Volleyball-Drama in vier Akten – Aus für Serienmeister Friedrichshafen und Happy End für Berlin Volleys

Die Berliner Recycling Volleys aber duellieren sich im finalen Titelkampf zwischen dem 7. und 22. April über maximal fünf Spiele (best of five) mit   Generali Unterhaching. Während die Hauptstädter den vierten Titel der Vereinsgeschichte einfahren könnten, wartet der dreimalige Pokalgewinner aus Bayern noch immer auf seinen ersten. 7042 Zuschauern waren am Sonntag in Berlins "Volleyball-Tempel" (Max-Schmeling-Halle) Zeuge eines Spektakels, das unterschiedliche Reaktionen auslöste. Während die Presse-Abteilung des VfB "Von wegen Aprilscherz" als Schlagzeile wählte, überschrieb Berlin seine Pressemitteilung sachlich-verknappt: "Finale! BR Volleys schalten Serienmeister aus".

Ganz anders hingegen die Flash-Stellungnahme der Deutschen Volleyball-Liga (DVL). Die titelte überschwänglich: "Berlin feiert die Volleyball-Revolution". Und im Text war von einer "berauschenden Kulisse" und "Hexenkessel" die Rede,  der Finaleinzug der BR Volleys und der Sturz des Abonnementsmeisters seien von "epochaler" Bedeutung. Und Rekord-Nationalspieler und heutiger Präsident des Berliner Verbandes, Rene Hecht, wurde mit den Worten zitiert: "Das war imposant. Da war Dampf auf dem Kessel und Werbung für den Volleyball-Sport und die BR Volleys".

Schon die Ouvertüre des leidenschaftlich geführten Gefechts bot dramatische Akzente. Denn nach einer Netzaktion landete Berlins jüngst entdeckter Sieggarant, Hauptangreifer Urpo Sivula, unglücklich auf dem Fuß eines Gegenspielers. Blieb liegen und musste mit Verdacht auf Bänder- und Kapselverletzung aus der Arena getragen werden. Im ersten Durchgang bei 9:10 aus Berliner Sicht schien bei dieser Konstellation wieder alles für den Rekordsieger vom Bodensee zu laufen.

BR-Manager Kaweh Niroomand verzog sich kurzzeitig geschockt in den Hintergrund: "Da habe ich gedacht, wenn es einen Volleyball-Gott gibt, dann ist er mal wieder nicht auf unserer Seite." Friedrichshafen zog prompt Kapital aus diesem Missgeschick und kaperte den Satz 25:17 problemlos.

Doch nun zeigte sich die im Saisonverlauf nach sieben Niederlagen in der Liga mitunter
angezweifelte Richtigkeit der BR-Einkaufs- und Personalpolitik. Denn der nominelle Haupt-oder Diagonalangreifer Paul Carroll ersetzte den "Finnen-Hammer" Sivula. Und Carroll, Australier wie BR-Cheftrainer Mark Lebedew, arbeitete sich nach fünfwöchiger Wettkampfpause wegen einer Schulterverletzung immer besser in die Partie hinein. Stand im Bewusstsein, das alles jetzt von ihm abhänge, und getragen von der mitreißenden Kulisse bald "voll unter Adrenalin". Bekam 38 von insgesamt 111 Berliner Angriffsbällen aufgelegt, verwandelte 22 direkt (Quote 58 %), wurde Topscorer der Partie mit 24 Zählern (inklusive Block/Aufschlag)und vom VfB-Trainer Stelian Moculescu zum wertvollster Akteur (MVP) des Siegers erkoren.

Carroll haute drauf, als wenn es kein Morgen gäbe. Er agierte, wie es Lebedew gefordert hatte ("Müssen mit Herz und Kopf spielen"), aber auch mit genau platzierten Bällen in die Lücken. "Angst wegen der Schulter?- Hatte ich keine Sekunde. Die Mannschaft wollte gewinnen – ich wollte gewinnen. Da war mir egal, ob wieder irgendetwas in der Schulter reißt", meinte der 2,05-m-Schlaks.

Ähnlich kompromisslos und siegorientiert brachte sich im Gegensatz zu den emotionaler auftretenden Felix Fischer, Björn Höhne und US-Olympiasieger Scott Touzinsky der eher als "stiller Held" auftretende Slowake Tomas Kmet ein. Als Mittelblocker trug er durch Schnellangriffe oder gelungene Blocks 16 Punkte zu insgesamt 92 (VfB 91) der Hauptstädter bei. Und übertraf damit noch den erfolgreichsten Punktesammler auf der Gegenseite, den Brasilianer Idi (14).

Wie überhaupt die bessere Angriffskraft des Außenseiters diesmal das ausschlaggebende Moment – neben dem stärkeren Siegeswillen – für den spektakulären Triumph war: Berlin verbuchte 55 Angriffspunkte (50 %), Friedrichshafen nur 49 bei 46 % Effektivität.

Unterhachings Trainer Mihai Paduretu, als Beobachter im normalen Zuschauerblock dabei, mochte die euphorischen Begleitklänge einer "Volleyball-Revolution" nicht mitgehen. Von einem Machtwechsel, so der gebürtige Rumäne, könne man erst reden, wenn die Meisterschaftsserie vorbei sei. Dann müsse man paar Tage durchatmen und die Saison in Ruhe analysieren.

Er jedenfalls freue sich auf die Endspiele mit Berlin, das würden sicher "enge und kampferfüllte Spiele". BR-Bankchef Lebedew erwies dem Finalkontrahenten den nötigen Respekt und meinte: "Unterhaching ist natürlich der Titelfavorit, weil Vorrundenerster, dreimaliger Pokalgewinner und Starter in der Champions League. Wir sind der Herausforderer, weil wir mit dieser Mannschaft noch nichts gewonnen haben. Aber auch Herausforderer wollen gewinnen. Und wir haben die Chance dazu, auch wenn noch unklar ist, ob die angeschlagenen Sivula, Galandi oder Touzinsky auch zum ersten Match einsatzfähig sein werden."

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