Von bösen Delfinen, wundersamen Frauen und merkwürdigen Halbwesen auf der Landkarte der Zeit – Annotation zu „Horcynus Orca“ von Stefano D’Arrigo

â’¸ S. Fischer

Dieser schickt den Ex-Marinesoldaten Ndrija Cambriar im Oktober 1944 auf eine Odyssee ins heimische Nest auf Sizilien. Unterwegs trifft er, erzählt im sehr langsamen Tempo, auf diverse Gestalten und Geschichten, die ihm das Leben nicht leider gestalten. Manchmal zieht sich ein Satz über mehrere Seiten, das Buch ist Lebensquell für Leser, die es gern schwergewichtig haben. James Joyce und andere Kandidaten der Weltverklärung mittels Hochliteratur lassen grüßen. Die Geschichte wird entsprechend weit ausholend erzählt, Kleinigkeiten können ins Unendliche ausgefächert werden, der Handlungsstrang schlägt Sprünge, Erlösung findet man nicht unbedingt in der Geschichte, sondern in der Textform. Eine unglaubliche Leistung des Übersetzers, keine Ahnung, wie er sich täglich neu motivieren konnte. Traum und Wirklichkeit verschmelzen zu einer neuen Welt. Oben wird zu Unten und umgekehrt, schnallen sie sich gut an, nehmen sie sich sehr, sehr viel Zeit, schalten sie unwichtige Regionen ihres Hirns aus, werden sie zum Text, andernfalls gehen sie über Bord.

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Stefano D’Arrigo, Horcynus Orca, Roman, aus dem Italienischen in Deutsche übersetzt von Moshe Kahn, 1472 Seiten, Hardcover, S. Fischer Verlag, Frankfurt 2015, ISBN: 3-978-310-015337-1, Preise: 58,00 € (D), 59,70 € (A) und 77,90 SFr

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