VfL Wolfsburg war für BV Cloppenburg eine Nummer zu groß – Gelb/Rot für Verena Aschauer – Wölfinnen holen sich Schwung für den Showdown in Frankfurt – Frankfurter Volksbank Stadion im Gespräch

Zsanett Jakabfi beim Einspielen in Frankfurt letztes Jahr im Stadion am Brentanobad © Tietzmann

Fast kompletter Wolfsburger Kader

In der Nachholpartie des 10. Spieltages, zugleich der erste VfL-Pflichtspielauftritt in 2014, schlugen die Grün-Weißen am frühen Samstagnachmittag Aufsteiger BV Cloppenburg mit 4:1 (1:1). Nadine Keßler (23.), Martina Müller (64., Foulelfmeter), Alexandra Popp (77.) und Conny Pohlers (86.) markierten vor gut 600 Zuschauern am Elsterweg die grün-weißen Treffer. Für seine erste Pflichtspiel-Aufstellung im neuen Kalenderjahr konnte Cheftzrainer Ralf Kellermann fast auf seinen kompletten Kader zurückgreifen. Einzig Johanna Tietge fehlte weiter verletzt, außerdem kam für Josephine Henning nach ihrer Zahnoperation die Partie noch etwas zu früh. Die geringe Verletztenliste des Meisters könnte am Ende der Saison den Ausschlag geben für das weitere Spielrecht in der nächsten Champions League Saison, wenn man davon ausgeht, dass die Titelverteidigung in der Königsklasse nicht gelingen würde.  Zu hart ist der derzeitige Wettbewerb im Oberhaus der Liga und in Europa.

Nicht in die Karten schauen gelassen

Hennings Stammplatz in der Innenverteidigung übernahm Luisa Wensing, Stephanie Bunte rückte dafür auf rechts. Ansonsten setzte der Cheftrainer auf ein kompaktes Fünfer-Mittelfeld unter Führung der rechtzeitig genesenen Kapitänin Nadine Keßler. Die nominell einzige Angreiferin bildete Alexandra Popp. Kellermann ließ ein anderes System spielen, um den sich von den Frankfurter Kiebitzen nicht in die Karten schauen zu lassen. Die Partie war im vergangenen Dezember wegen Unbespielbarkeit des Platzes abgesagt worden und wurde nun eine Woche vor dem offiziellen Rückrundenstart nachgeholt. Der Rückstand des Wolfsburger  Titelverteidigers auf Tabellenführer 1. FFC Frankfurt beträgt jetzt nur noch zwei Punkte – und am kommenden Wochenende kommt es in Mainhattan  zum Megaspiel zwischen den beiden Spitzenteams. Gut zehn Wochen waren seit dem letzten Ligaspiel, einem klaren 4:1 gegen Freiburg, vergangen.

Sofia Jakobsson in Topform

Beinahe meldeten sich die Grün-Weißen gleich in gewohnter Manier zurück, denn der erste gelungene Angriff führte zu einer sehr guten Chance durch Alexandra Popp, die aus elf Metern an Cloppenburgs Torfrau Dominika Wylezek scheiterte (9.). Acht Minuten später jagte Nilla Fischer einen direkt getretenen Freistoßball knapp übers Tor. Grundsätzlich hatten die Wölfinnen anfangs Mühe, den Vorwärtsgang zu finden, spielten manchen Angriff nicht sauber zu Ende und rannten sich häufig in Cloppenburgs Verteidigung fest. Ohne Ankündigung erreichten die Gäste mit ihrem ersten Torschuss – Sofia Jakobsson schloss einen Konter über die rechte Seite mit einem Treffer (21.) in die lange Torecke ab –  für die Wolfsburgerinnen einen missglückten Beginn. Nach einem tollen Pass von Vanessa Bernauer setzte sich Sofia Jakobsson gegen Verena Faißt durch und traf zur Führung (20.). Die blonde schwedische Nationalspielerin Sofia Jakobsson gehört zu den Antritt schnellsten Spielerinnen der Bundesliga. Es war ihr zweiter Treffer in der laufenden Saison.

Scharte wurde schnell ausgewetzt

Wunschgemäß für den enttäuschten  Wolfsburger Anhang fand das Meisterteam gleich die richtige Antwort: Nur zwei Minuten später legte mustergültig Viola Odebrecht gefühlvoll ab. Nadine Keßler zielte genau und wetzte per Flachschuss die Scharte (23.) sofort mit dem Tor zum 1:1 wieder aus. Danach lief bei Grün-Weiß nach wie vor nicht alles rund. Umständlich spieltend drückte Wolfsburg den Gegner immer tiefer ins eigene Feld. Torchancen ergaben sich. Mit einer Dreifachchance scheitern einmal Zsanett Jakabfi, Keßler und dann wieder Popp (34.). Zwei Umdrehungen später lenkte BVC-Torfrau Wylezek einen Jakabfi-Schuss an die Latte. Den Rückstand in eine 2:1-Führung zu drehen schien noch vor dem Wechsel durchaus möglich. Insgesamt hatten die Wölfinnen für einen solchen Vorsprung bis hierhin etwas zu wenig getan. Nach der Halbzeit wurde klar, dass die Wölfinnen eine Schippe drauf legen mussten, um am Ende mit einem Dreier punkten zu können.

Unabsichtiges Foul
durch Yaren

Zu engmachig verteidigten die Cloppenbugerinnen ihr Gehäuse. Kapitänin Keßler wurde in den ersten Minuten der 2. Halbzeit am gegnerischen Strafraum dauerpräsent. Nach einer Lena-Goeßling-Hereingabe kam sie am langen Pfosten um eine Stiefelspitze zu spät (48.). Fünf Minuten später blieb die Kapitänin in bester Abschlussposition hängen, ehe sie sich im nächsten Angriff stark auf rechts durchsetzte und aus dieser perfekt erkämpften Situation heraus Martina Müller zur bisher besten Chance zur Führung bediente. Der  hohe Effetball der Rekordnationalspielerin ging allerdings drüber (58.). Müller scheiterte wenig später nach einer Vorlage von Popp (62.). Sehr bemüht, aber immer noch glücklos gingen die VfL-Frauen zu Werke, derweil sich Cloppenburg wie erwartet am eigenen Strafraum einigeln konnte.  Die grün-weiße Führung schien eine Frage der Zeit. Und wenn sie das Tor schon nicht locker herausspielten, dann konnten die Wölfinnen es zumindest erzwingen: Über die rechte Seite drang einmal wieder Jakabfi in den 16-er ein und kam durch ein nicht beabsichtigtes Foul der BVC-Spielerin Aylin Yaren zu Fall.

Gelungene Generalprobe

Zum fälligen Strafstoß nahm sich Müller den Ball und versenkte ihn souverän zum 2:1 (64.) Es war ihr 9. Saisontreffer. Den schwer erarbeiteten Vorsprung ließ sich der Triple-Gewinner nicht mehr nehmen. In die Karten spielte der Kellermann-Elf, dass Cloppenburg nach Gelb/Rot gegen Verena Aschauer (63.) dezimiert in die Schlussphase ging. Im ersten Niedersachsen-Derby der Saison spielte Cloppenburg die nächsten 30 Minuten in Unterzahl. Das war wohl der Knackpunkt des Spieles. Verdientermaßen verwertete Sturmspitze Alexandra Popp, die kurz vorher noch mit einer Kopfballchance gescheitert war, ein klasse Zuspiel der eingewechselten Conny Pohlers (77.) zum beruhigenden 3:1. Dass Cloppenburg noch einmal aufmuckte und erneut durch die Schwedin  Jakobsson beinahe zum Anschlusstor kam, löste keine Hektik mehr aus (80.).  Ganz im Gegenteil: Vier Minuten vor Abpfiff bewies die routinierte Conny Pohlers ihren Torinstinkt. Dabei stand Pohlers nach einem skurilen Abwehrpatzer der Gäste wieder einmal goldrichtig. Mit einem 4:1 Erfolg gingen die Grün-Weißen als Gewinner vom Platz und feierten eine gelungene Generalprobe für das anstehende Topspiel der Bundesliga in Frankfurt.

Wir haben am Anfang etwas schlampig agiert

“Wir wußten, dass Wolfsburg über die gesamtem 90 Minuten gesehen besser sein würde. Insofern ist unser Tor, das wir uns gewünscht hatten, einfach zu früh gefallen,” bemerkte Cloppenburgs Cheftrainerin Tanja Schulte nach dem Spiel. Ihr Trainerkollege Ralf Kellermann erwiderte in der Pressekonferenz: “Nach einer Winterpause weiß man nie so genau, wo man steht. Testspiele sind einfach nicht das gleiche wie Punktspielbetrieb. Im ersten Durchgang haben wir zum Teil etwas schlampig agiert. Aus unserer klaren Überlegenheit hätten wir viel mehr herausholen müssen, auch ein solches Gegentor darf uns nicht passieren. Zum Glück haben wir aber recht schnell den Ausgleich geschafft.” Schulte analysierte den Grund der Niederlage ihrer Mannschaft: “Man hat gemerkt, dass Wolfsburg sich viel vorgenommen hatte. Unser Ziel war es im Vorfeld gewesen, uns nach allen Kräften zu wehren. Die Entscheidungen, die zum Platzverweis und zum Elfmeter geführt haben, waren vertretbar. Unterm Strich muss man sagen, dass Wolfsburg nicht unsere Kragenweite ist.”

Wir haben Moral bewiesen

Wolfsburgs Cheftrainer Ralf Kellermann bekannte, dass er zur Halbzeit relativ entspannt war: “Ich wusste: Wenn wir nur ruhig weiterspielen würden anstatt hektisch zu werden, dann bekommen wir unsere Chancen. Unterm Strich geht das Ergebnis in Ordnung, mit dem 4:1 können wir natürlich hervorragend leben. Gleichwohl ist uns klar, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben, wenn wir in den nächsten Wochen oben angreifen wollen.  Wir reisen mit Selbstvertrauen nach Frankfurt und werten es als Vorteil, dass wir vorher ein Pflichtspiel hatten.“  VfL-Kapitänin Nadine Keßler ergänzte: „Zu Beginn haben wir uns schwer getan und unsere Chancen nicht genutzt.Wir haben aber gute Moral bewiesen und sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden.“

Fazit zum Spiel

Der deutsche Frauen-Fußballmeister VfL Wolfsburg bleibt dem Bundesliga-Tabellenführer 1. FFC Frankfurt weiter auf den Fersen. Die Chancenverwertung der Wölfinnen bleibt weiterhin mangelhaft, der couragierter Auftritt von Cloppenburg lässt hoffen, dass der Klassenerhalt machbar sein wird. Der Unterschied zwischen den Spitzenklubs und dem Unterhaus der Liga ist kleiner geworden, das Ergebnis war in Toren mindestens einen Zähler zu hoch, wenn man bedenkt, dass der Aufsteiger gegen den Meister knapp 30 Minuten in Unterzahl spielte.

Bornheimer Hang im Gespräch

Aktuell liegen die Hessinnen mit zwei Zählern vorn. Ob das Spitzenspiel wegen des hohen Interesses und des zu erwartenden Menschenandrangs überhaupt im Städtischen Stadion am Brentanobad in Frankfurt angepfiffen werden kann, entscheidet heute, spätestens morgen die Stadt Frankfurt in Abstimmung mit dem DFB und den beiden Kontrahenten. Denn der Platz in Frankfurt Rödelheim ist zur Zeit Großbaustelle. Es wird vom Sportamt befürchtet, dass bauliche Behinderungen die Sicherheit der Zuschauer gefährden könnten. Als Ersatz steht das Frankfurter Volksbank Stadion am Bornheimer Hang bereit. Das Stadion fasst 12.542 Zuschauer. Die morgige Pressekonferenz des Gastgebers 1. FFC Frankfurt wird sicherlich mehr darüber aussagen können. Manager Siegfried Dietrich könnte damit noch mehr Zuschauer zum Megaspiel anlocken. Die Werbetrommeln der Stadtverwaltung in Frankfurt stehenbereit. Frauenfußball ist im Rhein-Main Gebiet und Finanzmetropole nicht weniger etabliert als in der Autostadt Wolfsburg oder der Landeshauptstadt Potsdam.

So spielten sie im Wolfsburger Stadion am Elsterweg:

VfL Wolfsburg: Schult – Bunte, Wensing, Fischer, Faißt – Jakabfi (80. Blässe), Goeßling (84. Magull), Odebrecht, Keßler, Müller (71. Pohlers) – Popp

BV Cloppenburg: Wylezek – Löwenberg, Wübbenhorst, Kirchberger, Aschauer – Jakobsson, Bernauer (81. Brüggemann), Winczko, dos Santos, Jäger (56. Yaren) – Islacker (67. Bagehorn)

Tore: 0:1 Jakobsson (21.), 1:1 Keßler (23.), 2:1 Müller (64., FE), 3:1 Popp (77.), 4:1 Pohlers (86.)

Verwarnungen: Gelb: Martina Müller (44.), Goeßling (71.) – Bernauer (12.), Löwenberg (65.)
Gelb-Rot: Aschauer (62. wiederholtes Foulspiel)

Schiedsrichterin: Katrin Rafalski (Bad Zwesten)

Zuschauer: 611

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