US-WNT-Coach Tom Sermanni überraschend entlassen – Spielerinnenrevolte nach Algarve Cup – Nach dem 2:0 Sieg gegen VR China erfolgte der geplante Rausschmiss

Tom Sermanni beim Deutschland Besuch in Neu Isenburg © Dietmar Tietzmann

Scheute keine Konflikte mit Schlüsselspielerinnen

Wer die Machtkämpfe innerhalb des bezahlten US-Profi-Spielerinnen Kaders nachvollziehen kann, stößt sofort auf das "Epizentrum" Abby Wambach, der nachgesagt wird, dass sie neben dem Fußball und dem Toreschiessen auch das Handwerk der Intrige beherrscht. Den deutschen Lesern sei deshalb das Buch "Mein Leben als Hope Solo" anheim gestellt, weil die US-Journalistin Ann Killion als Co-Autorin von Weltklassetorfrau Hope Solo dabei sehr viel vom Innenleben der US-Frauennationalmannschaft verrät. Der Washington Post Sportreporter Steven Goff twitterte am 6. April : "I miss Greg Ryan." Greg Ryan war drei Jahre lang Cheftrainer des US-WNT Team (2005 bis 2007 – Mein Leben als Hope Solo). Auch er scheute keine Konflikte mit den Schlüsselspielerinnen. Steven Goff twitterte eine Stunde später an, dass heute am 7. April am späten Montag nachmittag der USSF-Chef Sunil Gulati zur Pressekonferenz eingeladen hat.

Sermanni: Ich bin völlig überrumpelt worden

Der Zeitpunkt zur Zündung für die Entlassung von Tom Sermanni als Cheftrainer des US-WNT kam für viele überraschend. Wer aber die Frustationen der US-Spielerinnen nach der schmählichen Niederlage des USA Teams beim Algarve Cup zu deuten wußte, musste davon ausgehen, dass der Stuhl von Sermanni wackelte. Für einen Fußballtrainer, der nach 25 Jahren Trainertätigkeit zum ersten Mal "geschmissen" wurde, war der Rauswurf sicher etwas Neues. „Ich bin völlig überrumpelt worden“, äußerte Sermanni in einer ersten Stellungnahme. Der Schotte hatte das Team erst im Januar 2013 übernommen und sollte es auf die WM in Kanada 2015 vorbereiten, um dort mit der Mannschaft  den Titel zu holen. „Um es kurz sagen, sie waren einfach der Meinung, dass die Art, wie ich das Team leite, nicht funktioniert," so ziemlich cool Tom Sermanni. 

Notwendige Erweiterung des US-WNT Spielerinnen-Pool

Es wurde bekannt, dass sich einige Spielerinnen bei Präsident Sunil Gulati beschwert hatten. Sermanni hatte sich nach gelungenem Start im Vorjahr in diesem Jahr vorgenommen, noch mehr mit seinem Team zu experimentieren, damit sich der Spielerinnen-Pool erweitern könne. Namen wie Sarah Hagen, Amber Brooks, Alyssa Naeher und Erika Tymrak rutschten in den erweiterten Kader und kamen bis auf Keeperin Naeher alle zu einem ersten Länderspiel. Drei sieglose Gruppenspiele beim Algarve Cup 2014 scheinen das Selbstbewußtsein der älteren US-Girls angegriffen haben, die wiederum durch mehr Debütantinnen ihre personelle Vormachtstellung im US-WNT Kader einzubüßen fürchteten. Sermanni hielt wohl dagegen, indem er Experimente heraufbeschwor. Sermannis Gegner bekamen Oberwasser, als die USA als Siebenter vom Algarve Cup 2014 heimkehrte.

In Europa spielen 19-Jährige in den A-Teams, in USA deren Müttergeneration

Der listige Schotte zog unerschrocken sein Programm durch. Dem erfahrenen Realisten Tom Sermanni musste seit der EM 2013 in Schweden nicht entgangen sein, dass alle führenden europäischen Nationalmannschaften sich einem Verjüngungsprozess unterzogen hatten. Mittlerweile spielten in Europa 19-Jährige die Hauptrolle, während im bezahlten US-WNT Profi Kader noch 38-jährige Frauen das Sagen hatten, deren eigene Kinderschar mittlerweile ihre selbstbewußten Mütter auf dem Spielfeld bewundern können. Gegen und nicht mit emanzipierten Frauen neue Regeln aufzustellen und neues Denken durchzusetzen, dass war die innere Zerreißprobe, die sich intern für Sermanni entwickelte und zu Beschwerden führte. Der erfahrene Sermanni, der die Nationalmannschaft von Australien für sieben Jahre erfolgreich trainiert hatte, begann seine US-Amtszeit US im Januar 2013.

Sermanni: Ich bin enttäuscht, dass die Dinge nicht geklappt haben

Er begann im letzten Jahr mit 13-0-3, anno 2014 gab es 5-2-1 zu bilanzieren. Die 4:3 Niederlage gegen Dänemark beim Algarve Cup signalisierte den Tiefpunkt der Statistik, begründete aber auch den Mut von Sermanni angeführten US-Trainer Teams zu Neuem. In der atemberaubenden Zuspitzung in der Entwicklung durch die Revolte in den letzten Tagen bemerkte USSF-Präsident Sunil Gulati in einer schriftlichen Erklärung ziemlich lakonisch und fremdbestimmt: "Wir danken Tom für seine Dienste in den vergangenen anderthalb Jahren, aber wir hatten das Gefühl, dass wir zu diesem Zeitpunkt in eine andere Richtung gehen müssen." Es wurden offiziell keine weiteren Details bekannt gegeben. "Ich bin enttäuscht , dass die Dinge nicht geklappt haben," sagte Sermanni in der derselben USSF Pressemitteilung.

Interimsweise führt jetzt die loyale Co-Trainerin Jill Ellis

Sein Vertrag liegt bei etwa bei geschätzten 200.000 US-Dollar jährlich und war ausgelegt bis zum 31. Dezember 2016. Eine Klausel im Vertrag besagt aber, dass im Falle der Kündigung die USSF ihn für sechs Monate weiter bezahlen muss. Es bleibt bisher unklar, ob es nur eine lautstarke Minderheit um Abby Wambach war, die bei Gulani meckerte, oder ob es eine generelle interne Abstimmung innerhalb des US-WNT Kaders gegeben hat. Fest steht aber, dass die Kritiker von Tom Sermanni seine spielerischen Experimente sowie die Erweiterung und Verjüngung des Kaders ablehnen. Sie fürchten seine Verjüngungskur wie der Teufel das Weihwasser. Interimsweise wird ab sofort  Co-Trainerin Jill Ellis das Traineramt übernehmen. Diese Position hielt sie bereits Ende 2012 inne, bevor es zum Übergang von Pia Sundhage auf Tom Sermanni kam.

Philosophie der Pool Erweiterung wurde nicht akzeptiert

Unter ihrer Führung gelangen den US-Girls damals fünf Siege und zwei Unentschieden. USSF-Präsident Sunil Gulati. „Wir werden uns umgehend auf die Suche nach einem neuen Cheftrainer begeben, um unser Nationalmannschaft auf die Qualifikation zur FIFA Frauen-WM 2015 vorzubereiten."  Eines steht fest: Sermannis Nachfolger bleibt wenig Zeit für Experimente, denn bereits im Oktober steht die WM-Qualifikation an. Sie werden wohl auch nicht ansatzweise geduldet werden. Die Revolte der Spielerinnen könnte die Ursache werden, dass die USA nicht mal mehr in die Runde der  letzten Vier der FIFA WM 2015 in Kanada  kommen werden. „Ich vermute, dass einige Spielerinnen unzufrieden waren, sonst wären alle nicht so schnell an diesen Punkt gekommen, meine Demission zu fordern“, so Tom Sermanni, dessen Philosophie einer frühzeitigen Pool Erweiterung wohl nicht angenommen wurde.

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