Wolfshund, Murmeltier und Herzjesulein – Ein herrlich schräger Roman über drei Oberpfälzer Kinder von Astrid Rosenfeld

Das ist Elsa, wie sie auf Seite 33 des beinahe 300seitigen Romans in das Leben des Ich-Erzählers Karl und ihr Geburtsdorf  schlendert. An einem heißen Sommernachmittags. Die ländliche Idylle der Oberpfalz ist alles andere als langweilig. Karls Vater führt ein kleines Landhotel mit drei Ponys draußen, einem Esel drinnen, der frommen Haushälterin Frau Kratzler und dem Dauergast Herrn Murmelstein. Doch just auf der ersten Seite des Romans hat sich die Mutter der Brüder Karl und Lorenz vom Balkon gestürzt und die Welt der Kinder gerät gerade aus den Fugen.

Elsas Mutter Mathilde, die sich mit einem Liebhaber auf Weltreise begibt, setzt die ihr unbequeme Tochter bei Exmann und Schwager ab. Wer eigentlich der Vater von Elsa ist, weiß keiner im Dorf und niemand kann an dem dürren Kind die Schönheit der Mutter entdecken. Außer Karl, der ihr vollkommen ergeben ist. Elsa nutzt den übergewichtigen Jungen, den sie nur Fetti nennt, kräftig aus. Fühlt sich hingezogen zur Trauergemeinschaft des Land-Hotels, vertraut sich wie die Brüder dem Dauergast „Murmeltier“ an, der nicht nur bei kleinen und großen Nöten hilft, sondern auch allabendlich erotische Details aus seinen Wanderjahren zum besten gibt.

Das Murmeltier nennt Elsa eine Königin, Frau Kratzler ruft unablässig nach dem Herzjesulein und Schweine-Willi kommt zum Schlachten ins Dorf. Abends erzählt das Murmeltier von Paris, besser gesagt von Rosie. Rote Haare. Riesiger Busen”¦ „Ihre Brüste hingen über meinem Gesicht. Wie eine Furie ritt sie auf mir.“

Der Roman rapportiert furios und grotesk über tragische und komische Begebenheiten einiger Kindersommer, zwischen acht und vierzehn Jahren, zwischen Karl und Elsa und Lorenz. Es geht um Verlust, Liebe und Leid. Bis Elsa verschwindet. „Ein Leben ohne sie überstieg meine Vorstellungskraft.“ Auf Seite 163 ist Karl dünn und erwachsen und eigentlich möchte man gar nicht wissen, was aus ihm ohne Elsa geworden ist. Auf noch einmal über 100 Seiten erfahren wir alles und bleiben dennoch rat- wie atemlos zurück. Grandios!

Astrid Rosenfeld, Elsa ungeheuer, Roman, 288 S., Diogenes Verlag Zürich, 26. 2. 2013,  21,90 €

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