
Berlin, BRD (Weltexpress). Der Heilige Franz von Assisi predigte, die Volksmassen sollten in „Demut, Ergebenheit und Leidensliebe“ die Herrschaft der Feudalherrscher wie des Papstes hinnehmen. Seinen Todestag am 4. Oktober 1226 will die Meloni-Regierung jetzt als Nationalfeiertag wieder einführen.
Der italienischen Abgeordnetenkammer liegt ein Gesetzentwurf vor, der den 4. Oktober wieder als Nationalfeiertags der Ehrung des Heiligen Franz von Assisi neben der Heiligen Katharina von Siena der katholische Kirche einführen will, berichtet die italienische Nachrichtenagentur „ANSA“ am 18. September 2025. Auf Initiative der Kommunistischen Partei (PCI) Berlinguers wurde der Feiertag 1977 abgeschafft. Der Gesetzentwurf will den Nationalfeiertag wieder einführen, an dem „Gläubige und Nichtgläubige zusammenkommen können“, sagte Elisabetta Gardini von der faschistischen Partei Fratelli Italiens (FdI) von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.
Sollte der Gesetzentwurf angenommen werden, wäre das ein großer Erfolg der von dem neuen Papst Leo XIV. verfolgten Politik, das Bündnis mit der Staatsmacht wieder herzustellen und darin den Einfluss der katholischen Kirche nach seinem Vorbild Leo XIII. zu stärken, wofür Meloni ihrerseits eine Stütze bei ihrer Wiederwahl 2027 erwartet. Die von den Franziskanern den Volksmassen gepredigte Hinnahme der Feudalherrschaft in „Demut, Ergebenheit und Leidensliebe“ dürfte sie als Rechtfertigung ihrer eigenen begrüßen.
Franz von Assisi (auch Franziskus von Assisi, lateinisch Franciscus de Assisio oder Franciscus Assisiensis, 1181 oder 1182 in Assisi in der Region Umbrien als Giovanni di Pietro di Bernardone geboren, verstorben am 3. Oktober 1226 in der Portiuncula-Kapelle unterhalb der Stadt, war der Begründer des Ordens der Franziskaner und wurde schon zwei Jahre nach seinem Tode heilig gesprochen. Sein Gedenktag ist der 4. Oktober.
Im November 1202 zog Franziskus mit Assisi in einen Krieg gegen Perugia, wobei Assisi unterlag. Assisi gehörte zum Machtbereich der Staufer und Perugia zu dem der Welfen. Wie andere Kämpfer auch, wurde Assisi daraufhin in Perugia eingekerkert und kam erst Anfang 1204 nach mehr als einem Jahr gegen eine Lösegeldzahlung seines Vaters wieder frei. Sein Jugendtraum, Ritter zu werden, und sein unbekümmertes Leben waren durch das Erleben des Krieges in Frage gestellt worden.1 Trotzdem reiste er 1219, während des von 1217 bis 1222 zur Rückeroberung des von den muslimischen Ayyubiden besetzten Jerusalem als Missionar bis Palästina und schloss sich dort dem Kreuzfahrerheer an, das auf dem Weg nach Ägypten war. In der Nähe von Damiette 2 an der Nil-Mündung predigte er im Lager des muslimischen Heeres vor dem Sultan Al-Kamil, um diesen zum Christentum zu bekehren. Damit wollte er Frieden schaffen, wenn nötig, als Märtyrer sterben. Der Sultan schenkte Franziskus zwar ein Signalhorn und war sehr beeindruckt von der Begegnung, doch Franziskus konnte die bevorstehende Schlacht nicht verhindern und der Kreuzzug insgesamt wurde fortgeführt und scheiterte.
Der von Franziskus gegründete Orden der Minderen Brüder, einer der drei Abteilungen der Franziskaner, wurde einer der größten Bettelorden des Mittelalters. Der Franziskaner-Orden breitete sich binnen weniger Jahre in ganz Europa aus, gegen Ende des 13. Jahrhunderts zählte er in verschiedenen Ländern Europas über 1000 Klöster. 1230 gründete er im Herrschaftsgebiet der Deutschordensritter eine Niederlassung in Riga. Er trug auch die Christianisierung/Eroberung der Ostgebiete durch den Deutschen Ritterorden, die unter dem Motto „Taufe oder Tod“ erfolgte, mit. Während die Deutschritter ihre Herrschaft mit dem „Schwert“ durchsetzten, bestand ihre Aufgabe darin, die Macht der Feudalherrscher und des Papstes zu sichern, indem sie „den Volksmassen Demut, Ergebenheit und Leidensliebe“ predigten. Franziskus lehrte, dass der Mensch sich zu seinem Körper verhalten solle wie zu einem Esel und ihn deshalb „einem strengen Joch unterwerfen, häufig peitschen und mit schlechter Speise nähren müsse“. Der Mensch müsse so dahin gebracht werden, „alle Leiden und Kränkungen, und Ungerechtigkeiten und Demütigungen mit Geduld und Gleichmut zu ertragen“. Eine andere Aufgabe war, „keine Kritik an der offiziellen Kirche und ihrer Hierarchie“ zu üben, sondern im Gegenteil auf jede Weise die Loyalität „gegenüber dem päpstlichen Stuhl“ zu sichern. 3 Dass führte zwangsläufig dazu, dass die Franziskaner neben den Dominikanern 4 sich ab der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts vor allem in Italien, Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich auch an der Verurteilung von Häretikern im Rahmen der Inquisition beteiligten. 5 Aber der Orden nahm „nicht nur an der Unterdrückung „fremder häretischer Bewegungen teil, sondern sah sich gezwungen, auch den Aufruhr in den eigenen Reihen zu unterdrücken. Das geschah, wie gewöhnlich in solchen Fällen, mit größter Grausamkeit“. 6
1220 gab Franziskus die Ordensleitung ab, zog sich auch aus der Gemeinschaft zurück und kehrte nach Assisi zurück. Fortan führte er den Quellen nach ausschließlich ein Leben in Armut, Demut und in der Liebe zur Natur. Franziskus habe die Worte der Evangelien nicht nur im übertragenen Sinne verstanden, sondern immer versucht, sie zunächst wörtlich und direkt anzuwenden. So sei der Text für ihn eine Aufforderung gewesen, so zu leben und zu wirken wie die zwölf von Jesus ausgeschickten Jünger, die Apostel, nämlich in Armut zu leben und das Evangelium zu verkünden (auch apostolisches Leben genannt oder lat. vita apostolica). Ausgehend vom Evangelium kleidete sich Franziskus von nun an in eine einfache Kutte, die mit einem Strick gehalten wurde, lehnte den Besitz und sogar den Kontakt mit Geld strikt ab und ging nach Möglichkeit barfuß.
Von diesen Quellen ausgehend versuchten in den letzten Jahrzehnten viele Autoren der katholischen Kirche ein gemäßigteres, menschlicheres und weniger legendenhaftes Bild von der Person des Franziskus zu vermitteln.7
Wenn Leo XIV. in einem kürzlich „Vatikan News“ gegebenen Interview zu den Lehren der Kirche sagte, „sie wird so bleiben, wie sie ist“, bekräftigt er damit auch, an denen Franz von Assisis, eines maßgeblichen reaktionären Kirchenlehrers des Mittelalters, anzuknüpfen.
Anmerkungen:
1 Diethard H. Klein (Hg): Das große Hausbuch der Heiligen, Augsburg 1990, S. 498f.
2 Die ägyptische Hafenstadt Damiette war Hauptangriffsziel des 1217 begonnenen Fünften Kreuzzugs (auch bekannt als „Kreuzzug von Damiette“). Von dort aus wollten die Kreuzfahrer Ägypten, das Kernland der muslimischen Ayyubiden, erobern, weiter nach Palästina vorstossen und Jerusalem zurückzuerobern. Damiette wurde im November 1219 nach 19-monatiger Belagerung erobert und besetzt. 1221 wurden die Kreuzfahrer jedoch auf dem Weg nach Kairo geschlagen und zogen sich kampflos aus Damiette zurück.
3 J. R. Grigulevic: Ketzer – Hexen Inquistitoren, Bd. 1, Berlin/DDR 1980, S. 96ff.
4 Der römisch-katholische Orden der Dominikaner, auch Predigerorden, lateinisch Ordo (fratrum) Praedicatorum (OP), wurde im frühen 13. Jahrhundert vom heiligen Dominikus gegründet.
1231 übertrug Papst Gregor IX. den Dominikanern die Leitung der 1183 zur Ketzerverfolgung geschaffenen Inquisition. Zur Erpressung von Geständnissen wandte diese seit 1252 die Folter an, die bis zur Verstümmelung und Tötung betrieben wurde. Freisprüche waren selten, denn die Angeklagten mussten ihre Unschuld beweisen. Wer, was selten geschah, dem Tod während der Folter oder durch die Verurteilung entkam, schmachtete meist unter unsäglichen Bedingungen in Kerkern, was einem langsamen Sterben gleichkam (siehe Der Hexenhammer, Reprintverlag Leipzig, o. J.-Angabe). Zu den prominentesten Opfern der Inquisition in Italien gehörte der Philosoph der Renaissance und Denker des aufsteigenden Bürgertums Giordano Bruno, der am 17. Februar 1600 auf dem Campo di Fiori, dem Platz der Blumen, in Rom, dem Feuertod ausgeliefert wurde. Galileo Galilei, der glänzende Verteidiger der kopernikanischen Lehre, entging diesem Schicksal nur, weil er 1633 diesem Weltbild abschwor. Die restlichen neun Jahre seines Lebens verbrachte er im Gefängnis, in dem er 1642 erblindet verstarb.
5 Karlheinz Deschner; Kriminalgeschichte des Christentums, Bad. 7, Hamburg 2002, S. 331.
6 J. R. Grigulevic, S. 98.
7 So Helmut Feld: Franziskus und seine Bewegung, Darmstadt 2007.
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