteller: Cecil von Renner, Ole Fischer, Pit Bukowski, Axel Prahl
Verleih: Piffl
Laufzeit: 90 Minuten
Internet: www.dorfpunks-der-film.de