Wie der Blues in Thüringen begann, lebte und verschwand – Annotation

Als das Leben noch grau war, erfreute sich Thüringen einer bunten Szene von Langhaarigen. Sie trugen Jeans und Parka, hörten amerikanischen Blues und artverwandtes, trampten durch Osteuropa und hatten allerhand Flausen im Kopf. Sie nannten sich untereinander Kunden und suchten, inspiriert von westeuropäischen Hippies, Alternativen zum kleinbürgerlichen Leben in der DDR.

„Freiheit, Authentizität und Nonkonformismus waren Werte, die sich in ihren Verhaltensmustern, Outfits und musikalischen Vorlieben niederschlugen. Im Zentrum stand der Blues. Er fing das Lebensgefühl des Kunden perfekt ein.“

Michael Rauhut hat ein liebevolles, ja warmherziges Buch über die Birdys, Chayennes, Blases, Fetzers und Emmas verfasst.

Er vergisst dabei nicht, das unselige Treiben der Staatssicherheit zu erwähnen, für die ein Kunde Staatsfeind oder Krimineller war.

Er vergisst aber auch nicht, großartigen Menschen wie Walter Schilling ein kleines Denkmal zu setzen. Schilling war einer der mutigsten Kirchenmitarbeiter der DDR. Er ist Mit-Schöpfer der offenen evangelischen Jugendarbeit, die allen DDR-Außenseitern im urchristlichen Sinn Heimat gab.

Michael Rauhut, Dr. phil., 1963 im brandenburgischen Altdöbern geboren, ist Professor für populäre Musik an der University of Agder in Kristiansand/Norwegen. Er hat sieben Bücher veröffentlicht, darunter die Monografien „Beat in der Grauzone“, „Schalmei und Lederjacke“ sowie „Rock in der DDR 1964 bis 1989“.

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Michael Rauhut: Das Kunden-Buch. Blues in Thüringen, Landeszentrale für politische Bildung Thüringen 2011, 176 Seiten, Bestellungspauschale 3 Euro, zu beziehen über: http://www.thueringen.de/de/lzt/, Landeszentrale für politische Bildung Thüringen

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