Wie sich 17 Pferde unter drei Söhnen teilen lassen – Ein illustriertes Kinderbuch nach Texten von Daniil Charms

Der schön illustrierte Deckel zum Buch.

In dieser seltsamen Papierwelt geht es kunterbunt und lebendig zu; eine verletzte Katze wird mithilfe von Luftballons wieder zum Laufen, -eher Schweben gebracht; Zirkuspferde üben Kunststücke, der Fuchs schimpft den Hasen Terrorist. Ein Hund Bububu tritt auf, der zeichnen kann, Herr Johann Friedrich Samowar, der Maulheld Kolpakow, der tapfere Igel und weitere rätselhafte Wesen. Voller Spaß verdreht Charms alltägliche Situationen, Märchen und Fabeln. Hängt Bilder kopfüber und lamentiert über nichts, erfindet kurze und längere Geschichten, wie die der alten verwirrten Frau, die Tinte kaufen ging.

Dass die oft düsteren Lebensumstände des Dichters Charms ausschlaggebend für die Skurrilität seiner Gedichte und Geschichten für Kinder waren, ist ihnen heute noch anzumerken. Charms schrieb in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts ausschließlich für die Kinderzeitschrift Josch (Igel) und die Jugend Tschizh (Zeisig), seine Theaterstücke und Prosa blieben verboten und unveröffentlicht. Zweimal verhaftet, starb Charms am 2. Februar 1942 während der Leningrader Blockade in der Gefängnispsychiatrie an Unterernährung. Der wundervolle Avantgardist Charms ist in seiner ganzen Vielfältigkeit noch zu entdecken, dieses Buch stellt einen wirklich gelungenen Beitrag dar!

Noch einmal zurück zu den seltsamen Seiten; auch mit mathematisch vertrackten Spielchen wartet der Schelm Charms auf. Zum Beispiel will ein Vater seine siebzehn Pferde teilen: der älteste Sohn erbt die Hälfte des Besitzes, der mittlere ein Drittel, und der jüngste ein Neuntel. Doch wie sollte man 17 Pferde auf diese Weise teilen? 17 lässt sich nicht durch 2, 3 oder 9 teilen. Der kluge Mann Iwan Petrowitsch Genialow, der herbeigerufen wird, rechnete einfach sein eigenes Pferd dazu, dann klappt die Teilung. 18:2=9, 18:3=6, 18:9=2. „Als die Brüder ihre Pferde zusammenzählten: 9+6+2, da kamen 17 Pferde heraus. Derweil bestieg Iwan Petrowitsch das achtzehnte, welches ihm gehörte, und zündete sich ein Pfeifchen an. „Zufrieden?“, fragte er die Brüder, die aus dem Staunen nicht herauskamen, und ritt seiner Wege.“ Haben Sie das verstanden? Dann sagen Sie mir bitte Bescheid, denn ich rätsle noch heute”¦

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Daniil Charms, Seltsame Seiten, Ausgewählte Gedichte und Geschichten für Kinder, hrsg. v. Vladimir Glozer, illustriert von Viatli Konstaninov, aus dem Russischen von Alexander Nitzberg und Andreas Tretner, 122 S., Bloombury Kinderbücher&Jugendbücher, Berlin, 2009, 16 €

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