Von der Deutschen Hanse zur Europäischen Union – Griechenland braucht einen Marshall-Plan und Europa Zentralasien

Allerdings wurde diese Machtfülle nie tatsächlich wahrgenommen: die Hanse hielt sich aus dem nationalen politischen Machtspiel heraus, was ihr eine mehrere Jahrhunderte andauernde Bestandserhaltung bescherte. Sie hatte eine klaren Zweck: Sicherung des internationalen Handels vor dem Zugriff räuberischer und mörderischer, zerstörerischer Banden, wie sie sich im Namen und der Sage um Klaus Störtebecker überliefert haben. Fast zweihundert Städte waren in der Deutschen Hanse im Zeitraum von 1100 bis 1700 organisiert, mit Schwerpunktverbindungen entlang dem Rhein, von Magdeburg bis Bergen und natürlich im Küstengebiet der Nord- und Ostsee bis hinein nach Russland entlang der Wolga und dem Dnjepr bis zum Kaspischen Meer; einzelvertragliche Vereinbarungen zwischen den Städten, getroffen auf den Versammlungen der Hansetage, und persönliche, häufig verwandtschaftliche Beziehungen, waren die Grundlage des erfolgreichen Kooperierens der Partnerstädte, mit Lübeck als führendem Handelszentrum.

Die Ausweitung des Handels in globalem Umfang in der sich entwickelnden Kolonialisierung der neu entdeckten und eroberten Erdteile überforderte die Hanse, die schon durch die europäische Pest-Seuche und den 30jährigen Krieg geschwächt war, und führte zu ihrem Niedergang Ende des 17. Jahrhunderts.
 
Kann die Europäische Union (EU) aus dem historischen Geschehen um die Hanse Lehren ziehen? Ist sie womöglich als Fortsetzung dieses Handelsbündnisses anzusehen?
 
Wesentlicher Unterschied: die EU ist eine rechtlich eigenständige Einrichtung mit Sitz in Brüssel, ein Konstrukt mit Exekutiv- und Legislativ-Elementen, entsprechend einem staatlichen, im demokratischen Europa üblichen Gebilde. Mit diesem konsensbasierten Gebilde schließen einzelne Staaten Verträge zur Mitgliedschaft ab. Ziel ist der zollfreie und möglichst auch sonst barrierefreie Verkehr untereinander. Die EU hat den EURO als Leitwährung.

Die Hanse hatte keine staatsähnlichen Strukturen, sondern basierte vor allem auf einzelvertraglichen Vereinbarungen mit dem eindeutigen Ziel der militärisch-polizeilichen Sicherung logistischer Abläufe zur Abwicklung von Warenverkehr. Tauschhandel kennzeichnete diese Kooperation und legte damit die Gleichberechtigung der Handelspartner dar, die sich zur Lieferung und zur Abnahme der Ware verpflichteten.
 
Das Freibeutertum der Hanse-Zeit ist durchaus der Wirtschaftsplünderung der heutigen Finanzmärkte vergleichbar. Die Hanse sicherte den Warenverkehr – die EU hat den Finanzverkehr vor allem abzusichern, was insbesondere banktechnische Aktivitäten betrifft; diese Aktivitäten sind gekennzeichnet durch den Einsatz der Möglichkeiten des Internets, mit seinen blitzschnellen, örtlich und zeitlich kaum eingeschränkten Interaktionen und den damit sich einer auf den Aktionsinhalt beziehenden Kontrolle entziehenden, häufig mathematisch-automatisch ablaufenden Manipulationen. Was kann da eine Transaktionssteuer – ein Kunstwort für die sonst übliche Bezeichnung „Mehrwertsteuer“ oder „Umsatzsteuer“ – bewirken, wenn Kauf und Verkauf in Bruchteilen einer Sekunde ablaufen?
 
Finanz-Transaktionen über das Medium Internet sollten gesetzlich untersagt sein, da nur so eine Kontrolle darüber möglich scheint, ob die Transaktionen auch gesetzlich zugelassenen Maßstäben entsprechen. Und die Kontrollmöglichkeit muss dann auch von staatlicher Seite wahrgenommen werden, z.B. durch die Einrichtung eines  Ministeriums oder einer Bundesanstalt für Finanztransaktionen. Dieses Ministerium bzw. diese Bundesanstalt hätte seine volle Berechtigung! „Blasen“ auslösende Spekulationen von Derivate- oder Immobilienhändlern hätten so kaum eine Chance!

So wird z.B. klar werden können, dass Griechenland die von der EU erhaltenen Gelder nicht zur Konsolidierung der eigenen Wirtschaft, sondern nur zur Bezahlung überhöhter Zinsen aufwendet. Griechenland braucht neben Geld vor allem einen „Marshall-Plan“ zur Entwicklung eigener Wirtschafts-Ressourcen; vielleicht ist die Vermittlerrolle zwischen der EU und der zur EU strebenden Türkei eine vielversprechende Aufgabe für die Griechen, die ihre Zypern-Erfahrungen hier einfließen lassen können. Auch die „Brückenkopf-Funktion“ nach Zentralasien ist eine zukunftsweisende Aufgabe für Griechenland: die dort vorhandenen Entwicklungspotentiale, basierend auf den bereits entdeckten Bodenschätzen, sind riesig; die Kulturstätten entlang der Seidenstrasse können touristisch erschlossen werden, Handel samt Logistik – Straße, Bahn, Schiff, Flugzeug – sind zu planen und zu realisieren. Durch die Trennung der zentralasiatischen Staaten – Kirgisien, Usbekistan, Tadschikistan, Kasachstan – von der Sowjetunion ergibt sich unermesslicher Spielraum für wirtschaftliche Entwicklungen in diesem kaukasischen Zentrum.
 
Um Griechenland muss keinem Bange sein, wenn nur die Finanzjongleure ausreichend dressiert und kontrolliert werden. Und sei es durch ein Gesetz zur Abschaffung des Internet-Geldhandels. Her mit dem Internet-Finanz-Transaktions-Verbot!

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