Zürich, die „kleine große Stadt“ – Es gibt viel und immer Neues zu entdecken in der Wasserstadt an Limmat und Zürichsee

© Foto: Elke Backert

In der historischen Schiffbauhalle, wo früher die Compagnie Escher-Wyss Schiffe konstruierte, speist man vorzüglich unter dem ausladenden Muranoglas-Kronleuchter des „LaSalle“ (www.lasalle-restaurant.ch). Das Restaurant gehört zur neuen Schauspielhaus-Bühne und wurde in Form eines Glaskubus gebaut. Ein Rundum-Panorama gewährt dieser gläserne „Nietturm“ in der „NietturmBar“ hoch über dem Schiffbau-Komplex. Man könnte den Abend aber auch in der Live-Jazz-Bar „Moods“ ausklingen lassen, ebenfalls im Schiffbau.

In den Bögen des Viadukts, 1894 eröffnet, über den immer noch Züge vom Hauptbahnhof Zürich nach Oerlikon fahren, haben sich Geschäfte angesiedelt und die Markthalle, die es zu durchstöbern lohnt. Treppenaufgänge erlauben, den 1999 angelegten Gehweg zu Fuß und per Rad zu benutzen und so den Hauptbahnhof zu erreichen.

In der einstigen Löwenbräu-Brauerei, jetzt Löwenbräu-Areal, gibt`s im Migros Museum Gegenwartskunst zu sehen. Einst Peugeot-Garage, dann Gemüsemarkt, verkehrt heute in „Les Halles“ mit mediterraner Küche und Bioladen die Alternativszene. Gays sind in der „Labor Bar“ bei DJ-Musik und Tanz gern gesehen. „Puls 5“, die alte Gießerei, steht unter Denkmalschutz. Wer hier in den Lofts zur Miete wohnt, kann es sich leisten. Von nur zwei Familien bewohnt werden kann der niedlich verschrobene 800jährige Hardturm an der Limmat, ältestes Profangebäude Zürichs. Das Gebäude war Familiensitz der als Minnesänger bekannten Familie Manesse und ist immer noch in Privatbesitz.
Gäste könnten angemessen im neuen 25hours Hotel Zürich-West übernachten oder günstig im Ibis-Hotel am Turbinenplatz, sofern sie nicht den altehrwürdigen Schweizerhof am Hauptbahnhof vorzuziehen in der Lage sind.

Am Hauptbahnhof nämlich, da wo man mit dem CityNightLine gemütlich ausgeschlafen oder mit dem „Zürich“ getauften ICE bequem ankommen könnte, beginnt der sehenswerte alte Teil der „kleinen großen Stadt“, mit 390.000 Einwohnern größte Stadt der Schweiz und doch nicht Kapitale. Wer die Altstadt entdecken will, lässt die Bahnhofstraße schicke Haupteinkaufs- und Bankenmeile sein und biegt gleich ab in die Beatengasse, die ihn zum Wasser führt, zur Limmat. Herrlich die alten Häuser an der Schipfe, wo sich ehemals eine Bootswerft befand. Die Häuser in den sich anschließenden Gassen, oft nach Tiernamen benannt, erzählen Geschichte(n) – dank ihrer Fassadenmalerei („In diesem Hause weilte Goethe … 1779“) oder der Gedenktafeln (Im Haus „Zum Tor“ wohnte ehemals eine Familie „da Porta“). In der Kuttelgasse rühmen sich die Bewohner des Eckhauses als „Prince of Wales` Tailors“.

Die Turmuhr der ältesten Pfarrkirche Zürichs, St. Peter, zeigt die Zeit überdimensional an – auf dem größten Turmzifferblatt Europas.

Am Münsterhofplatz verdient das spätgotische ehemalige Frauenkloster (anno 858) Fraumünster Beachtung: Fünf Fenster, heute hinter Panzerglas, hat Marc Chagall (1887-1985) gestaltet. Zudem das Fenster in der Rosette. Es gibt theologische Führungen zur Interpretation der Kirchenfenster, die alle ein biblisches Thema haben. Chagall-Fans sind derzeit und noch bis 12. Mai gut aufgehoben im Kunsthaus Zürich, das die Ausstellung „Chagall: Meister der Moderne“ mit 90 Kunstwerken präsentiert. Seine Bilder vom russischen Dorfleben, seine schwebenden Figuren, fliegenden Kühe sind weltbekannt.
Aber auch nach Ende der Ausstellung kann man im Kunsthaus seiner Kunst frönen – in der ständigen Sammlung.

Nach Chagalls Motto „Wenn ich aus dem Herzen heraus arbeite, gelingt fast alles“, bietet das Kunsthaus Workshops an, bei denen jeder, ob groß, ob klein, nach Lust und Laune mutig mit dem Pinsel in den Farbtopf greifen kann.

Sodann an der Limmat beachten sollte man das „Frauenbad“ von 1870, das jeden Mittwochabend zur „Barfußbar“ für jedermann wird und heiß geliebt ist. „Besonders bei Vollmond“, weiß die Stadtführerin.

Ebenso ungewöhnlich gibt sich die auf einem Floß verankerte „Herzbaracke“ an der Quaibrücke, wo die Limmat in den Zürichsee fließt. Plüschig wie Uromas Wohnstube, nur von Kerzen erhellt, dinieren bis zu 50 Personen zu witzigen Varieté-Einlagen und zahlen samt Vier-Gang-Menü rund 75 Euro.

Zurück bummelt man auf dem anderen Ufer der Limmat – durchs Niederdorf. Es war, ist und bleibt das Szeneviertel, zumindest für Touristen. Am Bellevueplatz ist das „Café Odéon“ Anlaufstelle der Jugend. Jeder kennt jeden. Küsschen hier, Küsschen da. Man ist ja soo gut drauf! Nach Dadaist Walter Serner „dampfte es (einst) vor Literatur“. Tucholsky, Joyce, Kraus, Einstein, Frisch tranken im Odéon Kaffee. Auch das Restaurant „terrasse“ gegenüber stammt aus dieser Zeit. Im „cabaret voltaire“ in der Spiegelgasse rief Hugo Ball 1916 den Dadaismus ins Leben. Mit von der Partie war der spätere Surrealist Hans Arp. Das  zweitürmige Großmünster an der Münsterbrücke ist Zeuge. Sein Karlsturm gibt eine prächtige Aussicht auf die Weltstadt made in Switzerland frei.

2006 hat Sigmar Polke einen Einladungswettbewerb zur Neugestaltung von Kirchenfenstern im Grossmünster Zürich gewonnen. Sieben Fenster im westlichen Teil des Kirchenschiffs wurden – einem Mosaik gleich – aus Achat-Schnitten gefertigt, die mit Bleiruten verbunden sind. Die fünf Fenster, die sich ostwärts anschliessen, wurden in Glas gearbeitet und zeigen fünf alttestamentliche Figuren. Die Geburt des Christuskindes ist Thema der Chorfenster von Augusto Giacometti (1877-1947) aus dem Jahr 1933.
Augusto Giacometti, Cousin des wohl noch berühmteren Alberto Giacometti, begegnet man auch im Fraumünster und in der Giacometti-Halle der Polizeiwache Amtshaus I in Zürich. Die Zürcher nennen das 1923 bis 1925 in Frescomanier blumenreich ausgemalte Gewölbe liebevoll Blümlihalle. Sie ist täglich von 9 bis 11 Uhr und von 14 bis 16 Uhr gegen Abgabe des Ausweises geöffnet.

Fans von Alberto Giacometti werden im Kunsthaus fündig, das in seiner Sammlung  150 Skulpturen, 20 Gemälde und zahlreiche Arbeiten auf Papier zeigt.

Nun ist es aber an der Zeit, durch die kleinen Gassen zu streifen. Denn hier versammeln sich Kneipen aller Couleur, aber auch Boutiquen und Antiquitäten. Unter der Obhut der Predigerkirche liegt die älteste Herrenbar Zürichs, das „Barfüsser“. Vor etlichen Jahren noch saßen im vorderen Raum die Shit-Raucher und hinten die Ledermänner. Heute wurde daraus eine Sushi-Bar, was nicht heißt, dass sich hier keine Schwulen mehr träfen und dass es keine Schwulenbars mehr gäbe. Davon hat Zürich jede Menge!

Wieder am Hauptbahnhof, den Gottfried Semper mitgestaltete und den Helvetia krönt – in wallendem Gewand, damit, so munkelt man, ihre weiblichen Rundungen nicht allzusehr zur Geltung kommen –, bringt die S-Bahn den Besucher auf den Uetliberg, den Hausberg der Zürcher. Auf 871 Meter Höhe hat man nicht nur ein 360-Grad-Panorama vor Augen – diesmal über Stadt, See und die Alpen -, sondern auch das Vier-Sterne-Hotel und Restaurant „Uto Kulm – Top of Zurich“. Lifestylezimmer und Romantiksuiten vom Feinsten warten auf Übernachtungsgäste.

Infos

Mit der Städtekarte ZürichCARD, 24 oder 72 Stunden gültig, profitiert man von freier Fahrt in der 2. Klasse mit Tram, Bus, Bahn, Schiff und Seilbahn in der ganzen Stadt Zürich und Umgebung, freiem Eintritt in die meisten Zürcher Museen, zehn Prozent Rabatt in ausgewählten Zürcher Shops, einer kulinarischen Überraschung zu jeder Hauptmahlzeit in ausgewählten Zürcher Restaurants und weiteren Ermässigungen.

ZürichCARD Voucher online bestellen (E-Mail Versand) und beim Service Center am Flughafen Zürich oder im Tourist Service am Hauptbahnhof Zürich einlösen: ZürichCARD für 24 Stunden: 20 €, Kinder sechs bis 16 Jahre 13,50 €, für 72 Stunden: 40 €, Kinder sechs bis 16 Jahre 27 €, Postversand auf Anfrage (maximal zehn Tage).

Auskunft: Zürich Tourismus, Tel. +41/44/2154000, information@zuerich.com, www.zuerich.com, und Schweiz Tourismus in 60070 Frankfurt, Tel. (00800)10020030, Telefax (00800)10020031 (beide gebührenfrei),  info@myswitzerland.com, www.MySwitzerland.com

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