Was hat Hertha mit Pribnow, Trittin, Westerwelle und Goethe gemeinsam? Fußball ist doch auf dem Platz, oder? – Eine Kolumne

Die Aufklärung der Reihe nach: Stefan Pribnow ist Herausgeber und Chefredakteur des WELTEXPRESS, studierte an mehreren Hochschulen mehrere Fächer mit mehr als einen Abschluß und kommt aus dem Ressort Politik und Kultur. Die Leser des WELTEXPRESS verstehen ihn in seinen vielen auch literarischen Berichten täglich. Hertha BSC verstand ihn kritisch fragend überhaupt nicht. Die Frage war mehr als unglücklich formuliert. Wie kann man den Jahrgang 1938 des König Otto Rehhagel auch als "Vorkriegsjahrgang" bezeichnen? Dem Chefredakteur gehören ordentlich die Leviten gelesen. Das hab ich auch getan und ihm mitgeteilt, ich spräche stets von Friedensware. Und ein Vergleich mit diktatorischen Hitlermaßnahmen muss Führungsstile betreffend übel genommen werden, denn Fußball ist auf dem Platz und hat seine eigene, eben die Fußballersprache.

WELTEXPRESS-Leser haben erfahren, dass Stefan Pribnow daraufhin nach dem Spiel von Hertha BSC gegen Borussia Dortmund am 18. Februar 2012 des Raumes, in dem die Pressekonferenz stattfand, verwiesen und ihm Haus- und Stadionverbot erteilt wurde.

In der Tat sind seine Formulierungen in verschiedene Richtungen interpretierbar und Hertha hatte nach sechs Niederlagen in Folge die Hosen gestrichen voll, war nicht jeder Kritik erhaben, sondern dünnhäutig, überaus empfindlich. Natürlich weiß ich, dass der WELTEXPRESS-Chefredakteur es ganz anders gemeint als Hertha empfunden hat und ich wiederhole, Stefan Pribnow, der einst Ballspiele mit Jörg Wontorra, der damals, lange ist`s her, Handballerinnen in Bremen trainierte, bestritt, sich ins Abseits gestellt und obendrein den Eindruck erweckt hat, als habe er vom Fußball nun gar keine Ahnung.

Ich kenne Journalisten, die sich bewusst dumm stellen und auch mal übers Ziel hinausschießen, mitunter legitim provozieren und Gesprächspartner aus der Zurückhaltung reizen. Also, diese Reaktion zu beurteilen, überlasse ich jeden selbst. In anderen Ländern wandern ungeliebte Reporter in den Knast und hier in Deutschland, hurra, "nur" hinaus aus dem Pressebereich. Stefan Pribnow wird`s verschmerzen.

Mit großer Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, hätte Hertha gegen Bremen verloren, hätte Jürgen Trittin (Grüne) für seine Schelte und "Entgleisung" als Werder-Fan, der Pribnow überdies auch noch ist, natürlich Haus- und Stadionverbot bekommen, der Fraktionschef der Grünen im Deutschen Bundestag titulierte Herthas Vereinsführung als "suizidal veranlagt". Hertha-Präsident Werner Gegenbauer reagierte berlinisch und in der Fußballersprache: ?der ahnungslose Trittin solle einfach mal die Fresse halten? zumindest besser als mit Stadionverbot. Prompt legte Trittin nach: "Wer in einer Saison ohne Not drei Trainer verschleißt, da braucht man kein Experte zu sein, um die Qualität des Managements zu beurteilen."

Wer auch immer angezweifelt hat, ob Otto Rehhagel im stolzen Alter von 73 Jahren der richtige ist, Hertha zu helfen, der wurde bei der Heimpremiere gegen Bremen eines besseren belehrt. Man kann sich ja auch mal irren. Otto ist in Berlin, der Stadt seines fußballerischen Karrierebeginns, der Kreis schließt sich, angekommen und viel wichtiger, er ist bei den Spielern angekommen.

In Herthas Situation, seit Oktober wurde kein Heimspiel gewonnen, ist tatsächlich zweitrangig, ob der Sieg verdient, ob das Spiel gut oder schlecht war. Fakt ist, der spielerisch Unterlegene hat sensationell gewonnen und die Grundlagen dafür vermittelte der erfahrene Rehhagel, der, keiner neidet es ihm, mit seiner Beate nach dem Sieg in der Villa Borsig zu Gast bei Guido Westerwelle speiste.

Und was hat Goethe damit zu tun? Rehhagels Zaubertricks haben die scheintote Hertha wieder zum Leben erweckt. Eines seiner Lieblingsgedichte ist das vom Zauberlehrling, Johann Wolfgang von Gothe: "Ach, da kommt der Meister! / Herr die Not ist groß! / Die ich rief, die Geister / werd` ich nun nicht los."

Trainer-Legende Rehhagel vertreibt bei Hertha das Abstiegsgespenst, das laut "Bild", die Mannschaft und Manager Preetz mit ihren Fehlern herbeigerufen hatten. Zitat Rehhagel: "Ich habe eine Schatztruhe, aus der sich die Spieler bedienen können." Erfahrung soll wesentlich mehr bringen als Intelligenz. Wie konnten Politiker nur vergessen, was Erfahrung gesellschaftspolitisch bringt und bedeutet. Ältere werden aussortiert. So allmählich wird klar, auf Erfahrung zu verzichten ist absolute Dummheit. Keineswegs dumm, am 18. März nimmt Otto Rehhagel an der Wahl des neuen Bundespräsidenten teil.

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