Wie sag ich’s meinem Kinde? – dem Kinde in mir selbst! – hinsichtlich der Sexualität – Serie: Über die Diskrepanz der frühkindlichen Erfahrungen und Wahrnehmungen und dem späteren Erleben und der späteren Wahrnehmung (Teil 3/3)

Der Geschlechtstrieb oder sie Sexualität überfällt uns, beide Geschlechter, in der Pubertät, also in einem Alter zwischen 12 und 16 Jahren. Dabei ist die Fortpflanzung normalerweise ein Nebenprodukt der Sexualität. Wenn sie primär angestrebt wird, ist sie von Stress begleitet und erschwierigt. Die Fortpflanzungsmedizin spricht Bände. Das, was zwischen 3-6 Jahre abläuft, dient dem lustbetonten Kennenlernen des eigenen und des fremden Körpers. Es ist also nicht mit Sexualität zu verwechseln. Diese Tatsache wird aber oft von den Pädophilen verwechselt. Der Geschlechtstrieb richtet sich meistens zur Fortpflanzung auf das andere Geschlecht (Heterosexualität) oder auf das eigene Geschlecht (Homosexualität) oder pendelt hin und her (Bisexualität), je nachdem welche Phantasien vorherrschend sind. Die Homosexualität wird in gestörten Verhältnissen und in vielen Kulturen als abnormal aufgefasst und ist von drakonischen Strafen bedroht. 
Unter traumatischen oder traumatisierenden (Trauma setzenden) Bedingungen ist die Sexualität aber erheblich gestört. Die Unfreiheit der Gedanken und des Handelns macht sich gravierend bemerkbar. Sexualität ist mit Scham und Schande besetzt, oder darf nur unter bestimmten Bedingungen zur Fortpflanzung geübt werden. Die Folgen können in manchen Kulturen bis zum Ritualmord gehen. Die Freude am Sex geht verloren. Dies führt bei Frauen zum Beispiel zum Vaginismus und bei Männern zum vorzeitigen Samenerguss und anderen Potenzstörungen. Es kann sogar zu einem Fortpflanzungshemmnis bis in die Eierstöcke oder in die Zahl, Beweglichkeit und Kraft des Samens führen.
Dabei kommt von außen etwas fremdes, fremd und zu eigen gemacht, in die Person hinein, gegen das das Kind sich in irgendeiner Form wehren muss. Die Selbstbestimmung und Freiheit ist ein hohes Gut, das unter allen Umständen verteidigt werden muss. Im Vorerinnerungsalter, der Phase des Embodiments, wo Körper und Seele eine Einheit bilden, ist dieser Aneignung unbewusst und geht wie von selbst in das Kind über. Es reagiert mit dem Körper. Aber trotzdem bleibt ein Kern erhalten und drückt sich irgendwie in pervertierter Form aus. Im Erinnerungsalter weisen Trotz, Opposition und Widerstand auf diesen selbsterhaltenden Kern hin. Gleichzeitig haben aber die Eltern die Definitionshoheit, und das Kind glaubt den Eltern mehr als sich selbst. Der Trotzige, der sich gegen seine Eltern auflehnt, glaubt ihnen gleichzeitig. Deswegen werden die Aggressionen auf die Eltern zu Autoaggressionen, da sich die Eltern in dem Selbstbild des Kindes wieder finden. Es wird sozusagen zwischen sich und den Eltern zerrissen. Dieser Zusammenhang gewährleistet Kulturen und wird transkulturell vererbt. Die Autoaggressionen führen zu körperlichen und seelischen Beschwerden und Krankheiten. In ihren Krankheiten äußert das Kind sozusagen seinen Protest in pervertierter Form.

Dazu der WELTEXPRESS-Artikel: Autoaggression – die Wut auf die verinnerlichten frühen Objekte

Da das Fremde in dem Kinde und dem erwachsenen Kind ist, muss es wieder nach außen gebracht werden und äußert sich in Fremdenangst und Fremdenhass. Das, vor dem ich Angst habe, kann natürlich nicht akzeptiert und geliebt werden. Das ist also ein projektives Geschehen, um sich sozusagen von Schuld und Schande rein zu waschen. Die Aggressionen sind umso heftiger, je stärker die innere Vergewaltigung ist, und je mehr Autoaggressionen an die Umwelt abgelassen werden müssen. Das sind die tieferen frühkindlichen Hintergründe von Rechtsradikalismus, PEGIDA und Selbstmordattentätern. Das ursprüngliche Opfer wird dabei zum Täter.
Kommen wir wieder zu meinem Patienten. Da er als Makel und Schande geboren war, durfte er nicht auffallen, durfte als Kind nicht laut und lebendig sein. Zusätzlich durfte er nicht Mann sein, denn Männer galten in der Familienhistorie für ihn als etwas böses und gefährliches. Dann war seine Geborgenheit und Sicherheit im Familienkreis bedroht. Das Denken war in doppelter Weise bedroht. Einmal durfte er an so was an ihm als etwas Böses nicht einmal denken, zum anderen, Gedanken, dass Männlichkeit für einen Mann etwas ganz normalen ist, waren für ihn undenkbar. Das Undenkbare zu denken war ein Tabu. Wenn er daran gedacht hätte, hätte ihm das Handeln nahe gelegen. Dazwischen wurde er zerrissen. Da war es kein Wunder, dass er mit Mitte 50 noch keinerlei Kontakte zu Frauen hatte.

Dazu der WELTEXPRESS-Artikel: Gleichheit und Gerechtigkeit – Keinem darf es besser gehen oder es droht ein Verrat an der gemeinsamen Sache

Häufig bahnt sich Sexualität unter solchen Bedingungen von selbst ihren Weg, entweder als Normalfall mit Onanie, die die Jugendlichen von selber machen, Männer häufiger als Frauen bzw. ist das bei Frauen noch mehr tabuisiert, und evtl. ein Leben lang erhalten bleibt. Bei gravierenden Störungen bahnt sich die Sexualität sozusagen in pervertierter Form als sexuelle Störungen wie Exhibitionismus, Fetischismus, Pädophilie, Sadismus und Masochismus, Essstörungen, wobei Essstörungen im Vordergrund stehen, aber sexuelle Störungen einen Teilhintergrund bilden.

Dazu der WELTEXPRESS-Artikel: Über die Sexualstörungen des Mannes – Sexualität als zentraler Bestandteil der männlichen Identität

Zitieren wir den Patienten: "Wenn ich an die Schwester denke, verkrampfe ich mich. (Er hatte in seiner Pubertät die jüngere Schwester zu sexuellen Spielchen verführt. Wer hat wen verführt? Es war wohl eine beidseitige Verführung.) Ich habe es gar nicht beabsichtigt, es ist einfach geschehen. Eigentlich war das eine Notsituation, aber in mir ist, die Tat muß bestraft werden, ich habe das verdient. Die Selbstbestrafung habe ich insofern schon selber gemacht, irgendwann muss sie doch kommen. Das Warten auf die Strafe, ist selber die Strafe. Ich habe die Vorstellung erfüllt, ständig darauf zu warten, dass ich bestraft werde. Ich sehe in den Augen der anderen und in meinen meine eigene Schande.
Auf einer Webseite, zu der ich ab und zu gehe, haben Frauen einfach onaniert. Ich habe gedacht, das machen Sie einfach, scheinen keine Hemmungen und keine Scheu zu haben. In mir ist, Frauen machen das nicht. Mir liefen die Tränen, ich war verkrampft und bekam (vor Angst) Durchfall. Ich bin blockiert, darf das nicht, Frauen wollen das doch gar nicht. Ich darf mich nicht annähern, sie begehren und anrühren. Einerseits hat sich bei mir etwas gelöst, andererseits bin ich total blockiert. Ich muss sie doch beschützen, sie wollen das doch nicht, dass man sie anfaßt. Meine männliche Lust ist blockiert, als was böses, gewalttätiges, brutales. Ich muss das verhindern, mich zusammenreißen, als würde ich über die Frauen herfallen. Mein ganzer Körper reagiert darauf. Meine Mutter und ich haben das von der Oma mitgekriegt. Das Tragische, ich habe auch Geborgenheit gekriegt. Wegen der Geborgenheit, das war kein bewusster Verzicht, es ist einfach passiert. Die Entwicklung meiner Sexualität war verboten und gehemmt. Ich muss mich verkrampften, weil ich immer noch das Negativbild in mir habe. Ich bin jemand, vor dem man sich fürchten müsste. Ich sträube mich gegen das Verstehen. 
Was wir letzte Woche besprochen haben, dass Frauen keine Lust haben, deswegen muss ich mich auch unterdrücken, das wühlt und arbeitet in mir. Gestern beim Lesen auf dem Sofa kam mir ein großes Freiheitsgefühl, und dann hatte ich den Beigeschmack von Vergeblichkeit und Traurigkeit. Dann unterdrücke ich das Freiheitsgefühl, weil es verbunden ist mit Einsamkeit, Traurigkeit, Melancholie. Völlig losgelöst bin ich einsam, allein, abseits und kämpfe dagegen an. Da unterdrücke ich was, will was sich spüren. Ich will dazugehören, ich gehöre nirgends dazu. So blieb das immer, ich kenne fast nichts anderes. Nur nicht erkennen, das muss immer so bleiben. Auch körperlich halte ich und stemme mich dagegen, als hätte nichts mehr. Wenn ich die Freiheit hätte, ich könnte damit nichts anfangen, und gleichzeitig ist in mir, als müsste was damit anfangen. Die Vorstufe der Freiheit hat etwas Zwangloses. Mein Leben würde sich als etwas entpuppen, dass ich nichts in der Hand habe. Über Generationen haben wir nichts offen legen wollen. Andere Menschen legen auch nicht offen, sind auch so.
Das ist ein Spiegel des Trotzes der Eltern. Gerade habe ich gecheckt, die Mutter, die Großmutter wissen, wie es ist, wie es bei uns ist. Da bin ich nicht immer einsam, sondern bin gemeinsam. Gegen das Umfeld stemme ich mich alleine und halte dagegen, was anders sein könnte. Das Gefühl von "Wir" ist in der Familie. Das „Wir“ in einer neuen Gemeinschaft kenne ich gar nicht.
In der Firma hat der Makler eines Kunden einfach über meinen Kopf hinweg bestimmt, ist gar nicht auf meine Sache eingegangen, mich einfach weggewischt. Das ärgerte mich, ich empfinde als Geringschätzung. Als Kind habe ich alles mitgemacht, weil ich es geglaubt habe, sonst kamen  Selbstzweifel. Ich habe immer geglaubt, dass ich kein Recht habe. Mein Standpunkt wird übergangen, das glaube ich immer noch, dass sich das glauben muss, was der andere glaubt. Ich empfinde das als Übergriff, Zwang. Ich möchte protestieren, eine Zwangslage, der Zwang ist verinnerlicht mit einer verinnerlichten Wut, die zu Schmerzen führt. Damit schließe ich von dem Äußeren auf das Innere, das meine Lebenserfahrung ist. Ich werde missachtet und gezwungen, die anderen sind stärker als ich. Selbstzweifel, vielleicht haben die anderen recht, vielleicht habe ich was Falsches, Böses in mir. Dann habe ich keinen Rückzugsort, wo ich okay bin, ich bin kontaminiert mit Selbstzweifel, kein stabiles Ich, von dem aus ich alles betrachten kann.
Gestern war mein Geburtstag, danach hatte ich rasende Kopfschmerzen. Die Schwester trat an mich heran mit der Frage nach einem Seniorenheim für die Mutter. Ich will mich nicht mehr um die Mutter kümmern. Dann geht es wieder um sie. Die Oma hat früher die Sachen 5000 Mal wiederholt. Es geht um andere, nicht wie mir es geht. In der Firma geht es um die Chefs und die Kunden, wie es denen geht. Meine Wünsche sind total blockiert, als ob sie verboten sein. Ich kenne sie gar nicht, ich darf nicht da sein. So bin ich von Regeln beherrscht. Ich bin verpflichtet, um die Schande zu verbergen, die Familieschande muss verborgen werden. Das ist ein Zwang, das zu verstecken. Das Leben der Eltern erträglicher machen. Ich muss mich für meine Lebendigkeit schämen. Der Vater sagte immer " schäm’ dich was, nimm Vernunft an". Mein Geburtstag ist der Tag der Schande. Die Regel ist mächtig, der Blick, die Gestik der Mutter, ohne Worte, so ein Hilfe suchender Blick. Das ist ein mächtiges Verbot. Ob am Sonntag auch, ihr Hilfe suchender Blick, ein Blick, und ich bin innerlich gelähmt.“
Vieles ist er von den Aussagen des Patienten selbsterklärend, wie sehr er zwischen Verleugnung, Trotz, Aggressionen, Verboten und Einsichten hin und her geworfen wird. Auf manches möchte ich noch besonders hinweisen. Er hat kein anerkanntes Selbstwertgefühl, er nennt das Rückzugsort, von dem er die Umwelt betrachten und differenzieren kann. Das Differenzierungsunvermögen oder dessen Mangel ist die eigentliche Traumatisierung. Ein Mensch, über dessen Kopf hinweggegangen wird, reagiert umso empfindlicher und erlebt sämtliche Einwände als Übergriff und Zwang. Er wurde in seiner Kindheit oft genug gezwungen und nimmt späteres auch als Zwang wahr. Er weist auf die Bedeutung der Zugehörigkeit und Geborgenheit in sozialen Beziehungen hin und die Diskrepanz zwischen den früheren familiären Beziehungen und der späteren Gemeinschaft.
Er wurde von seiner Mutter mit einem traurigen, hilfesuchenden Blick dirigiert, von ihr beherrscht. Dadurch blieb ihm keine Möglichkeit, dagegen zu protestieren, und er blieb selbstunterdrückend mit seinem Trotz und seinen Verspannungen allein. Andere werden mit einem beherrschenden, wütenden und kontrollierenden Blick, gegen den sie sich nicht zu wehren wissen, dirigiert. Wenn wir uns vor Augen führen, dass Ende des 19. Jahrhunderts die meist gelesenen pädagogischen Bücher von dem Orthopäden Schreber die Devise vertraten" der Wille des Kindes ist um jeden Preis zu brechen", wird die weite Verbreitung deutlich. Ich selbst bin der Meinung, dass dieser dem Zeitgeist entsprechende Erziehungsstil, dazu führte, dass Millionen gebrochener Menschen ihre Aggressionen gegen die Eltern und die Verhältnisse nach außen abführen mussten und auf die Juden und andere Gruppen los gingen. Die Verunsicherung in der Bevölkerung war so groß, dass sie händeringend nach einer Leitlinie suchten.
Viele Menschen erleben in der Spaltung in gut – böse sich selbst als den Bösen oder Schuldigen, vor allem die Depressiven, oder die oder den Anderen als den Bösen. Die Letzteren sind entlastet, aber ein Problem für die Umwelt. Die Spaltung dient zur Entlastung, als Versuch, das eigene Selbstbild rein zu halten. Mein Patient hat seine inneren Konflikte in sich selbst ausgetragen, indem er Spannungen und Schmerzen hatte und auf vieles, vor allem auf die Sexualität und Nachkommen verzichtet hatte. Für ihn wirkte sich noch zu sehr das Tabu aus, andere in seine Konflikte einzubeziehen. Das erzeugt natürlich Aggressionen auf seine Eltern und die Verhältnisse. Auf einer oberflächlichen Ebene kann er inzwischen durchaus differenzieren. Aber in Teilen der Persönlichkeit auf einer tieferen Ebene ist er dazu in Teilbereichen noch nicht in der Lage. Und dann ergibt sich die Frage" wie sag ich’s meinem Kinde, dem Kinde in mir selbst?". 
Das ist das Konfliktgeschehen vieler Menschen, da sie noch unbewusste Konflikte in sich herum tragen. Es ist ein lebenslanger Prozess der inneren Auseinandersetzung mit sich selbst und der Umwelt, und manch einer hat sein Päckchen von früher mit sich herumzutragen.
Nach dem letzten Artikel erklärte mir ein Freund, er werde keinen Artikel mehr von mir lesen, weil das ihn zu sehr deprimiere, wie sehr die Menschen noch in ihrer Kindheit verstrickt wären. Dann brachte er Beispiele dafür, wie gestandene Frauen im Angesicht ihrer Mutter sich in Kinder verwandelten. Mir ist noch ein Artikel vor Augen, dass gestandene Familientherapeuten im Angesicht ihrer Eltern zu ihrem eigenen Erstaunen die alte Familienrolle wieder einnahmen. Ich selbst finde es jedoch befreiend, mir die Zusammenhänge vor Augen zu führen und klar zu machen, vor allem wenn ich wieder einmal mit einer Krankheit reagiert hatte. Das finde ich spannend und schreibe deswegen Artikel, um meine Erkenntnisse und Einsichten auch anderen zur Verfügung zu stellen.
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